Flüchtlinge:Weltpolitik im Klassenzimmer

Wenn neben dem Gymnasium Olching Flüchtlinge einquartiert werden, sollten Schüler im Unterricht mehr über die Ursachen von Flucht und Vertreibung erfahren.

Von Erich C. Setzwein

Der Landkreis schafft kurzfristig Platz für weitere 150 Asylbewerber - diesmal in Olching. Die Behelfsunterkunft in der Turnhalle des Gymnasiums Olching ist nach rein praktischen Gesichtspunkten ausgewählt worden. Viel Platz, gute Erreichbarkeit, getrennte Gebäude und Flächen für die täglichen Grundbedürfnisse. Mit der Bekanntgabe hat sich der Landkreis viel Zeit gelassen, bedenkt man, dass am Winternotfallplan schon einige Zeit getüftelt wird. Nun bekommt die Olchinger Schulfamilie aus Schülern, Eltern und Lehrern Gelegenheit, viel Neues zu lernen.

Aber wollen die Schüler überhaupt etwas über die Flüchtlinge erfahren? Wollen sie wirklich wissen, woher die Menschen kommen, welche Wege sie hinter sich haben und wie sie sich ihre Zukunft vorstellen? Es ist zu unterstellen, dass es gerade am Gymnasium viele geben könnte, die offen sind für das, was in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft passiert. Und natürlich wird es auch jene geben, die genau wie Eltern, ihre Clique ängstlich und ablehnend reagieren werden.

Deshalb sollte in allen Jahrgangsstufen und in möglichst vielen Stunden das Schicksal der Flüchtlinge zum Anlass genommen werden, um über die Auslöser von Flucht und Vertreibung zu sprechen, über mörderische Diktatur ebenso wie über wirtschaftliche Zwänge. Vor allem aber sollten Schüler und Lehrer Zeit und Freiraum bekommen, über die Unfreiheit zu reden. Das ist ein Zustand, den sich im Landkreis niemand so richtig vorstellen kann, außer er kommt aus einem Land, das seinen Bürgern kaum Luft zum Atmen lässt. Für diesen spannenden und nicht alltäglichen Stoff reichen ein paar Religions- oder Ethikstunden sicher nicht aus.

In der Schule, heißt es, soll keine Politik gemacht werden. Richtig. Aber die Schule sollte neben der Vermittlung von Grundwissen sich verpflichtet fühlen, aus Schülern verantwortlich denkende und handelnde Menschen zu machen. Die Flüchtlingsunterkunft neben dem Gymnasium könnte ein guter Ausgangspunkt dafür sein.

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