Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Integration durch Arbeit

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Das Landratsamt will, dass mehr Asylbewerber einer Beschäftigung nachgehen. Kommunen und gemeinnützige Einrichtungen sollen Stellen schaffen, die den früheren Ein-Euro-Jobs entsprechen und die Eingliederung fördern

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Ein Arbeitsplatz bietet ideale Möglichkeiten zur Integration von Flüchtlingen. Da es für Asylbewerber jedoch fast nicht möglich ist, eine reguläre Beschäftigung zu finden, beschreitet das Landratsamt Fürstenfeldbruck einen neuen Weg. Es führt sogenannte "Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber" ein. Diese Arbeitsgelegenheiten ermöglichen es, Kommunen und gemeinnützigen Trägern von Einrichtungen, Asylbewerber bis zu 20 Stunden in der Woche zu beschäftigen. Vergütet wird die Arbeit mit 1,05 Euro je Stunde. Die Kosten dieser Aufwandsentschädigung werden mit dem Landratsamt abgerechnet und vom Staat übernommen.

Die Asylbewerber sollen keine bereits bestehende Arbeitsverhältnisse ersetzen oder mit regulär Angestellten konkurrieren. Der Arbeitsmarkt darf also nicht tangiert werden. Deshalb lautet laut dem Landratsamt eine der Vorgaben, dass die Tätigkeit der Asylbewerber sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden darf. Zudem muss der Träger der Maßnahme staatlich, kommunal oder gemeinnützig sein. In Erwägung gezogen werden Arbeiten im sozialen Bereich, in Kultureinrichtungen, in Werkstätten, in der Landschafts- und Denkmalpflege sowie in den Bereichen Freizeit und Sport. Zudem helfen Flüchtlinge schon jetzt mit, Plätze und Straßen im Landkreis sauber zu halten. Eines wird im Landratsamt kategorisch ausgeschlossen: "Die Arbeitsgelegenheiten sind nicht als Strafe, sondern als Maßnahme zur Integration und Beschäftigung gedacht", sagt der Asylkoordinator der Landkreisbehörde Andreas Buchner.

Daher sollen nicht alle etwa 2100 Asylbewerber, für die das Landratsamt zurzeit zuständig ist, in eine solche Beschäftigung vermittelt werden. Das wäre auch nicht möglich. Eigentlich wäre jeder Asylbewerber verpflichtet, einer solchen Beschäftigung nachzugehen. Das Landratsamt hat bereits 15 Arbeitsgelegenheiten für "Energiemanager" geschaffen. Bei einem Pilotprojekt bildet das Ausländeramt gemeinsam mit Partnern aus dem Landkreis Asylbewerber als Multiplikatoren zum Thema "Ressourcenschutz - der nachhaltige Umgang mit Energie, Wasser und Abfall" aus. Diese Energiemanager sollen dann die Asylbewerberunterkünfte aufsuchen und andere Flüchtlinge beraten.

Seit Anfang April beschäftigt die Caritas sechs Asylbewerber im "Brucker Fenster" an der Hauptstraße in Fürstenfeldbruck, einem Café mit Dritte-Welt-Laden und dem Verkauf antiquarischer Bücher. Dessen Leiterin Oona Moths ist begeistert vom den neuen Mitarbeitern. Die Flüchtlinge seien dankbar, begeistert, interessiert und mit Eifer bei der Sache. Moths rät den Leitern anderer Einrichtungen, diese Möglichkeit zu testen. Es bereite viel Freude, mit Asylbewerbern zusammenzuarbeiten, sagt sie.

Laut dem Asylkoordinator Buchner sind auch Kommunen daran interessiert, solche Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Allerdings wurden die Unterlagen dazu erst dieser Tage an die Gemeinden und Träger öffentlicher Einrichtungen verschickt. Auf der Homepage des Landratsamts ist das Formular zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber unter http://www.lra-ffb.de unter dem Stichwort "Formulare" zu finden.

Das Interesse der Flüchtlinge an solchen Beschäftigungsmöglichkeiten gilt als groß, auch weil die Entschädigung das Taschengeld erhöht und nicht auf andere Leistungen angerechnet wird. Die Vorgaben orientieren sich an den vor fünf Jahren abgeschafften Ein-Euro-Jobs für Hartz-IV-Empfänger.

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Quelle:
SZ vom 01.06.2016
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