Fliegerhorst:Museum statt Streichelzoo

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Der Brucker Kulturreferent und ehemalige Soldaten fordern ein Konzept für die künftige Dokumentationsstelle über die Geschichte des Fliegerhorsts, das mehr bietet als das Ausstellen von Flugzeugen und Wagen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

In Sachen Fliegerhorst-Museum geht im Brucker Rathaus nichts voran. "Das ist nicht unser drängendstes Problem", sagt Serge Schimpfle, Projektleiter Konversion in der Stadtverwaltung. Im Vordergrund stünde eine Einigung mit den Nachbar-Kommunen über die künftige Nutzung des Areals, erklärt Georg Stockinger (FW), der Referent des Stadtrates für die Konversion. Dagegen fordern Vertreter der ehemaligen Soldaten ein Konzept für eine Dokumentationsstelle. Kulturreferent Klaus Wollenberg (FDP) will beantragen, dass die Stadt diese Aufgabe einem externen Experten überträgt.

Eine Ansammlung solcher Koryphäen hatte Stadtarchivar Gerhard Neumeier bereits im Frühsommer 2014 ins Rathaus eingeladen. Auf einem Symposium wurde über Ideen, Möglichkeiten und Kosten eines Museums diskutiert. Herausragend war etwa der Vortrag des Historikers Lutz Budrass von der Universität Bochum über Entstehung und Funktion solcher Fliegerhorste in Nazi-Deutschland. Ein Jahr später publizierte die Stadt die Vorträge, seitdem ist praktisch nichts mehr passiert.

Laut Schimpfle und Stockinger hängt das zum einen mit den hohen Kosten zusammen, die manche Stadträte zögern ließen, aber auch mit den Prioritäten. Wichtig sei als erstes, einen Flächennutzungs- und einen Bebauungsplan für das Fliegerhorstareal zu entwickeln, sagt Stockinger. Unklar sei, wie es überhaupt weitergeht, sagt Schimpfle. Zu den offenen Frage gehöre, ob die Bundeswehr das Areal wirklich 2023 oder erst später räume.

Das Thema Fliegerhorstmuseum ruhte, bis CSU-Fraktionssprecher Andreas Lohde vor einigen Wochen beantragte, die Stadt möge Interesse an sechs alten Flugzeugen anmelden, die in dem künftigen Stadtteil Fliegerhorst ausgestellt werden sollten. Er löste damit eine heftige Debatte im Gremium aus. Zweiter Bürgermeister Christian Götz (BBV) schimpfte noch am Dienstag, er wolle den "Sondermüll" nicht haben. "Wir brauchen keine Devotionalien des Kalten Krieges", sagt er.

Einfach ein paar Flugzeuge ohne jeden Plan aufzustellen, das wäre ein "metallener Streichelzoo", sagt Henning Remmers, ein pensionierter Oberstleutnant, der mit einigen Kameraden seit Jahren auf dem Fliegerhorst eine private Sammlung unterhält. Außerdem gibt es das "fahrende Museum" der Reservisten-Arbeitsgemeinschaft (RAG) Historische Fahrzeuge, die mit ihrem Bestand von Fursty nach Lechfeld ausgewichen ist. Damit hätte man einen Grundstock an Artefakten für ein Museum, sagt Helmut Predeschly, ehemaliger Vorstand der Interessengemeinschaft Fursty, die im April mit einem anderen Verband zur Traditionsgemeinschaft Fursty-Fliegerhorst e.V. fusionierte.

Er schwärmt von einem "Ensemble wie in Glentleiten", denn das Areal des Fliegerhorstes mit seinen denkmalgeschützten Bauten sei ein einmaliges Zeugnis der Industriearchitektur. Daraus könnte ein Touristenmagnet für Bruck entstehen. Predeschly und Remmers fordern einen Runden Tisch, an dem alle Interessenten zusammen kommen. Außerdem könnte man einen Förderverein gründen.

Auch Kulturreferent Wollenberg möchte nicht einfach die Phantom- oder Tornado-Flugzeuge haben, die hinter der Offizierschule "abgestellt" sind. Denn die hätten mit der Geschichte von Fursty nichts zu tun. Er warnt auch vor hohen Kosten für Restaurierung und Unterhalt, vor allem wenn die Maschinen im Freien der Witterung ausgesetzt sind. Ein musealer Starfighter, den die Bundeswehr an Portugal vergeben habe, soll 100 000 Euro allein für die Reparatur verschlungen haben. Allerdings kann sich der Kulturreferent vorstellen, ein paar Flugzeuge oder Teile davon im Rahmen einer Dokumentation auszustellen, in geschlossenen Räumen, etwa in einem der alten Hangars. Remmers sieht das ganz ähnlich.

Voraussetzung für jeden weiteren Schritt ist jedoch eine konkrete Konzeption für ein solches Museum, über die man diskutieren kann, darin sind sich alle einig. Wollenberg wird deshalb beantragen, im Haushalt 2018 einen Etatposten für eine solche Studie einzurichten. Allerdings dürften sich rasch Differenzen auftun zwischen denen, die Erinnerungen an die Bundeswehrzeit in Fursty pflegen, und anderen, die die komplette Geschichte unter modernen museumspädagogischen Kriterien behandelt wissen wollen.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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