Finanzen:Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

In Puchheim werden Mitarbeiter zum Greensill-Debakel befragt

FILE PHOTO: The Greensill Bank is pictured in downtown Bremen

Das Logo am Sitz der Greensill Bank in Bremen. Dass ein deutsches Geldhaus pleitegehen würde, hatte niemand auf dem Schirm.

(Foto: Fabian Bimmer/Reuters)

Die Aufarbeitung des Greensill-Debakels in Puchheim dauert an. Am Dienstag hat der Stadtrat nach langer, kontroverser Debatte mit Mehrheit einen Antrag des Rechnungsprüfungsausschusses (RPA) gebilligt, sich als Kommission zu konstituieren. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass alle anderen Stadträte nicht mehr teilnehmen dürfen. Damit soll erreicht werden, dass Mitarbeiter aus der Rathausverwaltung, die befragt werden sollen, sich sicherer fühlen können, dass ihre Aussagen nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Es gehe auch um den Datenschutz, sagte RPA-Vorsitzende Marga Wiesner (SPD) zur Begründung.

Die Stadt hatte bei der Greensill-Bank in Bremen zwei Millionen Euro angelegt, die nach deren Pleite im März wohl verloren sind. Nun stellt sich die Frage, wer für den Schaden verantwortlich ist, Bürgermeister Norbert Seidl (SPD), der Kämmerer oder ein Mitarbeiter der Kassenverwaltung, der die Verlängerung der Anlage angeblich im Dezember ohne Rücksprache vorgenommen haben soll.

Finanzreferent Martin Koch (FDP) hatte nach Bekanntwerden des Verlusts den Verdacht erhoben, Bürgermeister und Kämmerer hätten gegen die Richtlinie des Stadtrates für Geldanlagen verstoßen, ähnlich äußerte sich die CSU-Fraktionsspitze. Der zweite Bürgermeister Manfred Sengl (Grüne) und der dritte Bürgermeister Thomas Hofschuster (CSU) widersprachen und bezeichneten die Anlagenrichtlinie als unzulänglich und widersprüchlich.

Am 23. März beauftragte der Stadtrat mit Mehrheit den RPA damit, den Vorfall zu untersuchen. Ein Antrag der Freien Wähler, einen unabhängigen Sachverständigen einzuschalten, wurde abgewiesen. Dem sechsköpfigen Ausschuss gehören Vertreter aller Fraktionen bis auf den FDP-Solitär an. Man habe sich inzwischen sechsmal getroffen, Akten gewälzt und sich Gedanken gemacht, sagte die Vorsitzende Wiesner der SZ. Nun steht die Befragungen von Mitarbeitern an. Bei den Sitzungen des RPA können alle anderen Stadträte teilnehmen, haben aber kein Rede- oder Antragsrecht. Dem Vernehmen nach sollen Koch als Finanzreferent und Dominik Schneider, der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende, dabei gewesen sein.

Beide meldeten sich in der Debatte am Dienstag zu Wort. Schneider kritisierte den Ausschluss der übrigen Stadträte als rechtswidrig, die Bezeichnung unabhängige Kommission erwecke den Eindruck einer chinesischen Mauer zwischen ihren Mitgliedern und dem Rest des Stadtrates. Schneider mahnte zur Eile, weil für Schadenersatzansprüche eine Frist von sechs Monaten gelte. Die CSU-Fraktionsvorsitzende Karin Kamleiter warnte, in der Öffentlichkeit könne der Eindruck entstehen, der Fall werde hinter verschlossenen Türen abgehandelt. Bürgermeister Seidl appellierte an den Stadtrat, die Mitglieder des Ausschusses nicht zu überfordern. "Wir sind Laien, keine Banker und Juristen", sagte Wiesner der SZ. Sie geht davon aus, dass sich der Bayerische Kommunale Prüfungsverband den Abschlussbericht der Kommission anschaut und eventuell noch ein externer Sachverständiger.

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