Feuerwehr:Doppelt einsatzbereit

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Vom Alarm bis zum Einsatz sollten die Feuerwehren nicht länger als zehn Minuten benötigen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Weil viele Mitglieder der 52 freiwilligen Feuerwehren nicht im Landkreis arbeiten, stehen bei Alarm tagsüber nur 400 Helfer zur Verfügung. Sie erhalten Unterstützung von Pendlern, die anderswo den Wehren angehören

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Bei Bränden, Verkehrsunfällen, Hochwasser oder technischen Hilfeleistungen können die 52 Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis auf annähernd 2400 aktive Helferinnen und Helfer zurückgreifen. Theoretisch sind die Frauen und Männer rund um die Uhr einsatzbereit. Wer allerdings in Fürstenfeldbruck oder in Germering wohnt und beispielsweise in München arbeitet, kann bei einem Alarm tagsüber nicht mit ausrücken. Selbst wenn er wollte. Sind die meisten der Helfer nicht mehr am Wohnort beruflich tätig, erschwert das die Gewährleistung des Brandschutzes, insbesondere in einem Auspendler-Landkreis wie dem Fürstenfeldbrucker. So steht von den Aktiven tagsüber nur noch jeder Sechste, das sind zurzeit genau 394 Helfer, seiner Ortsfeuerwehr für Einsätze zur Verfügung.

Auf diese, wenn auch nur temporäre Personalnot haben sich die Feuerwehren seit Längerem eingestellt. Deshalb ist laut Kreisbrandrat Hubert Stefan, dem ranghöchsten Feuerwehrmann im Landkreis, die Alarmbereitschaft nach wie vor gewährleistet. Auch tagsüber. Was bedeutet, dass jede Feuerwehr im Landkreis innerhalb von zehn Minuten nach Alarmierung den Einsatzort erreichen und eingreifen kann. Möglich wird das durch eine gemeindeübergreifende Kooperation der Ortsfeuerwehren, was sich seit dem Jahr 2008 in einem ausgeklügelten Alarmierungssystem niederschlägt.

Weitere Entlastung bringt die Einbeziehung von Pendlern. Also von Helfern anderer Feuerwehren, die auch bei der Wehr an ihrem Arbeitsort registriert sind, also dort aushelfen und zusammen mit den Einheimischen alarmiert werden. Solche Pendler gelten als Doppelmitglieder, da sie zwei Feuerwehren zur Verfügung stehen.

Die Einstellung von Berufsfeuerwehrleuten, womit die Stadt Dachau vor zwei Jahren auf den Personalmangel bei ihrer vom Grundsatz her nach wie vor freiwilligen städtischen Feuerwehr reagierte, hält Stefan nicht für erforderlich. Allerdings verfügt auch die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Fürstenfeldbruck über festangestellte Mitarbeiter. Das sind im Unterschied zum Dachauer Modell Gerätewarte, die nicht bei Bränden ausrücken. Aber sie nehmen den freiwilligen Helfern Arbeit ab, beispielsweise im Feuerwehrhaus oder bei einfachen technischen Hilfeleistungen.

Das gleiche Ziel verfolgt die Stadt Dachau mit der Einstellung der Berufsfeuerwehrleute. Diese werden gebraucht, um die freiwilligen Helfer nicht durch Überlastung zu verprellen, was sich für 13 Berufsfeuerwehrleute in Personalkosten von 1,5 Millionen Euro pro Jahr niederschlägt. Das ersparen die Landkreis-Feuerwehren ihren Kommunen, weil im Alarmierungssystem für jeden Ort und jede Feuerwehr hinterlegt ist, wie viele Helfer tagsüber, abends und an Wochenenden zur Verfügung stehen. Reicht deren Zahl nicht aus, wird automatisch eine Wehr eines Nachbarorts mitalarmiert. Statt einer Feuerwehr rücken also gleich zwei aus. Das gilt beispielsweise für Mittelstetten und Tegernbach.

Da nicht jeder Berufstätige an allen Werktagen arbeitet, bilden Schichtarbeiter, Helfer im Urlaub oder mit freien Tagen, eine zusätzliche Reserve. Früher behalfen sich größere Gemeinden damit, Stellen in ihren Bauhöfen mit Feuerwehrleuten zu besetzen. Damit verfügte man tagsüber über einen Kernbestand an Einsatzkräften. Aufgrund der Probleme, für solche Stellen überhaupt Mitarbeiter zu finden, und wegen des Verbots, Stellenausschreibungen mit dem Kriterium der Feuerwehr-Zugehörigkeit zu verbinden, funktioniert dieses Modell nur noch in Ausnahmen. Der Feuerwehrdienst ist nach wie vor erwünscht, darf aber nicht mehr gefordert werden.

Auch ohne Feuerwehrleute in ihren Reihen können Bauhöfe die Helfer entlasten. So muss nach einem Verkehrsunfall nicht zwingend eine Feuerwehr die Straße reinigen. Das kann auch ein Bauhof leisten. Da technische Hilfe wie das Auspumpen von Kellern oder das Schneeräumen einsturzgefährdeter Dächer nicht in jedem Fall eine Pflichtaufgabe der Feuerwehr ist, lehnen die Helfer im Nachbarlandkreis Starnberg solche Einsätze ab oder reduzieren sie aufs absolut Notwendige. Dem Beispiel folgen die Helfer im Landkreis Fürstenfeldbruck nicht. Ginge das doch zu Lasten der Bürger, was Stefans Selbstverständnis von einer Feuerwehr widerspricht. "Wir sind in erster Linie dafür da, um den Bürgern zu helfen", sagt er. Um zu ergänzen: "Deshalb macht man es ehrenamtlich." Dazu gehöre, bei Bedarf auch mal Schnee von einem Dach zu räumen.

Ein Dauerproblem der Feuerwehren sind die Arbeitgeber. Deren Bereitschaft, Mitarbeiter für Einsätze freizustellen, sinke. Dafür hat Stefan ein gewisses Verständnis, sofern es sich um Aufgaben handelt, die andere übernehmen können. Auf eine Kraft zu verzichten, weil diese eine Ölspur beseitigt, leuchte nicht jedem Chef ein, selbst wenn ihm die Kosten für die Einsatzzeit erstattet werden.

Die Feuerwehren im Landkreis stehen personell relativ gut da, weil die Zahl der ehrenamtlichen Helfer steigt und die Zahl der jährlichen Einsätze zwischen 3300 und 3500 pendelt, also konstant bleibt. Gab es 1998 noch 2148 aktive Feuerwehrleute, lag deren Zahl 20 Jahre später bei 2369, was einem Zuwachs von 221 Helfern entspricht. Auch für den Nachwuchs meldet Stefan konstante Zahlen. Den Feuerwehren gehören seit Längerem 270 bis 280 Jugendliche an. Das komme nicht von ungefähr, doch der Aufwand zahle sich aus, lautet das Resümee des Kreisbrandrats. Zudem arbeiten in bereits 37 der 52 Feuerwehren insgesamt 240 Frauen aktiv mit, und rücken, so die Frauenbeauftragte der Wehren, Angelika Zettl, auch mit aus.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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