Faschingszug Moorenweis:Narren beleben Tradition wieder

FZ Moorenweis

Retter des Skilifts: Eine Moorenweiser Familie macht den Lift in Landsberied zum Motto eines Motivwagens.

(Foto: Günther Reger)

Vier Jahre lang hat Moorenweis auf einen Faschingsumzug verzichtet. Am Sonntag ziehen mehr als 650 Maskierte und 15 Motivwagen durch den Ort

Von Manfred Amann, Moorenweis

Die Pleite-Airline, von der Gemeinde aufgekauft, heißt jetzt Moorwings, hat eine Start- und Landebahn Richtung Brandenberg. Flugbegleiterinnen verkaufen bereits Tickets, und Bürgermeister Joseph Schäffler macht auf dem zweiten Bildungsweg noch schnell den Pilotenschein. Schäffler hatte beim Faschingsumzug in Moorenweis am Sonntag jedoch anderes zu tun. Als Karel Gott in strahlend weißem Anzug zog der Gemeindechef Schmacht-Schlager trällernd an den schätzungsweise 6000 teils maskierten Zuschauern vorbei, die zum Umzug von der Römerstraße bis zur Sporthalle gekommen waren. Kaum hatte Hubert Leib vom Zugausschuss vom Führungsfahrzeug aus den Startschuss gegeben, kreischte und grölte die Menge, es wurde am Straßenrand applaudiert, gesungen, getanzt und zu den Melodien aus Lautsprechern geschunkelt. Massenhaft wurden Bonbons und Tüten mit Gummibärchen und Pop-Korn in die Menge geworfen, und der "irre lange Zug", wie ein smartes Engelchen feststellte, wollte nicht enden. Nach vier Jahren Abstinenz wollten offensichtlich viele Moorenweiser "wieder einmal so richtig die Sau raus lassen", so war es jedenfalls auf einem Transparent zu lesen.

43 Anmeldungen von Motivwagen und Fußgruppen mit über 500 Beteiligten gingen bei der Gemeinde ein. Laut Franz Seiler, der den Faschingsumzug organisiert hatte, feierten aber mindestens 650 Maskierte mit, aufgeteilt auf über 30 Fußgruppen und 15 einfallsreiche Motivwagen, die überwiegend aus den umliegenden Dörfern kamen. Erstaunlich, was sich in den vergangenen Jahren im Ort an Ereignissen angesammelt hat, das man amüsant, kritisch und dennoch fair auf die Schippe nehmen konnte. Ein Tunnel in Höhe der Gaststätte "Zur alten Post" wurde gefordert, weil man es dort wegen Staus und Abgase nicht mehr aushalten könne. Moorenweis wurde zur Auffangstation für "Pol-Flüchtlinge" im Klimawandel erklärt, eine Gruppe trat an, den Mini-Skilift in Landsberied, den einzigen mit Schlepplift im Landkreis, zu retten, und während in Moorenweis die Hühner fahren, gibt es in Grunertshofen einer Werbung zufolge "laufende Eier". "Moorenweis hat nicht nur Durst, sondern will auch frische Wurst", prangte auf dem Traktorgespann einer "privaten Blosn" in großen Lettern, weil es laut Sepp Grichtmaier im Dorf keinen einzigen Metzger mehr gibt. Rosa Schweinchen beschwerten sich, dass Veganer ihnen das Futter wegfressen, und ein Gruppe Jäger machte mit einer erlegten Bache auf die mit "nur zehn Euro Kopfgeld" von Politikern und Jägern mäßig beachtete Wildschweinplage aufmerksam. Zusätzlich 20 Euro Kopfgeld für jeden nachlässigen Jäger forderten sie. "Während wir die Wiese umpflügen, kann sich der Bauer auf der Couch vergnügen", wurde einem Wildschwein in den Mund gelegt. Aus Römertshofen kam die Forderung nach einer besseren MVV-Anbindung. Der Sportverein spielte mit einem fahrbaren Menschenkicker auf das marode Sportgelände an. Eine andere TSV-Gruppe prangerte an, dass sich der Umbau der Sporthalle so lange hinzog und schleppte ein "Bett für die Bauarbeiter" mit.

Der katholische Burschenverein Mammendorf, der mit etwa 60 Teilnehmern die größte Gruppe gestellt haben dürfte, führte ein riesiges Berliner Gefängnis mit vergitterten Fenstern mit, aus dem zu entkommen ein Leichtes sei. Donald Trump wurde mit einer Rakete auf einer Startrampe als Kriegstreiber zum Gespött gemacht und Theresa May wurde als Brexit-Queen veräppelt. Der Burschenverein Jesenwang witzelte über den "Ewigkeits-Flughafenbau" in Berlin. Dabei waren auch alle "Jamaika- und Groko-Verhandler" von Seehofer bis Schulz: "alles nur Clowns". Die Pucher und Biburger Burschen steckten diese sogar in ein riesiges "Koalitions-Camp". Vom designierten Innen- und Heimatminister forderten sie eine "Preußenobergrenze". Gegen das Artensterben protestierte die Jugend aus Adelshofen mit einer riesigen Arche, und die "Schnecken-Checker" aus Steinbach warben für "Fair-Trade auch daheim". Als Gendarmen mit Pickelhaube jagten Mitglieder des katholischen Burschenvereins Moorenweis den legendären Räuber Kneissl auf einem Wagen zu Heldenehren.

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