Süddeutsche Zeitung

Faire Werbung:Wahlkampf-Wildwuchs wird gestutzt

Fürstenfeldbrucker Politiker einigen sich auf ein Konzept, das Größe, Zahl und Standort von Plakaten und Infoständen regelt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

In der Kreisstadt gibt es einige unendliche Geschichten. Im Baubereich wäre da der Viehmarktplatz zu nennen. Am Dienstag tagte aber nicht der Bau- sondern der Hauptausschuss. Und der versuchte, den Schlussakkord einer anderen unendlichen Geschichte zu setzen.

Denn fast jedes Jahr ist es bislang nahezu das gleiche Lied. Beginnt irgendein Wahlkampf - egal ob es um die Besetzung von Stadtrat, Bezirkstag, Landtag, Bundestag, Europaparlament oder des Chefsessels im Rathaus geht - dann stimmen Politiker jedweder Couleur in den Chor der Entrüsteten ein: Viel zu viele Wahlplakate verschandeln das Stadtbild, heißt es dann. Manche Straße wird von einer ganzen Klonarmee eines einzigen Kandidaten gesäumt. Oder: Rechte Parteien, die sich in der Stadt gar nicht zur Wahl stellen, wildern im Stadtgebiet und bepflastern das letzte freie Eck. Oder: Die Schwarzen haben plakatiert, bevor der offizielle Startschuss gefallen ist und sich die besten Plätze geschnappt. Oder: Parteien nutzen für Wahlplakate reservierte Bereiche in 1A-Lage für Veranstaltungsankündigungen. Also: kein Fair Play. Nirgendwo!

Mehrmals haben die Fürstenfeldbrucker versucht, den Wildwuchs zu kanalisieren. Nun also folgt der nächste Streich. Die große Einigkeit lässt darauf hoffen, dass künftige Wahlkämpfe gesittet verlaufen - sofern die Parteien, die nicht im Stadtrat vertreten sind, auch mitspielen. Das Konzept, das nach der Bundestagswahl im Herbst in Kraft treten soll, muss Ende des Monats noch vom Stadtrat beschlossen werden. Das gilt als Formsache.

Festgelegt werden vor allem die Bereiche, in denen Wahlplakate und Infostände aufgestellt werden dürfen. Von der Stadt wird ein gutes Dutzend große Plakattafeln im Stadtgebiet sowie in den Ortsteilen aufgestellt. Jede für die angesetzten Wahlen zugelassene Partei oder Gruppierung bekommt darauf einen festen Platz zugewiesen. Parteien, die beispielsweise zu Kreistagswahlen antreten, sich aber nicht um Sitze im Stadtrat bewerben, müssen dabei ebenfalls berücksichtigt werden. Über Privatgrund hinaus darf jede Gruppierung zusätzlich bis zu 60 weitere Standorte im Stadtgebiet nutzen. Die Verwaltung behält sich vor, auf Antrag weitere städtische Flächen zur Verfügung zu stellen. Tabu bleibt der Bereich vom Rathaus bis zur Leonhardikirche, das Klosterareal sowie Stellen, an denen die Sicht von Verkehrsteilnehmern behindert würde. Gleiches gilt für Pflanztröge und Verkehrsschilder. Für Wahlplakate gilt das Standard-Maximalmaß A1, ein Drittel darf auf Anregung von Philipp Heimerl (SPD) A0-Format haben. Sie sollen aus recycelbarem Material sein, Plastikfolie scheidet somit aus. Zudem müssen zwischen zwei Plakatstandorten einer Kandidatin oder eines Kandidaten mindestens hundert Meter liegen, um zu vermeiden, dass begehrte Bereiche von einer Gruppierung nach dem "Windhundprinzip" (Dieter Kreis, ÖDP) zugepflastert werden. Nach der Wahl müssen Plakate innerhalb von fünf Tagen entfernt werden.

Infostände dürfen bis zu drei Quadratmeter in Anspruch nehmen. Auf dem Viehmarktplatz dürfen auf Vorschlag Hermine Kuschs (BBV) nun gleichzeitig fünf statt bislang drei Infostände verschiedener Gruppierungen aufgebaut werden. Markus Droth (Freie Wähler) plädierte dafür, die Regelungen "konsequent" durchzusetzen. Grundsätzlich will Andreas Lohde (CSU) die Plakatierung aber auch nicht zu stark einschränken, sei diese doch Ausdruck direkter Demokratie.

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Quelle:
SZ vom 16.04.2021
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