Verkehrsinfrastruktur:Besessen vom besseren Radeln

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Oliver van Meerendonk ist seit kurzem Ansprechpartner im Landratsamt für alle Fragen zum Radverkehr. (Foto: Leonhard Simon)

Der neue Radverkehrsbeauftragte des Kreises, Oliver van Meerendonk, nutzt das umweltfreundliche Verkehrsmittel selbst voller Begeisterung. Warum er zum Spaß auch mal mit sperrigem Gerät von Dachau nach Augsburg fährt.

Von Carim Soliman, Fürstenfeldbruck

Es konnte nicht lang dauern, bis Oliver van Meerendonk sich in seinem neuen Revier bestens auskennt. "Sehen Sie da, links auf der anderen Straßenseite? Dort ist auch eine Brücke, aber sie ist nur fußläufig zu überqueren." Das Ziel, die Holzbrücke für Fuß- und Radverkehr über dem Amperabschnitt zwischen Emmeringer und Weiherstraße, liegt noch ein paar Meter weiter. Van Meerendonk hat sie ganz bewusst als Motiv für sein Pressefoto gewählt. Er überlässt selten etwas dem Zufall. Schon gar nicht, wenn es um seine neue Arbeit geht.

Seit dem 1. August ist Oliver van Meerendonk Radverkehrsbeauftragter im Landratsamt Fürstenfeldbruck. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, an der Schnittstelle von Kreisverwaltung, Kommunen, Lobbyverbänden und Radfahrenden aus dem Landkreis. Nach der kurzen Fotoeinlage auf der Brücke, das Model hat sich zur Sicherheit einmal mit Sonnenbrille und einmal ohne, einmal in Fahrt und einmal stillstehend ablichten lassen, hat er sich nun auf einer Parkbank niedergelassen. Bei bestem Radwetter erzählt er von sich und seiner neuen Stelle. "Die Position hat zwei Seiten", erklärt van Meerendonk, "eine operative und eine strategische."

Die operative Seite widmet sich dem Tagesgeschäft. Radfahrerinnen und Radfahrer können sich mit Vorschlägen und Hinweisen an den Radverkehrsbeauftragten wenden, zum Beispiel um einen kaputten Radweg zu melden oder einen unleserlichen Wegweiser. Anschließend leitet er das Problem an die verantwortliche Stelle im Landratsamt weiter. Andererseits soll der Radverkehrsbeauftragte langfristig das Netz optimieren - mit Betonung auf "langfristig". "Die Maßnahmenliste des vom Landratsamt entwickelten Radkonzepts umfasst etwa 100 Punkte."

Immerhin: In die Materie muss er sich nicht einlesen. Schon vor dem Wechsel zum Landratsamt Fürstenfeldbruck kümmerte er sich beruflich um die Verbesserung gemeindlicher Radinfrastruktur, nur als Dienstleister. In Planungsbüros tüftelte er an unterschiedlichen Konzepten mit. Eine Stelle in der Verwaltung hatte ihn schon länger gereizt, einerseits, um sich nach einigen auswärtigen Stationen endgültig wieder in seiner Heimatregion Wurzeln zu schlagen. "Es ist nicht nötig auszuwandern, wenn das Glück vor der Haustür liegt", fasst es der 33-Jährige zusammen, der im Landkreis Dachau geboren und aufgewachsen ist.

Das Radfahren verbindet ihn mit der Gemeinschaft

Andererseits erlaubt ihm die neue Stelle, beruflich seiner anderen großen Leidenschaft neben dem Radfahren nachzugehen: der Planung. Probleme ausfindig machen, sie verstehen und lösen, das ist für van Meerendonk genauso Hobby wie das Radeln. Er kombiniert gern beide, indem er "Expeditionen" unternimmt, wie er es nennt. Einmal habe er sich beispielsweise gefragt, ob man ein größeres Musikinstrument mit dem Fahrrad transportieren könnte. Also probierte er es einfach aus und fuhr auf einem seiner Räder von Dachau nach Augsburg.

Auf welche Ausführung seine Wahl damals fiel, kann er nicht mehr sagen. Es kommen einige infrage, er ist sich auf Anhieb nicht einmal ganz sicher, wie viele Räder er gerade besitzt. "Ich habe kürzlich aussortiert, da muss ich mal eben nachzählen." Gesagt, getan: Ein Liegerad hat er und ein Mountainbike, außerdem ein Rennrad, natürlich. Für die Presse hat er letzten Endes mit seinem quietschgrünen Stadtrad posiert, zur Auswahl hatte zwischenzeitig noch sein neues Faltrad gestanden. Es ersetzt seit kurzem die ein bis zwei "Bahnhofsräder", die er sich bisher hielt. "Das sind günstige Räder, fahrtüchtig, aber für Diebe nicht lohnenswert, die ich zum Pendeln an der S-Bahn stehen lassen konnte."

Für jeden Anlass ein Rad, für jede Aufgabe ein wohl überlegtes, bestenfalls selbst erprobtes Vorgehen. Nichts geschieht unüberlegt in Oliver van Meerendonks Leben, er sieht "die Dinge einfach gerne ganzheitlich." Selbst im Gespräch denkt er meist länger nach, bevor er antwortet, wägt jede Formulierung sorgfältig ab. Einmal setzt er zu der Redewendung an, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, bricht dann aber mittendrin ab. "Lassen Sie mich kurz einen friedfertigeren Ausdruck suchen." Nach kurzer Überlegung fällt die Wahl auf "Synergieeffekt".

Ein Rennstall wie Oliver van Meerendonks will gepflegt werden. Da kommt ihm der praktische Teil seines Studiums zugute, er hat einen Abschluss in Produktdesign. Wenn eine Reparatur doch seine Kompetenz übersteigt, wendet er sich an den Schrauber seines Vertrauens. Radeln ist für ihn eine Sache der Gemeinschaft, etwas, was ihn mit seinen Mitmenschen verbindet. Mit einem Freund ist er nach dem Abitur von Zuhause aus über die Schweiz bis an die französische Mittelmeerküste gefahren, die Tour prägt ihn bis heute. Schon im Kindergarten sei er stolz auf seinen Helm gewesen, sagt er, weil ein Kumpel dasselbe Modell trug. Seine frühesten Erinnerungen ans Fahrradfahren verbindet er mit seiner Familie, den Eltern und der Oma.

Nun ist Oliver van Meerendonks Radlfamilie etwas gewachsen, auf fast 220 000 Landkreisbewohnerinnen und -bewohner. "Ich möchte mithelfen, die Bedingungen zu verbessern und ihnen mehr Möglichkeiten fürs Radeln zu bieten." Und wenn er sich dafür zu 200 Expeditionen aufmachen muss.

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