Experte zur Vorsorge bei Hitze:"Man sollte nur nachts oder frühmorgens lüften"

Experte zur Vorsorge bei Hitze: Ventilatoren seien meist eine bessere Option als Klimaanlagen, sagt Experte Alexander Waltner.

Ventilatoren seien meist eine bessere Option als Klimaanlagen, sagt Experte Alexander Waltner.

(Foto: Winfried Rothermel/imago)

Wie schafft man es, die Wohnung auch an heißen Sommertagen schön kühl zu halten? Im Interview gibt Energieberater Alexander Waltner einige einfache Tipps.

Interview von Ingrid Hügenell, Puchheim

Die Verbraucherzentrale schlägt eine Reihe von baulichen Veränderungen vor, um Haus oder Wohnung im heißen Sommer kühl zu halten. Doch was kann man kurzfristig und als Mieter tun, damit das Wohnzimmer nicht zur Sauna wird? Diplom-Ingenieur und Energieberater Alexander Waltner, 55, aus Puchheim gibt Auskunft.

Experte zur Vorsorge bei Hitze: Alexander Waltner aus Puchheim ist als Energieberater auch für die Verbraucherzentrale tätig.

Alexander Waltner aus Puchheim ist als Energieberater auch für die Verbraucherzentrale tätig.

(Foto: privat)

SZ: Wie schafft man es, dass die Sommerhitze draußen bleibt?

Alexander Waltner: Sinnvoll ist, Gebäude und Fenster zu beschatten. Wer keine Jalousien, Fensterläden oder Marquisen hat, kann vielleicht außen ein Sonnensegel anbringen. Das ist besser als ein Vorhang, denn dann ist die Hitze schon im Raum. Je größer die Fenster sind, desto mehr Hitze kommt hinein. Andere Fenster zu installieren, ist für Mieter aber natürlich schwierig. Wer keine Rollläden hat, sollte nachrüsten. Es gibt inzwischen Rollläden mit Einbruchsschutz, die man nicht einfach hochschieben kann. Das hat bei meinem Bruder die Einbrecher abgehalten.

Was bringt Fassadenbegrünung?

Schon einiges. Durch die Feuchtigkeit der Begrünung auf dem Dach oder an der Fassade entsteht Verdunstungskälte und Verschattung. Wenn man das neu anlegen will, muss die Statik beachtet oder überprüft werden, und man muss darauf achten, dass die Pflanzen an der Fassade nicht den Putz angreifen. Am besten lässt man sich beraten. Übrigens hilft Wärmedämmung natürlich auch dagegen, dass Wärme von außen reinkommt. Was gegen Kälte im Winter hilft, hilft auch gegen Wärme im Sommer.

Experte zur Vorsorge bei Hitze: Unter begrünten Dächern lässt sich die Sommerhitze besser ertragen. Hier ein Beispiel des Architekten Frei Otto in Berlin.

Unter begrünten Dächern lässt sich die Sommerhitze besser ertragen. Hier ein Beispiel des Architekten Frei Otto in Berlin.

(Foto: Stephanie Pilick/dpa)

Und wie ist es mit dem Lüften? Machen die Leute das richtig?

Die meisten neigen dazu, viel zu lange oder viel zu wenig zu lüften - entweder haben sie die Fenster dauernd gekippt oder sie lüften zu kurz. Im Sommer sollten Türen und Fenster der Wohnräume tagsüber geschlossen bleiben, um die warme, feuchte Luft draußen zu halten.

Wann lüftet man dann? Nur, wenn es draußen kühler ist als drinnen?

Ja, da hilft tatsächlich ein Blick aufs Thermometer. Man sollte Fenster und Balkontüren nachts oder früh morgens öffnen, und dann am besten querlüften, also mit Durchzug. An einem sonnigen Tag so etwa bis neun Uhr, bevor es wieder heiß wird. Und dann macht man alles wieder zu, verrammelt Fenster und Türen und dunkelt so ab, dass man gerade noch genug sieht. Und wie gesagt - alles was an Verschattung außen liegt, bringt mehr.

In den Mittelmeerländern ist es ja oft so, dass die Fensterläden geschlossen, aber die Fenster einen Spalt offen sind, so dass es Durchzug gibt. Ist das eine gute Methode?

Jein. Die warme und feuchte Luft kommt trotzdem rein. Querlüften in der Früh halte ich für besser.

Was hilft noch?

Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Denn dann bleibt die warme Luft draußen und die kalte Luft drinnen. Was hilft, dass das Gebäude nicht auskühlt, hilft auch gegen Hitze. Und man braucht sich um nichts zu kümmern und hat trotzdem frische Luft.

Was halten Sie von Ventilatoren?

Die sind sinnvoller als eine Klimaanlage. Durch den Luftzug entsteht Verdunstungskälte am Körper. Man muss aber aufpassen: Wenn man verschwitzt ist, kann es sein, dass man hinterher einen steifen Hals hat. Und ein Deckenventilator ist nur sinnvoll, wenn der Raum hoch genug ist - drei Meter oder höher. Sonst kann man sich verletzten, wenn man die Arme ausstreckt.

Warum ist ein Ventilator besser als eine Klimaanlage?

Weil eine Klimaanlage viel mehr Strom braucht, das wird schnell teuer. Sinnvoll können Klimageräte im Dachgeschoss sein, weil es da sehr heiß werden kann. Dann sollte man möglichst ein Splitgerät nehmen, bei dem eine Einheit außen und eine innen steht. Monoblock-Geräte funktionieren nicht so gut. Aber wenn's geht, würde ich darauf verzichten.

Ein Tipp, den man auch oft hört: feuchte Tücher aufhängen, die Vorhänge befeuchten.

Natürlich bringt das was. Ich bin nicht so der Freund davon, weil man dann wieder mehr Feuchtigkeit in der Wohnung hat, und das kann langfristig zu einem Schimmelproblem führen.

Was kann man vorbeugend tun?

Breitere Dachüberstände sind gut, weil sie mehr Schatten werfen, und Sonnenschutzverglasung für die Fenster, die nur 25 Prozent Sonnenlicht durchlässt. Das Dach vernünftig zu dämmen, hilft schon sehr viel. Ich habe auf meinem Dach eine Fotovoltaik-Anlage installiert. Dadurch ist das Dach beschattet und kühler.

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