Europawahl:Luftballons im EU-Design

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Zur Wahlparty im Landratsamt kommen nur wenige, selbst Politiker machen sich rar. Auch über CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber wird geredet - und darüber, wo Katrin Staffler ihn aufbewahrt

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Manfred Weber groß neben Markus Söder. Es gibt wohl kaum jemanden, der den bayerischen Ministerpräsidenten Söder nicht kennt. Er soll also die Blicke auf sich ziehen auf diesem riesigen Wahlplakat, das seit einigen Wochen an der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck steht. Aber wer ist dieser Manfred Weber? "Ein Bayer mit einer historischen Chance, der bei den Leuten sehr gut ankommt", sagt die CSU-Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler, die seit zwei Wochen auch Kreisvorsitzende ihrer Partei ist, über den niederbayerischen Politiker, der als Spitzenkandidat für CDU/CSU bei der Europawahl am Sonntag angetreten ist und in der Folge gerne EU-Kommissionspräsident werden möchte. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zufolge kennen aber nur 36 Prozent den Namen Manfred Weber.

Die CSU unter sich (von links): Landrat Thomas Karmasin, MdB Katrin Staffler und die Kommunalpolitiker Hubert Ficker und Erich Raff. (Foto: Günther Reger)

Vielleicht ist es ein Problem von Europawahlen, das sie weniger mit Kandidaten vor Ort werben können. Aus dem Landkreis kam diesmal kein einziger Bewerber. Die CSU war im Wahlkampf mit dem Nachwuchsmann Benedikt Flexeder unterwegs, der stammt aus dem Kreis Freising. Fehlen die lokalen Köpfe? "Es ist nicht in dem Maße greifbar wie bei anderen Wahlen", weiß Katrin Staffler: "Es ist ein bisschen weiter weg."

Staffler steht am frühen Sonntagabend in den Europafarben im Foyer des Landratsamtes: gelber Mantel, blaue Handtasche. "Europa ist wichtig, Europa ist gut", sagt sie, deshalb müsse man Europa so stark wie möglich machen. Der Appell scheint bei den Wählern angekommen zu sein. Die Wahlbeteiligung im Landkreis ist deutlich gestiegen, nur beim "Wahlabend live" im Landratsamt ist der Andrang überschaubar. Auch Politiker machen sich rar. Sechs Auszubildende des Landratsamtes sind da, fünf junge Frauen, ein junger Mann. Sie stehen um einen der Stehtische herum. Im Vorfeld haben sie eine Ausstellung zur Europawahl gestaltet, deren Stehtafelns sind im Foyer zu sehen, darüber blaue Luftballons mit den zwölf goldenen EU-Sternen. "Ich wollte einfach mal sehen, wie das hier abläuft und welche Leute da kommen", sagt Melanie Kapitza. Die 18-Jährige macht gerade eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten. Klar, sie habe gewählt, erzählt sie. Zum ersten Mal überhaupt durfte sie zur Wahl gehen.

Snacks ganz im Zeichen der Wahl. (Foto: Günther Reger)

An einem Tisch allein steht Mustafe Saed Dama. Der Somalier ist seit dreieinhalb Jahren im Deutschland, hat ein Asylverfahren durchlaufen, ist anerkannt. Er hat die Berufsschule in Fürstenfeldbruck besucht und spricht richtig gut Deutsch. Im Herbst beginnt er eine Ausbildung als Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Er sei "politisch sehr interessiert", sagt er, deshalb sei er hergekommen. Der 21-Jährige macht sich viele Gedanken über Politik. "Schickt uns keine Soldaten", sagt er, sondern "bringt dem Kontinent Afrika bei, wie er auf eigenen Beinen stehen kann." Die Hilfe aus Europa benötige man nicht in Form von Geld, sondern vor allem in Form von Bildung.

Auszubildende des Landratsamtes am Wahlabend neben der von ihnen konzipierten Europaausstellung. (Foto: Günther Reger)

Um viertel vor sieben leuchtet das erste Auszählungsergebnis aus dem Landkreis auf der großen Leinwand hoch oben im Foyer auf: Die schnellsten Auszähler sitzen in Oberschweinbach. 43 Prozent für die CSU, fünfeinhalb Prozent nur für die SPD - der Trend ist gesetzt. Ähnliches Ergebnis in Adelshofen. Es wird noch besser für die CSU: Mehr als 47 Prozent in Mittelstetten, Hattenhofen, Egenhofen. "Ein bisschen wie in alten Zeiten", witzelt Landrat Thomas Karmasin (CSU). Nein, ein Anlass für Begeisterungsstürme sei das Ergebnis nicht, wohl aber für "solide Zufriedenheit". Der Dämpfer folgt aus dem äußersten Nordwesten, aus Althegnenberg: nur etwas mehr als 36 Prozent. Insgesamt ist das Ergebnis für die CSU im Landkreis nur wenig besser als bei den Europawahlen 2014. In Landsberied ist die Zuneigung zur CSU größer: 50,66 Prozent (später korrigiert in 48,47). CSU-Kreisrat Hubert Ficker, dort Zweiter Bürgermeister, nimmt die Zahlen aus seinem Heimatort erfreut zur Kenntnis. "Da gibt es nur schwarz und grün."

Ja, die Grünen. In vielen Gemeinden des Landkreises liegt ihr Anteil zwischen 20 und 25 Prozent, in Grafrath holen sie mit 29 Prozent fast so viele Stimmen wie die CSU (knapp 32 Prozent). Und die SPD? Ihr Bundestagsabgeordneter Michael Schrodi und der Gröbenzeller Gemeinde- und Kreisrat Peter Falk bleiben nur kurz. "Kopf hoch, liebe SPD", ruft ihnen Andrea Nahles, die Parteivorsitzende, aus dem großen Fernsehgerät zu, den die Behörde im Foyer mitsamt drei kurzen Stuhlreihen davor aufgestellt hat. Einstellig ist die SPD im Landkreis mit 9,40 Prozent, ähnlich wie bei der Landtagswahl ein halbes Jahr zuvor. Schrodi und Falk sind bald wieder verschwunden. "Da gibt es nichts schön zu reden", sagt Schrodi noch. Auch Katrin Staffler fährt noch weiter in den anderen Teil ihres Bundestagswahlkreises, nach Dachau. Manfred Weber hat sie zu Hause gelassen. Als Pappmaché-Figur hatte die CSU den Kandidaten vor zwei Wochen während der Kreisversammlung im Gang des Mammendorfer Bürgerhauses aufgestellt. Jetzt steht er bei den Stafflers im Wohnzimmer, gesteht die Abgeordnete lachend. Sie habe ihn zunächst im Keller aufbewahrt und ihn am Tag vor der Europawahl hochgeholt.

© SZ vom 27.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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