Süddeutsche Zeitung

Europawahl:Höhenflug und Bruchlandung

Grafrath ist noch vor Gröbenzell die Grünen-Hochburg im Landkreis. Die schlechtesten Einzelergebnisse der Partei sind besser als die besten Resultate der SPD - ein Blick in die Städte und Gemeinden

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Ein passender Hashtag war schnell gefunden. #Luxusprobleme postete Martin Runge, Gemeinde- und Kreisrat und Landtagsabgeordneter der Grünen, als er auf seiner Facebookseite darauf hinwies, "not amused" zu sein, dass die Gemeinde Grafrath mit 29,3 Prozent Wählerstimmen für die Grünen besser abgeschnitten habe als Gröbenzell (26,6 Prozent), wo Runge wohnt. Die beigefügten Smileys sollten erkennen lassen, dass das natürlich nicht ganz ernst gemeint war. Dass Grafrath und Gröbenzell schon lange die Grünen-Hochburgen im Landkreis sind, stellten sie bei der Europawahl erneut unter Beweis. Die meisten Stimmen für die Grünen gab es in der Verwaltungsgemeinschaft Grafrath, zu der auch Kottgeisering und Schöngeising zählen. Auch dort liegen die Grünen bei mehr als 24 Prozent, ebenso in Puchheim und Eichenau, in Türkenfeld sogar noch einen Prozentpunkt darüber.

Dort, wo die Grünen am schlechtesten abschnitten - in Hattenhofen, Egenhofen und Mittelstetten (zwischen 13 und 15 Prozent) -, waren sie immer noch besser als die Sozialdemokraten mit ihren besten Ergebnissen. Die SPD, landkreisweit mit 9,4 Prozent wie schon bei den Landtagswahlen ein halbes Jahr zuvor nur einstellig, stürzte regelrecht ab, selbst in Orten wie Olching oder Puchheim, wo sie den Bürgermeister stellt. Nur in drei Kommunen - Puchheim, Eichenau, Germering - schaffte sie ein zweistelliges Ergebnis, und auch das mit zehn und elf Prozent nur knapp. Die 11,3 Prozent in Puchheim bedeuteten ihr bestes Ergebnis im Landkreis, in Olching fiel die SPD gar von 22 Prozent von den Europawahlen 2014 auf nunmehr 9,7 Prozent. In vielen kleineren Gemeinden krabbelt sie gerade so an der Fünf-Prozent-Grenze entlang, die bei der Europawahl allerdings keine Bedeutung hat: in Egenhofen, Moorenweis, Landsberied. Die wenigsten Sympathien gab es für die SPD in Kottgeisering mit genau 4,96 Prozent.

Mit Umweltthemen ließen sich die Menschen nicht nur von den Grünen mobilisieren, sondern auch von der ÖDP, die das später erfolgreiche Volksbegehren "Rettet die Bienen" vor wenigen Monaten in Bayern initiiert hatte. Dort, wo die Grünen stark abschnitten, tat dies auch die ÖDP: in den drei Mitgliedsgemeinden der VG Grafrath, in Türkenfeld und - mit dem höchsten Wert von 5,14 Prozent - in Althegnenberg.

Umgekehrt gibt es in Schöngeising, Türkenfeld, Landsberied und Grafrath die wenigsten AfD-Wähler (jeweils um die fünf Prozent). Mit 7,4 Prozent liegt deren Anteil im Landkreis unter dem deutschlandweiten (10,9 Prozent) und dem bayerischen Durchschnitt (8,5 Prozent) und fast zwei Prozent unter dem Ergebnis von 2014. Die meisten Sympathisanten fand die AfD in Oberschweinbach mit mehr als zehn Prozent, gefolgt von Mittelstetten, der Stadt Fürstenfeldbruck und Alling (acht bis neun Prozent).

Die meisten Anhänger der Freien Wähler im Landkreis gibt es in Alling (9,5 Prozent). Von dort kommt auch der Landtagsabgeordnete Hans Friedl. Auch in Mammendorf, wo die FW mit Josef Heckl den Bürgermeister stellen, gab es achteinhalb Prozent der Stimmen. In Eichenau profitiert die FDP vom Bürgermeister-Bonus mit immerhin 4,9 Prozent. Es blieb ihr bestes Ergebnis, die Fünf-Prozent-Marke schaffte sie nirgendwo. Die Linke findet im Brucker Land traditionell wenig Zuspruch: zwischen nicht einmal einem Prozent in Adelshofen als niedrigstem und knapp zweieinhalb Prozent in Germering und Grafrath als höchstem Wert.

Die CSU, Wahlsieger mit insgesamt 37,5 Prozent, hat ihre Hochburgen vor allem im ländlich geprägten Nordwesten: in Egenhofen, Hattenhofen, Jesenwang und Mittelstetten mit Ergebnissen von jeweils mehr als 47 Prozent. Nur um die 35 Prozent gab es für sie dagegen im CSU-regierten Fürstenfeldbruck, in Eichenau und Puchheim, den geringsten Zuspruch mit knapp unter 32 Prozent in Grafrath.

Die höchste Wahlbeteiligung gab es übrigens in jenen Kommunen, in denen die Grünen besonders stark waren: in Schöngeising, wo fast drei Viertel aller Bürger zur Wahl gingen, in Kottgeisering, Gröbenzell, Grafrath sowie auch in Eichenau, Alling und Landsberied (alle zwischen 71 und knapp 74 Prozent).

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SZ vom 29.05.2019
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