Erneuerbare Energie:Laues Lüftchen

Im Landkreis sollten mal viele Windräder stehen. Dann kam die 10-H-Regelung. Dass sie nicht als Ausrede dienen muss, beweisen Maisach und Mammendorf. Beide Kommunen wollen neue Anlagen bauen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Energiewende auch über die Nutzung der Windkraft schaffen zu wollen, darüber war man sich im Landkreis Fürstenfeldbruck eine Zeit lang einig gewesen. Der Landkreis versuchte mit seinen Kommunen, Flächen zu benennen, die als besonders geeignet für die Errichtung von Windrädern erschienen. Dann kam der Einbruch. Die sogenannte 10-H-Regelung der bayerischen Staatsregierung von 2014 ließ die bis dato geltende Privilegierung Makulatur und aus den stürmischen Anfängen ein laues Lüftchen werden. Die meisten potenziellen Standorte erfüllten die neuen Vorgaben nicht, wonach Windkraftanlagen einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe zur Wohnbebauung haben müssen. Die "Goldgräberstimmung", die der vormalige Brucker Stadtwerke-Chef Karl-Heinz Schönenborn noch 2011 erkannte, verwandelte sich wenige Jahre später in eine Katerstimmung. Zwei Kommunen, die sich der Entwicklung seither widersetzen, sind Mammendorf und Maisach. Auf deren Flur steht bereits je ein Windrad, nun wollen beide nachlegen.

Hans Seidl, Bürgermeister von Maisach, ist überzeugter Befürworter einer regionalen Energiewende. "Wir müssen schauen, was in unserer Region möglich ist", sagt er. Jede Kommune müsse versuchen, ihren Beitrag zu leisten. Das könne über Windkraft, Photovoltaik, Geothermie geschehen - in jeder Gemeinde möglicherweise mit eigenem Schwerpunkt. Ziel müsse sein, dass am Ende "nur noch eine sehr kleine Differenz bleibt, die von außen dazu kommen muss". Ein energieautarker Landkreis also. Die Pläne waren ja mal so, vor fast zwei Jahrzehnten, als man die Energiewende für 2030 ausrief. Es gehe um die Selbstversorgung einerseits, sagt Seidl, aber auch um den Klimaschutz: "Wir müssen Akzente setzen!" Seidl darf sich durchaus in Einklang sehen mit den Empfehlungen einer kürzlich vorgestellten Expertise zur Energie- und CO₂-Bilanz, die dem Landkreis rät, regionale Entwicklungsschwerpunkte zu setzen und etwa Standorte für Windkraft- und Photovoltaikanlagen auszuweisen.

Erneuerbare Energie: Unterm Regenbogen: das Windrad von Mammendorf, von der B2 bei Hattenhofen aus gesehen.

Unterm Regenbogen: das Windrad von Mammendorf, von der B2 bei Hattenhofen aus gesehen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Denn der Bau von Windrädern ist trotz Zehn-H immer noch möglich. Im Landkreis gibt es bislang zwei Windräder, auf Mammendorfer und Maisacher Flur, im fünften und im vierten Jahr in Betrieb. Sie erzeugten zusammen bislang mehr als 37 Millionen Kilowattstunden Strom. In der Gemeinde Maisach, die laut Seidl mit dem bestehenden Windrad und zwei Photovoltaikanlagen bei Malching und in der Nähe des Gewerbegebietes an der Frauenstraße bereits einen hohen Selbstversorgungsanteil hat, soll nun ein weiteres Windrad entstehen, zwei von ursprünglich drei potenziellen Standorten erscheinen als verträglich hinsichtlich ihrer Umsetzung unterhalb der Zehn-H-Regelung. Das heißt, sie rücken näher an die Wohnbebauung heran. Auch das bestehende Windrad bei Malching ist nur 1300 Meter entfernt.

Voller Überzeugung wirbt Seidl für die Windräder: "Wir haben eine Verantwortung gegenüber der nächsten Generation." Seit März wird geprüft, ob die beiden Standorte wirtschaftlich betrieben werden können und welcher Investor dies übernehmen könnte. Im Herbst will man die Ergebnisse den Bürgern vorstellen, die sollen die Möglichkeit bekommen, sich am Windrad zu beteiligen. Eine endgültige Entscheidung wird danach der Gemeinderat treffen. Bei einem positiven Votum geht es dann weiter wie bei jedem anderen Bauvorhaben auch, es wird ein Bebauungsplan erstellt, über die öffentliche Auslegung können die Bürger Einwände geltend machen. Das Vorgehen "hat großen Charme", findet Seidl, es sei nicht gerechtfertigt, Zehn-H als Totschlagargument gegen die Windkraft zu verwenden. Man müsse "keine Angst vor dem Bürger haben", sagt Seidl, sondern "den Dialog mit ihm führen".

Maisach: Jungzüchterwettbewerb SCHAF / Volksfest

Bürgermeister Hans Seidl

(Foto: Johannes Simon)

Der Bürger. Gerade bei der Windkraft wird er regelrecht gefürchtet. Weil er die wie auf riesigen Stelzen stehenden Anlagen nicht gerne in seiner Nähe haben will. "Wir respektieren die Meinung der Bürger", sagt deshalb auch Gottfried Obermair, Vorsitzender des Energiewendevereins Ziel 21 und Gemeinderat in Maisach. Denn der Landkreis habe "schon noch Potenzial" in Sachen Windenergie, vor allem im dünner besiedelten ländlichen Westen. Gleichwohl will man es sich mit dem Bürger nicht allzu früh verscherzen und "nichts übers Knie brechen". Mit zwei weiteren Bürgermeistern ist Ziel 21 bezüglich der Windkraft im Gespräch. Obermair will nicht sagen, welche Bürgermeister das sind. Um Hans Seidl (Maisach) und Josef Heckl (Mammendorf) handelt es sich indes nicht. Die haben ihre Ambitionen ja längst öffentlich gemacht.

Ähnlich wie Maisach will auch Mammendorf ein zweites Windrad. Das erste dort lieferte im Vorjahr 6,6 von insgesamt 35 Millionen eigenproduzierten Kilowattstunden Strom, erzählte Gemeinderat Werner Zauser jüngst bei der Vorstellung der Energiebilanz des Landkreises. Zu einer ersten Informationsveranstaltung im Januar in Mammendorf waren 200 Besucher gekommen. Vor allem Einwohner der Nachbarkommune Oberschweinbach meldeten Bedenken an. Günzlhofen, ein Ortsteil von Oberschweinbach, würde mit etwa 1200 Metern Abstand am nächsten an dem im Wald gelegenen, von Mammendorf bevorzugten Standort liegen. Am weitesten entfernt ist Mammendorf selbst, das die Anlage bauen will. "Das macht es uns nicht leichter", befand Mammendorfs Bürgermeister Heckl (Bürgergemeinschaft) damals. Großer Widerstand werde aus der anderen Nachbarkommune, Hattenhofen, jedoch nicht kommen, sagt Bürgermeister Franz Robeller (UWB) der SZ. Er gibt aber auch zu, "kein uneingeschränkter Befürworter der Windkraft" zu sein. Die Sache sei komplex, jüngst habe er gelesen, dass auch die Entsorgung von Windrädern schwierig sei. Auch die dauerhafte Subventionierung neuer Energien hält er nicht für den richtigen Weg.

2 Windräder

Stehen im Landkreis Fürstenfeldbruck. Nur vier wurden in ganz Bayern im vorigen Jahr beantragt- ein neuer Negativrekord und ein Rückgang, wie die SPD sagt, die eine entsprechende Anfrage an den Landtag gerichtet hat, um 99 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2013. Damals hatte es noch 400 Anträge gegeben. Danach wurden es im Zuge der 10-H-Regelung immer weniger: 220 Anträge 2014, 36 im Jahr 2015 und 47 im Jahr 2016.

Auch Moorenweis war aus der gemeinsamen Windkraftplanung der Landkreiskommunen ausgestiegen. Die Sache wirkt immer noch nach. Der Teilflächennutzungsplan, den der Landkreis damals erstellen wollte, sei "ein Schock" gewesen, erinnert sich Bürgermeister Joseph Schäffler (CSU). Mehr als die Hälfte der Vorrangflächen hätten sich auf Moorenweiser Gebiet befunden, von der Möglichkeit bis zu 40 Windräder dort aufzustellen, war die Rede gewesen. Moorenweis wäre über Gebühr belastet worden, sagt Schäffler. Dabei hält Schäffler seine Gemeinde "eigentlich für einen Vorreiter" bei den regenerativen Energien. Mit zwei Freiflächen-Photovoltaikanlagen bei Steinbach und Hohenzell sowie den Dachflächensolaranlagen sei es gelungen, den in der Gemeinde verbrauchten Strom fast gänzlich selbst herzustellen. Man sei auf einem guten Weg, aber "das ist nie so richtig gewürdigt worden". Die Windenergie habe man derzeit nicht im Fokus. Da das Gutachten zum Energieverbrauch Moorenweis aufgrund seiner Lage ganz im Westen des Landkreises einen sehr hohen Kraftstoffverbrauch bescheinigte, will Schäffler nun vor allem auf diesem Gebiet nachjustieren.

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