Ernährung:Ziele angepasst

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Bäcker Max Wimmer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wie Großkonzerne in die regionale Vermarktung einsteigen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Schöpfung bewahren und fair zu handeln, das ist die Basis, auf der sich die Solidargemeinschaft Brucker Land einst gründete. Es braucht die Landwirte, die das Getreide liefern, die Mühlen, die daraus Mehl mahlen, die Bäcker, die aus dem Mehl das Brucker-Land-Brot backen, die Verbraucher, die diese Produkte kaufen sowie die Kirchen, die - salopp gesagt - ihren Segen dazu geben. Zu diesen Säulen kommen noch Umwelt und Natur, die es zu schützen gilt. Ein Modell, entstanden als Gegenentwurf zur umweltzerstörerischen Billigproduktion, für das Tierwohl und vor allem für den ordentlichen Umgang zwischen Erzeuger und Verbraucher. Das alles ist auch heute noch so bei der Solidargemeinschaft, bei der jedes Vorstandsmitglied für eine der fünf Säulen steht, doch die Entwicklung der Regionalmarke "Unser Land" geht weiter, und deshalb nutzt die als GmbH geführte Vertriebsorganisation nun auch Wege, die die Gründer von Unser Land nie einschlagen wollten.

Der Brucker Bäcker Max Wimmer, bis jetzt größter Abnehmer des Brucker-Land-Mehls, war der erste, der diesen Weg nicht mitgehen wollte und ausstieg. Wimmer setzte das Mehl der Brucker-Land-Bauern für alle seine Backprodukte ein, saß jedes Jahr mit den Landwirten an einem Tisch, um über die Getreidemengen zu sprechen. Denn die Vertragspartner sollen nur so viel Getreide anbauen, wie die Bäcker verbrauchen können. So will man Überproduktionen vermeiden, die mit zu viel Dünge- und Spritzmitteleinsatz verbunden wären und letztlich dazu führen, das wertvolle Lebensmittel einfach weggeworfen werden.

Zwar gehört das frische Brucker-Land-Brot noch nicht zum Angebot des Versandhändlers Amazon, doch der Brucker Bäcker sah durch die neue Kooperation der Unser Land GmbH mit dem Versandhändler die einmal getroffenen Zielvereinbarungen als verraten an.

Doch was vertreibt Amazon eigentlich und wohin? Steffen Wilhelm, Vertriebsleiter bei der GmbH Unser Land mit Sitz in Esting, erklärt in einer Stellungnahme, dass Anfragen der Internetplattform Amazon.de, Lebensmittel von Unser Land in den Bestell- und Lieferservice aufzunehmen, bislang abgelehnt worden seien. Der Hauptgrund sei die bundesweite Verfügbarkeit, "die gegen unsere regionale beziehungsweise lokale Abgrenzung steht". Noch vor wenigen Wochen war allerdings das Brucker-Land-Mehl im Kilobeutel, das es auch in den Supermärkten zu kaufen gibt, im Sortiment von Amazon.de gelistet, jedoch zu dieser Zeit nicht verfügbar.

Nun hat aber der Frischlieferdienst des Handelsriesen mit "Prime Now" eine Tochterfirma, die genau diese Regionalität abbildet. Ein Liefer- und Bestellservice, der München und die Region abdeckt und damit die Gebiete, in dem das Netzwerk "Unser Land" existiert. Seit einen Dreivierteljahr nun gibt es zwischen Unser Land und Prime Now eine Kooperation, die die Bequemlichkeit beim Einkaufen fördert. "Immer mehr Menschen, gerade in Ballungsgebieten, gehen zum Einkauf aus diversen Gründen nicht mehr ausschließlich in die Läden, sondern nutzen auch Online-Bestelldienste", argumentiert der Vertriebsleiter.

Mit diesem Angebot folge man dem "Wunsch der Verbraucher, auch auf diesem Wege in den Genuss unserer regionalen, fair erzeugten und hochwertigen Produkte zu kommen." 45 gekühlte und ungekühlte Produkte aus dem großen Sortiment von Unser Land werden laut Wilhelm zwei Mal pro Woche von Prime Now an die Haushalte in München und Umgebung ausgeliefert. Brot sei jedoch nicht darunter. Dafür aber gibt es neuerdings eine Zusammenarbeit mit Rewe, die drei neue Brotsorten von Unser Land im Angebot haben. Gebacken wird es von einem Münchner Betrieb, der Mitglied von Unser Land ist und künftig das Kontingent des Brucker Bäckers Wimmer übernimmt.

Das "Brucker-Land-Brot" war die Keimzelle und Marke des Solidargedankens. Nach dem am 22. Januar dieses Jahres gestarteten Rewe-Brotes soll es vom 16. April an auch ein "Edeka-Brot" geben. Ein Mehrkorn-, ein Dinkel- und ein Bauernbrot sollen angeboten werden, im Unterschied zu Rewe wird es jedoch "bio" sein.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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