Ernährung:Wurstverkaufsstand statt Metzgerei

Die Zahl der Schlachtereien im Landkreis sinkt. Auch die Fleischproduktion ist rückläufig, der Trend geht zu magerem Geflügel

Von Julia Bergmann

Auch wenn es in der Heimat der Schweinshaxen und Weißwürste fast absurd erscheint: Die Fleischproduktion in Bayern ist gesunken. Das meldet das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung. 2013 wurden im Vergleich zum Vorjahr 9400 Tonnen weniger Fleisch erzeugt. Immerhin ein Minus von 1,1 Prozent.

Die Angaben für Geflügelproduktion ist in der Statistik nicht enthalten. Denn Rinder und Schweine werden an vielen Standorten geschlachtet, Geflügel hingegen nur an einigen wenigen. So könne man bei der Angabe von Zahlen nach einzelnen Landkreisen eventuell auf die Produktionsmenge eines einzigen Betriebs schließen, erklärt ein Pressesprecher. Und Zahlen eines Einzelbetriebes dürfe man in der Statistik nicht veröffentlichen. Fest steht allerdings, dass bayernweit die Geflügelproduktion steigt. 2013 wurden rund 161 400 Tonnen Geflügelfleisch produziert, das ist ein Anstieg von 0,8 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.

Engelbert Jais, Obermeister der Metzgerinnung Fürstenfeldbruck ist seit 36 Jahren im Geschäft. Auch im Landkreis sei ein Rückgang an Schlachtungen zu bemerken, bestätigt er. Und auch die Anzahl der Metzgereien sei drastisch gesunken. "Als ich 1977 meine Lehre begonnen habe, gab es in Fürstenfeldbruck noch 17 Metzger. Heute sind es nur noch zwei in der Stadt", sagt er. Ein möglicher Grund dafür sei der Trend zum Verzicht auf Fleisch, aber Jais vermutet den Hauptgrund an ganz anderer Stelle. Es ist der Preiskampf zwischen traditionellen Metzgern, die sich mit ihrem Beruf einem Handwerk verpflichtet fühlen, und den Großkonzernen.

Die großen Schlachtbetriebe, welche die Supermarktketten beliefern, finde man meist im Norden Deutschlands. In diesen Betrieben könne man wesentlich mehr und wesentlich günstiger schlachten. Schlachtung wie am Fließband sozusagen. Das bedeute auch, dass die Supermarktketten ihre Fleischprodukte weitaus billiger anbieten können. Es kommt zu einem Verdrängungskampf. Der lokale Metzger kann sich nicht mehr halten, der Kunde kauft im Supermarkt und der wird oft von den riesigen Schlachtbetrieben in Norddeutschland beliefert. So sei es kaum verwunderlich, dass in Bayern weniger Fleisch produziert wird, findet Jais.

Dabei habe man im Supermarkt kaum die Möglichkeit nachzuvollziehen, woher das Fleisch stammt, das man verzehrt. Man weiß nicht, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten, gefüttert und geschlachtet werden - ein großer Nachteil. "Oft findet man schöne Aufkleber von glücklichen Tieren auf einem sonnigen Bauernhof auf den Produkten. Mit der Realität hat das meist nichts zu tun", sagt Jais. Der Obermeister der Metzgerinnung kann aus eigener Erfahrung auch bestätigen, dass die Nachfrage der Kunden nach Geflügel in den letzten zehn Jahren stark gestiegen ist.

"Wenn ich schätzen müsste, waren es 100 Prozent Zuwachs in meinem Betrieb", sagt er. "Geflügel ist sehr mager. Schaut man sich Nährwerttabellen im Vergleich an, hat Geflügel den vergleichsweise geringsten Kaloriengehalt", sagt Jais. Vor allem jüngeren Kunden sei das wichtig. Auch die Brucker Ernährungswissenschaftlerin Sabine Wagner-Rauh bestätigt den Trend zur kalorienarmen und gesundheitsbewussten Ernährung.

Bei der Auswahl der Fleischsorte komme es aber grundsätzlich darauf an, welche Ziele man in der Ernährung verfolgt. So habe Geflügel etwas weniger Kalorien als Schweinefleisch. Eine Putenwurst etwa hat einen geringeren Fettgehalt als die Wurst vom Schwein. Wer also sein Gewicht reduzieren will, ist mit Putenfleisch gut beraten. "Aber natürlich gibt es auch Menschen, für die vor allem die artgerechte Haltung der Tiere eine Rolle spielt", verdeutlicht Wagner-Rauh.

Die hohe Nachfrage nach Geflügel wirke sich auch auf die Produktionsart aus. Riesengroße Betriebe, in denen die Vögel gedrängt stehen, seien keine Seltenheit. "Weil die Tiere auf engstem Raum gehalten werden, ist die Aufzucht ohne Antibiotikum kaum noch möglich", sagt sie. Denn wenn ein Tier erkrankt, wird allen Tieren ein Medikament verabreicht. Und letztlich nimmt auch der Verbraucher mit dem Verzehr des Fleisches das Antibiotikum auf. Auch deshalb sei der Kauf von Bio-Produkten aus kleinen, regionalen Betrieben empfehlenswert.

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