Fürstenfeldbruck:Wind, Sonne, Biogas, Erdwärme

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In Egg in der Gemeinde Mammendorf gibt es bereits eine Anlage, die Biomethan ins Erdgasnetz einspeist (im Hintergrund die beiden bislang einzigen großen Windräder im Landkreis). Egg gilt damit auch als einer der geeigneten Standorte für eine Kompost-Vergärungsanlage des Landkreises. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei einem Expertengespräch auf Einladung der BBV wird deutlich, dass die Energiewende im Landkreis nur mit einem Mix aus Erneuerbaren zu schaffen ist. Die Photovoltaik zeigt, dass sich das längst rechnet.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Auf dem Hausdach eine Photovoltaikanlage zu montieren, das lohnt sich garantiert für den eigenen Geldbeutel und die Umwelt. Und nur in Verbindung mit Fernwärme, Windstrom und Geothermie kann der Landkreis den angestrebten Ersatz der fossilen Energieträger schaffen. Das sind zwei der konkreten Erkenntnisse einer durchaus aufschlussreichen Podiumsdiskussion im Tagungsraum der Hans-Kiener-Stiftung, die sich mit einer Bestandsaufnahme und mit den Herausforderungen durch Energiekrise und Klimawandel beschäftigte.

Offene Diskussionsrunde vor etwa 50 Besuchern (von links): Stadtwerkechef Jan Hoppenstedt, Moderator Christian Götz, Sonnenenergieexperte Jakob Drexler und der Fachmann für Gebäudesanierung und Energiesparmaßnahmen Jürgen Honold. (Foto: Leonhard Simon)

Vor etwa 50 Besuchern moderierte Christian Götz, Sprecher der BBV-Fraktion im Stadtrat Fürstenfeldbruck, eine Diskussionsrunde mit Stadtwerkechef Jan Hoppenstedt, dem Experten für Gebäudesanierung und Vorstandsmitglied der Bürgergenossenschaft Sonnensegler, Jürgen Honold, sowie Jakob Drexler, der im Landkreis beim Thema Solartechnik so etwas wie ein Mann der ersten Stunde ist.

Stromproduktion und Strompreise

In einem Brief sei er auf die bevorstehende Erhöhung der Strompreise um etwa 40 Prozent auf knapp 40 Cent pro Kilowattstunde hingewiesen worden, so Christian Götz. Jan Hoppenstedt zufolge kaufen die Stadtwerke den Strom, den sie nicht selbst produzieren, konsequent drei Jahre im Voraus ein. Dadurch konnten sie die Ausschläge der Strombörse dämpfen. Nun aber schlagen die höheren Bezugspreise doch durch und müssen an die Kunden weitergegeben werden. Auf Nachfrage aus dem Publikum erklärt Hoppenstedt, dass die Stadtwerke auch für den eigentlich günstiger produzierten Ökostrom die hohen Preise bezahlen müssen. Die nämlich werden bestimmt durch die Kosten des im Vergleich teuersten Kraftwerks, das noch Strom einspeist (die sogenannte Merit Order). Auch von den zwölf bis 15 Prozent des Ökostrombedarfs, die von den Stadtwerken selbst erzeugt werden, profitieren die 55 000 Kunden nicht in Form niedrigerer Preise. Mehrerlöse werden von der städtischen Tochtergesellschaft für Mehrbelastungen an anderer Stelle benötigt. So rechnet Hoppenstedt durchaus mit Zahlungsausfällen, weil nicht alle Kunden sich Mehrbelastungen von um die 50 Euro (bei Gas teils 200 Euro) im Monat leisten können. Einen Härtefallfonds, wie von Götz angeregt, gibt es nicht. Im Fall von Zahlungsschwierigkeiten suche man aber nach gemeinsamen Lösungen wie etwa Ratenzahlung, so Hoppenstedt. Er rät Kunden, bei Problemen frühzeitig das Gespräch zu suchen.

46 Prozent des Stroms werden zurzeit im Landkreis von vielen kleinen und einigen großen Akteuren regenerativ erzeugt, bis 2035 sollen es hundert Prozent sein. Dafür wollen die Stadtwerke weiter Windkraft und Photovoltaik ausbauen. So wird die neue Freiflächen-PV-Anlage in Kottgeisering in diesen Tagen ans Netz gehen, zudem sind zwei Windräder auf Maisacher Gebiet und ein Windrad im Landkreis Dachau geplant. Anlagen auf Dächern sowie Freiflächenanlagen plant auch die 2021 gegründete Energiegenossenschaft Sonnensegler, die gerne weitere Mitglieder aufnehmen würde. Einer der Genossen ist Jürgen Honold, Ingenieur und Gemeinderat in Puchheim. Erklärtes Ziel ist es, die Wertschöpfung der Energiewende im Landkreis zu halten. Hilfreich ist dabei auch der von der Politik angekündigte Abbau bürokratischer und steuerlicher Hürden für den Betrieb privat genutzter PV-Anlagen, der noch in diesem Jahr in Kraft treten soll. Auch ohne Zuschüsse hat eine PV-Anlage damit in der Regel spätestens nach zehn Jahren die Investitionskosten wieder eingespielt und wirft in den folgenden ein bis zwei Jahrzehnten Gewinn ab.

Energiesparen und effizient heizen

Die Energiewende lässt sich nur gemeinsam und in einem Bündel von Maßnahmen erreichen. So sieht das Jakob Drexler. Der Kreisrat ist Mitglied im Klimawendeverein Ziel 21 und von Agenda 21 und freiberuflicher Berater für Solaranlagen und Speichersysteme. In der Energiekrise in Folge des Ukrainekriegs sieht er auch eine Chance, den Umstieg auf die Regenerierbaren zu beschleunigen. Einen wichtigen Beitrag könne bereits das Energiesparen leisten, sechs Prozent bei Strom und 20 Prozent bei Gas hält Drexler für realistisch. Bares Geld sparen auf lange Sicht Hausbesitzer durch eine vom Staat bezuschusste Wärmedämmung. Kurzfristig lässt sich aber bereits mit der Reduzierung der Vorlauftemperatur bei Heizungsanlagen viel erreichen. Ein Fünftel des russischen Gases ließe sich zudem ersetzen durch im Landkreis produziertes Biogas, das in Form von Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist und auch gespeichert werden kann und damit eine gute Ergänzung zu Wind- und Wasserkraft sowie Sonnenenergie ist. Drexler will aber nicht die Anbauflächen für Mais vergrößern, sondern im Verbund mit Starnberg und Dachau vorrangig Abfälle und Kompost vergären. Ein denkbarer Standort ist Geiselbullach, wo die gemeinsame Müllverbrennungsanlage der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau steht. Drexlers Favorit aber ist Egg in der Gemeinde Mammendorf. Dort gibt es bereits eine leistungsfähige Biomethananlage, die ins Erdgasnetz einspeist. Im März sollen dem Kreistag geeignete Standorte vorgeschlagen werden.

Fernwärme und Geothermie

Der Ausbau der Fernwärmenetze im Landkreis ist Honold zufolge lange verschlafen worden. Für die östlichen Landkreisgemeinden wäre auch Geothermie eine Option. In Puchheim wurde ein solches Projekt per Bürgerentscheid zu Fall gebracht - das war allerdings lange vor dem Ukrainekrieg und der Erkenntnis, dass man sich unabhängig machen muss von russischem Erdgas. Überholt ist auch die von den Stadtwerken 2006 in Auftrag gegebene Untersuchung der Geothermie, die damals angesichts der millionenteuren Bohrungen noch als unwirtschaftlich eingestuft wurde. Mit Blick auf das neue Wohnquartier, das auf dem Fliegerhorst entstehen soll, bezeichnete Hoppenstedt die Erdwärme durchaus als Option, die zu prüfen aussichtsreich sein könnte.

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