Emmering:Schwindendes Interesse

Junge Union 60 Jahre in Emmering; mit Schnauzer und weißem Hemd: JU-Vorsitzender Wolfgang Vogt

Im Gespräch: JU-Vorsitzender Wolfgang Vogt bei der Feier zum 60-jährigen Bestehen in Emmering,

(Foto: Matthias F. Döring)

Junge Union kämpft zum Jubiläum mit Mitgliederrückgang

Von Karl-Wilhelm Götte, Emmering

Die Junge Union (JU) im Landkreis ist 60 Jahre alt geworden. Und was tat die CSU-Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler? Sie schenkt dem JU-Kreisvorsitzenden Wolfgang Vogt bei der 60-Jahr-Feier einen Aufnahmeantrag für die Seniorenunion. Vogt, 24 Jahre alt, nahm es mit Humor. Der Rechtsreferendar, der seit Juni im Amt ist, muss sich ganz anderen Herausforderungen stellen. Er soll den Mitgliedertrend nach unten stoppen und politische Ideen erarbeiten, wie junge Menschen wieder verstärkt den Weg in die JU finden. Die Jubiläumsfeier beim "Alten Wirt" haben die Mitglieder offenbar boykottiert. Wer eine Party erwartete, sah sich getäuscht. Nur 20 Besucher waren da, vor allem Funktionäre, ehemalige JU-Mitglieder und ältere Ehrengäste.

195 Mitglieder in sechs Ortsverbänden zählt die JU im Landkreis. So wenige sind es seit 1971 nicht gewesen. Vor zehn Jahren waren es noch 447. Das war die Zeit, als der Gröbenzeller Thomas Breitenfellner sich als JU-Aktivist betätigte und als Kreisvorsitzender massenhaft JU-Mitglieder anwarb. "Von denen sind heute viele über 35 Jahre alt und altersmäßig herausgefallen", erklärte Vogt den Schwund. Breitenfelder, der von 2003 bis 2009 Vorsitzender gewesen ist, war nicht anwesend. In seiner Begrüßungsrede legte Vogt, der 2014 mit 18 Jahren in den Moorenweiser Gemeinderat gewählt wurde, auch den Finger in die Wunde. "Wir haben ein massives Problem bei den Erstwählern", sagte er und verwies auf die Europawahlen. Dort habe die CSU nur neun Prozent bei den Erstwählern erzielt. "Das waren genauso viele, wie für die Satirepartei 'Die Partei' gestimmt haben", so Vogt selbstkritisch. "Dabei geht es uns wirtschaftlich wahnsinnig gut", urteilte der Kreisvorsitzende, der den Staat als "beschissenen Unternehmer" bezeichnete.

Vogt hat zur Kenntnis genommen, dass die Jugend-Massenbewegung "Fridays for Future" an der Jungen Union vorbei läuft und sie darauf keine Antworten hat. Nur eine allgemeine: "Wir müssen die jungen Leute da abholen, wo sie sind." Auch der JU-Bezirksvorsitzende von Oberbayern, Daniel Artmann, zeigte sich in seinem Grußwort ratlos. "Auch die katholische Landjugend ist nicht mehr JU-Klientel", bedauerte der Rosenheimer. Artmann verstieg sich dazu, "Fridays for Future" in einem Atemzug mit Trump und der AfD zu nennen, weil auch sie Probleme auf Schlagworte oder ein Foto verkürzten. Artmann forderte dagegen, "mit technologischem Fortschritt den Wandel herbeizuführen". Wie das genau gehen soll, erklärte er nicht. Artmann wandte sich direkt an Staffler und kritisierte den Kompromiss der Bundesregierung zur Grundrente. "Das geht auf Kosten der nachfolgenden Generationen", monierte der 31-Jährige, der für sich später mal eine gesetzliche Rente von "maximal 15 Prozent" des vorigen Einkommens erwartet. "Der Wunsch der JU ist es", meinte Artmann, "das gesamte Rentensystem vom Kopf auf die Füße zu stellen." Was er exakt damit meinte, sagte Artmann nicht.

Staffler, die 2005 von Breitenfellner für die Junge Union geworben wurde, nahm die Kritik Artmanns gelassen hin. Die 38-jährige Politikerin ist seit diesem Jahr CSU-Kreisvorsitzende. "Die JU hat den Kreisvorstand fest im Griff", sagte sie. Sie kandidiere im März für den Kreistag und sieben JU-Mitglieder seien unter den ersten 21 auf der Kreistagsliste. Auf Platz 21 ist JU-Chef Vogt nominiert. "Das hat es noch nie gegeben", schwärmte Staffler geradezu von der JU-Präsenz auf der Liste. "Damit stehen wir besser da als andere Parteien." Gemeint war wohl die SPD, die nur auf zwei Jusos auf den ersten 20 Listenplätzen kommt.

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