Emmering:IT-Experte mit sozialem Engagement

Lesezeit: 3 min

"Das Leben ist ein Nehmen und Geben", sagt Franz Pieper, neuer Vorsitzender des Stiftungsrates der Bürgerstiftung für den Landkreis. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck hat einen neuen Stiftungsratsvorsitzenden gefunden

Von Christian Hufnagel, Emmering

Für Frank Pieper ist das Leben "ein Nehmen und Geben". Was der 60-Jährige mit dieser demütigen Weltsicht erhalten hat, ist für ihn eine Menge. Privat eine Familie mit drei inzwischen erwachsenen Kindern, und beruflich ist es für den studierten Betriebswirtschaftler in der IT-Branche bis heute so gelaufen, dass er unumwunden bekennt: "Uns geht es gut." Und das bezieht sich nicht zuletzt auf seine Firma "net extend", mit der sich der Emmeringer vor ein paar Jahren als Internet-Dienstleister selbständig gemacht hat, um Unternehmen "flexible Anwendungen und Lösungen zu ermöglichen".

Wer es also mit einem Gefühl der Dankbarkeit empfindet, viel vom Leben bekommen zu haben, speist daraus den Antrieb, anderen Menschen etwa zurückzugeben. Und so begleiten den gebürtigen Schleswig-Holsteiner und seine Ehefrau Sabine stets Ehrenämter, seit sie vor 15 Jahren nach Emmering gezogen sind: vom Kindergarten über die Schule bis hin zum Sportverein. Beim TV Emmering war der IT-Experte zuerst Abteilungsleiter für den Erwachsenensport, seit acht Jahren wacht er über die Finanzen des Gesamtvereins und beinahe hätte sein ehrenamtliches Engagement ihm auch noch eine kommunalpolitische Karriere beschert. Aber die Freien Wähler schnitten bei den Kommunalwahlen im März in Emmering nicht so gut ab, als dass es für ihn als Kandidat auf Listenplatz neun zum Einzug in den Gemeinderat gereicht hätte. So war Pieper vermutlich für ein anderes Ehrenamt frei, in das er jüngst gewählt und das er auch gerne angenommen hat: Er ist nun Vorsitzender des Stiftungsrates der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck.

Mehr als ein Jahr war diese wichtige Position kommissarisch besetzt gewesen, nach dem altersbedingten Ausscheiden von Adolf Eiber. Für dieses Amt sollte man nicht nur eine Menge Zeit mitbringen, sondern vor allem auch eine Liebe und ein Wissen für und um Zahlen. Das unterstreicht ein Blick auf den Werdegang der Bürgerstiftung: 1999 wurde sie von 147 Stiftern mit 100 000 Mark gegründet. Heute sind es 400 Stifter und 250 Ehrenamtliche. Und das Vermögen ist inzwischen auf 4,8 Millionen Euro angewachsen. Das Ziel: "Gemeinschaftlich möchten wir unsere Region lebenswerter machen und Menschen helfen", wie es auf der Homepage formuliert ist. Dazu engagiert man sich in den Bereichen Jugend, Senioren und Soziales, Kunst, Kultur und Denkmalpflege sowie Natur- und Umweltschutz. Derzeit unterhält die Stiftung 13 eigene soziale Projekte, zu denen vier Tafelläden gehören.

Für letztgenannte Einrichtung arbeitet Piepers Ehefrau seit ein paar Jahren. So ist auch ihr Mann mit der Bürgerstiftung in Berührung gekommen. Aus reinen Zustiftern wurden ehrenamtliche Mitarbeiter: "Die Inhalte finde ich toll. Wir stiften Lebensqualität", schwärmt der neue Stiftungsratsvorsitzende und führt ein aktuelles Beispiel auf, nämlich die "Seniorenkonzerte". Man übernimmt die Gage von Musikern, die in und vor Senioreneinrichtungen im Landkreis spielen und in den Monaten der Corona-Isolation den Bewohnern ein wenig Unterhaltung bieten. Zugleich ist Pieper froh, dass Künstler unterstützt werden, ein Berufsgruppe, die schließlich in besonderem Maße unter der Pandemie und ihren Folgen zu leiden habe.

Ganz allgemein begeistert sich der Emmeringer für den grundsätzlichen Ansatz der Stiftung: "Da steckt das Wort Bürger darin". Und bürgerliches Engagement ist für den Emmeringer Unternehmer "in unserer Gesellschaft sehr gefragt". Sein Einsatz auf diesem Gebiet beschert Pieper viel Verantwortung und einige Herausforderungen. Er steht einem Rat vor, der mindestens sieben, maximal 21 Mitglieder hat. Und dessen Aufgabe unter anderem die "Vermehrung des Stiftungsvermögens" ist. In Zeiten des Niedrigzinses kein leichtes Unterfangen: "Der Geldzufluss ist viel schwieriger geworden", sagt Pieper. Das Geld müsse direkter erwirtschaftet werden als über die alten Zinsmodelle. Unter dem Stichwort "Fundraising" werden neue Wege diskutiert, finanzielle Mittel zu beschaffen. Pieper nennt beispielhaft Paten für Kostenfaktoren wie Büro und IT oder einen Anteil an Produkten wie Stiftungsbier und Stiftungsburger. Man kauft ein Produkt, ein Euro geht an die Stiftung.

Solche Ideen zum Erlös will Pieper zusammen mit dem Stiftungsrat weiter ausarbeiten, die dann der Vorstand um Vorsitzende Dorothee von Bary umsetzen wird. Derartige innovative Prozesse sind dem Geschäftsmann nicht fremd. Im Gegenteil: Beruflich war er immer in große Veränderungen involviert. Angestellt bei IBM und Compuserve war in den vergangenen Jahrzehnten mit dabei bei nichts Geringerem als dem Aufbau des Internets beschäftigt. Da mögen sich die Finanzen der Fürstenfeldbrucker Bürgerstiftung in der Ehrenamtsperiode von Frank Pieper doch nun ähnlich rasant entwickeln wie das World Wide Web während dessen Berufsleben.

© SZ vom 21.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: