Emmering:Emotionen eines Geigers

Der 13-jährige Geiger Tassilo Probst, nominiert für den Tassilo-Preis im Gasteig, im Raum 207 beim Unterricht bei seiner Hochhschullehrerin.

Vor seinem großen Auftritt im Gasteig in München: der junge Geiger Tassilo Probst.

(Foto: Florian Peljak)

Der 14-jährige Tassilo Probst will sein Spiel weiter perfektionieren

Von Julia Bergmann, Emmering

Eines will Tassilo Probst absolut nicht: dass irgendjemand ihm das Etikett "Wunderkind" verpasst. Auch nicht dann, wenn sein Geigenlehrer David Frühwirth sagt, er selbst hätte im Alter von 14 Jahren kein Violinkonzert von Alexander Glasunow spielen können. Genau das macht Tassilo Probst am Samstag, wenn er gemeinsam mit der Bad Reichenhaller Philharmonie für "Bestnoten hören", das Preisträgerkonzert des Bezirks Oberbayern von Jugend musiziert, als Solist auf der Bühne steht. Höchst ambitioniert ist das, was der vielfach preisgekrönte Emmeringer Geiger, der im Alter von vier Jahren begonnen hat zu spielen, sich da vorgenommen hat. Immerhin ist der russische Komponist Glasunow dafür bekannt, dass seine Stücke sehr anspruchsvoll zu spielen und nicht einfach zu greifen sind.

Es ist eine Herausforderung die Tassilo gerne annimmt, er mag es, gefordert zu werden und arbeitet mit voller Konzentration daran, sein Spiel weiter zu perfektionieren. Obwohl es für den Musiker das erste Mal sein wird, dass er mit einem großen Orchester zusammen spielt, ist er zwei Tage vor dem Auftritt kein bisschen nervös. "Das kommt immer erst danach", sagt er lächelnd, um hinterherzuschieben: "Dann kommt der Kommentar von meinem Geigenlehrer."

Die heiße Phase der Vorbereitung war bereits zwei Wochen vor dem Konzert abgeschlossen. Kurz vor dem Auftritt in Bad Reichenhall arbeitet Tassilo mit seinem Lehrer am Feinschliff. "Wir arbeiten vor allem an den Emotionen", sagt Tassilo. Und das geschieht, indem sein Lehrer ihm Szenerien und Bilder beschreibt, in die sich der Geiger hineinversetzen soll, so dass er das, was er spielt auch fühlt und das was er fühlt, sein Spiel authentischer klingen lässt. Was das bedeutet? Tassilo greift zur Geige und setzt zum 3. Satz von Glasunows Violinkonzert a-moll, op. 82S an. Bald ist der Raum erfüllt von einer heiteren Melodie, von hüpfenden Klängen, die sich in einem rasanten Reigen bewegen zu scheinen. Schließt man die Augen, meint man, die schwingenden Röcke tanzender Frauen auf einem längst vergangenen russischen Volksfest spüren zu können.

Um die Kontraste zu verdeutlichen, die das Violinkonzert bereit hält, spielt Tassilo den Anfang des Violinkonzerts an, der langsamer und melancholischer klingt. "Ich denke dabei immer an David Oistrach", erklärt er und zeigt auf eine schwarz-weiß Aufnahme des sowjetischen Geigers. Oistrachs Miene ist ernst, in seinen dunklen Augen liegt ein schwermütiger Blick, der ziemlich genau den Ton trifft, der auch in der Melodie liegt, die Tassilo vorgespielt hat.

Tassilo, der seit etwa einem Jahr Jungstudent an der Hochschule für Musik in München ist und dort von Sonja Korkeala unterrichtet wird, hat eine Vorliebe für russische Komponisten. Auch für den Bundeswettbewerb von Jugend musiziert hat er ausschließlich russische Stücke ausgewählt. Ungewöhnlich, entscheiden sich doch viele der Nachwuchstalente für Mozart oder Bach. "Mir gefällt dieser russische Klang, die tiefen Töne. Man spürt einfach diese Weite", sagt er. Glasunows Violinkonzert sei sein zweitliebstes nach Tschaikowskis. Für seinen Auftritt habe er aber bewusst nicht Tschaikowski ausgewählt. "Ich wollte etwas, das nicht so oft gespielt wird", sagt er.

Auf sein bevorstehendes Konzert hat er sich ausgiebig vorbereitet. Drei bis fünf Stunden lange Proben am Tag seien vor großen Auftritten keine Seltenheit. Und das ist auch der Grund dafür, dass Tassilo nicht als Wunderkind bezeichnet werden möchte. "Das klingt, als würde ich das so nebenbei machen", sagt er. Aber um auf solchem Niveau zu musizieren, braucht es Ehrgeiz und harte Arbeit. Weil das Geigenspiel aber seine Leidenschaft ist und für ihn feststeht, dass er das Musizieren zu seinem Beruf machen will, ist das für Tassilo kein Problem. Immerhin: "Jeder Geiger träumt davon, mal mit einem Orchester zu spielen." Für ihn wird der Traum jetzt wahr.

Das Preisträgerkonzert des Bezirks Oberbayern "Bestnoten hören" beginnt am Samstag, 8. Oktober, um 19.30 Uhr im Theater Bad Reichenhall.

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