Elektronische Kunst:Ein Himmel voller Sternschnuppen

Die Ausstellung "Licht - Klang - Bewegung" im Puc beschäftigt sich mit den verschiedenen Facetten elektronisch unterstützter Kunst

Von Florian J. Haamann

Ausstellung Puc "licht - klang - bewegung"

Barbara von Schoeler adressiert ihre Gedichtkunstwerke in der Ausstellung stets an ihr "liebes Ich"

(Foto: Florian Haamann/OH)

Es klackt und rauscht und blinkt derzeit überall auf der Galerie im Puc. An den Wänden sind weiße und bunte Lichter zu sehen, aus Lautsprechern ertönen mal abstrakte Geräusche und dann wieder aus der anderen Ecke eine christlich anmutende Melodie. Sie dringt aus einem massiven schwarzen Block, der stark an einen Grabstein erinnert. In großen Buchstaben steht darauf "Publikum", darüber ist der Lautsprecher eingelassen. Daneben steht ein gleicher Block, nur dass dieser die Aufschrift "Orakel" trägt - und dass aus seinem Lautsprecher keine Töne dringen. Das Publikum - die Masse also - verspricht dem Betrachter Erlösung, während er von der höheren Macht alleine gelassen wird. Kaum lässt man sich in einem Moment der Stille gedanklich auf dieses Kunstwerk ein, tönt es schon wieder aus der anderen Ecke.

Es ist also nicht leicht, sich auf die Kunstwerke zu konzentrieren, die die Ausstellung "Licht - Klang - Bewegung" im Puc zeigt. Ausgestellt werden etwa dreißig sehr verschiedene Werke mehrerer Künstler, die sich alle in irgendeiner Form mit dem Thema Licht, Bewegung und Klang beschäftigen. Die meisten von ihnen sind elektronische Kunstwerke.

So wie ein Teil der Bilder von Hajo Drott. Der 1929 geborene Künstler studierte Chemie und Physik in Halle, danach Kunstgeschichte und Philosophie in München und hat über computergenerierte Bildwelten promoviert. Seine Werke tragen Titel wie "Nicht-Euklidischer Raum V" oder "Euklidischer Lichtraum VI". Zu sehen sind darauf geometrische Muster, in denen kleine LED-Lämpchen aufleuchten und damit neue Strukturen und Bewegung erzeugen. Sie erinnern an Bildschirme in Schaltzentralen, man kann sie sich gut zwischen anderen blinkenden und zahlengetränkten Monitoren vorstellen. Auch drei gedruckte Grafiken und eine Aneinanderreihung von Videoinstallationen von Drott werden gezeigt.

Mit der Ausstellung wollen die Veranstalter einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten zeigen, dem elektrischen Strom ein Forum in der Kunst zu bieten, wie sie es in der Beschreibung der Ausstellung formulieren. Und im gewissen Rahmen gelingt ihnen das ganz gut. Die verschiedenen Gruppen von Werken unterscheiden sich doch ganz erheblich, kreisen aber alle um einen fixen Punkt - das Elektrische. Bis hin zu einer kleinen Skulptur von Peter Vogel, die zwar nicht elektrisch betrieben wird, aber aus elektrischen Teilen besteht und aussieht, als würde sie gleich anfangen sich zu bewegen, um den Betrachter anzuspringen oder mit Laserstrahlen zu beschießen.

Diese Vielfalt ist gleichzeitig das Problem der Ausstellung. Auf dem relativ kleinen Raum wirken die Kunstwerke teilweise gedrängt und die vielen optischen und akustischen Reize erschweren es zusätzlich, sich intensiver mit einem Werk zu beschäftigen, sich auf seine Bewegungen und Veränderungen einzulassen. Dazu kommt, dass einige Werke nicht betitelt sind und man als Betrachter manchmal nur raten kann, zu welchem der zwischen ihnen auf Infozetteln vorgestellten Künstlern sie gehören.

Ganz klar zueinandergehörig präsentiert sich die Gedichtkunst Barbara von Schoelers. Auf in verschiedenen Farben beleuchteten Tafeln präsentiert sie kurze Gedichte, die sie immer an ihr "liebes Ich" adressiert. So steht beispielsweise auf eine rote Tafel geschrieben: "Du liebes ich/beruhige dich/lehn dich zurück/einen kleinen Augenblick". Wie die Werke mit den verschiedenen Texten so eng nebeneinander hängen, wirken sie allerdings ein wenig wie Wanddeko für Menschen auf der Suche nach sich selbst und fallen damit etwas aus Reihe der anderen Exponate heraus.

Gut ins Konzept passen wiederum die Werke des Argentiniers Julio Le Parc. Eines davon besteht aus einer Lichtquelle über der sich eine Metallscheibe mit verschieden großen Öffnungen dreht. Darüber befinden sich gebogene Metallplättchen die das Licht brechen und zu anderen Plättchen reflektiert. Durch die Drehung der Scheibe ändert sich die Lichtstruktur ständig. Immer wieder hat man beim Betrachten der Exponate das Bedürfnis, hinter die Bilder zu blicken, ihre Mechanik zu verstehen, zu schauen, welche Kabel wohin führen, zu sehen, wie alles zusammenhängt. Genau das ermöglichen die Kunstwerke von Walter Giers. Denn sie tragen ihre Technik offen zur Schau. Dennoch versteht man als Betrachter nicht, was in diesen winzigen Teilchen, den Kondensatoren und Transistoren passiert, bevor das Werk anfängt zu leuchten. So bleibt man für einen Augenblick ernüchtert zurück, weil einen all die Offenheit auch nicht weiter bringt.

Aber schon im nächsten Moment verfängt sich der Blick an einem anderen Kunstwerk, etwa an den schwarzen Flächen von Hans Schork, die durch kleine Lichtkanäle unterbrochen sind. Die ständige Bewegung der kleinen Lichtpunkte auf schwarzem Grund erinnert an einen klaren Himmel nicht voller Sterne, sondern voll tanzender Sternschnuppen. Als dann noch der himmlische Klang aus dem Publikums-Lautsprecher dringt, fühlt man sich für einen Moment wie auf einer kosmischen Umlaufbahn.

Die Ausstellung "Licht - Klang - Bewegung" läuft noch bis zum 3. November im ersten Stock im Puc in Puchheim. Die Öffnungszeiten sind Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag: 8 bis 12 Uhr, Dienstag: 14 bis 16 Uhr, Donnerstag: 14 bis 18 Uhr, Mittwochs geschlossen.

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