Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Plädoyer für die Eishalle

Die sportpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion besucht die Amperoase und ist sich einig mit den Vertretern des Fürstenfeldbrucker Eislaufvereins.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Fürstenfeldbruck verfügt noch über die notwendigen Strukturen für den Wintersportbetrieb - in Form des offenen Eisstadions. Um diese zu erhalten, müsste die Eisfläche aber mindestens überdacht oder am besten gleich durch eine Eishalle ersetzt werden, sonst setzt der bereits spürbare Klimawandel allen Ambitionen ein Ende. Und dies trotz der steigenden Nachfrage nach Schlittschuhlaufen und Eishockeyspielen vor allem bei Jugendlichen und dem Umstand, dass gerade Kinder sich im Winter sonst kaum sportlich betätigen können - zumal die Fahrt in weit entfernte und halbwegs schneesichere Skigebiete nicht allen möglich ist und dies aus Gründen des Klimaschutzes auch nicht unproblematisch ist. Zu diesem Schluss sind Diana Stachowitz, sportpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, und Vertreter des Eislaufvereins EVF sowie der Brucker SPD-Stadtrat und Oberbürgermeisterkandidat Philipp Heimerl bei einem Ortstermin am Dienstag gekommen.

Eine Eishalle, die der Bevölkerung und auch den beiden Vereinen EVF und ERCF (Eis- und Rollsport-Club) seit Jahrzehnten von der Politik immer mal wieder mehr oder weniger verbindlich in Aussicht gestellt worden ist, ist eines der großen Themen im aktuellen Oberbürgermeister-Wahlkampf. Offen ist, ob sich die Stadt ein solches millionenschweres Projekt leisten kann und ob man dieses aus Gründen der Kosten und der Synergieeffekte (wie Nutzung der Abwärme der Eisanlage zum Heizen des Badewassers) als bauliche Einheit planen sollte.

Als die Landtagsabgeordnete und der SPD-Fraktionsvorsitzende abends auf dem Gelände der Amperoase eintreffen, herrscht auf der Eisfläche bereits Hochbetrieb: 36 Kinder der U11-Mannschaften laufen Slalom um bunte Hütchen, sprinten auf Kommando oder schlagen den schwarzen Puck mit dem Schläger in eines der kleinen Tore. Alle sind bestens ausgerüstet, tragen zum Schutz vergitterte Helme und sind unter Anleitung mehrerer Trainer begeistert bei der Sache. Der Andrang gerade auch im Jugendbereich sei groß, konstatiert Jugendleiterin Astrid Krause-Selder. An diesem Tag sind mal wieder sechs Kinder zum "Schnuppertraining" gekommen. Das größte Nadelöhr haben alle schon hinter sich: in den viel zu kleinen und sehr maroden Umkleiden. Nur unwesentlich mehr Platz haben die Eishockeyspieler der U9 mit 27 und der U7 mit 24 Kindern.

Diana Stachowitz zeigt sich sehr angetan von der Arbeit des Vereins und nimmt das zum Anlass, für den Erhalt der Strukturen zu werben. Jede Eisfläche, die verschwinde, sei unwiederbringlich verloren. Und nicht zuletzt angesichts der zunehmenden Bewegungsdefizite bei Kindern und den gesundheitlichen Folgen gelte es dies unbedingt zu vermeiden - "das müssen wir uns leisten, noch ist Bayern ja auch ein Eissportland". Die SPD setze sich dafür ein, dass Projekte wie der schon aus energetischen Gründen gebotene Bau von Eishallen finanziell gefördert werden, ebenso wie der anschließende Betrieb.

Zum "Durchatmen und Konzentrieren" fordert nebenan ein Betreuer seine versammelten Schützlinge auf. Konrad Schober, viele Jahre Abteilungsleiter Eislauf und Trainer beim EVF, atmet ebenfalls kurz durch. Das reicht, um sich die lange Leidensgeschichte mit Blick auf die Eishalle wieder in Erinnerung zu rufen. Immer wieder wurde man vertröstet. Immer wieder hieß es: Die maroden Anlagen rundherum braucht man gar nicht mehr sanieren, es wird ja bald eine Halle gebaut. Die aber kam nie, obwohl das offene Stadion doch schon wegen des CO₂-Fußabdrucks und der Energiekosten der reinste Wahnsinn ist. Und obwohl die Saison, in der es dort Eis gemacht werden kann, immer kürzer wird. November bis März? Es war einmal - so fangen Märchen an, die allesamt in der Vergangenheit und damit vor dem spürbaren Einsetzen der Erderwärmung spielen.

Für Kinder und Jugendliche ist das ebenso ein Problem wie für die erwachsenen Eishockeyspieler: Ob Punktspiele stattfinden können, wird zur Glückssache. Bei zehn Grad plus kann man das Eislaufen vergessen. Für eine große Kreisstadt ein Unding, findet Philipp Heimerl. Es reiche nicht, Fußball, Basketball und Handball anzubieten. Von der Staatsregierung würden die Städte da aber alleingelassen. Einem privaten Investor will Heimerl solche grundlegenden Bereiche aber auch nicht überlassen, selbst dann, wenn einer Interesse bekunden würde.

Das sieht Schober ähnlich. Ein schmaler Grat, denn Investoren wollen profitabel arbeiten, es ist der Gegenentwurf des ehrenamtlich orientierten Vereinssports. "Das soll in öffentlicher Hand bleiben", findet Heimerl, der den Sport zur Daseinsvorsorge zählt, für die originär die öffentliche Hand zuständig sein soll. Die Stadtwerke als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt sind für Bau und Betrieb der Amperoase zuständig, und das soll so bleiben. Heimerl hat selbst in der Schule das Schlittschuhlaufen im Brucker Eisstadion gelernt. Dass die Stadt sich die Kultur viel Geld kosten lässt, findet er richtig. Aber Breiten- und Vereinssport dürften darüber nicht zu kurz kommen.

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