Fernverkehr:Schnellverbindung in die Schweiz

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Ein mit Korkrinde beladener Güterzug kommt im Sommer 1967 in Puchheim an. Fünf Jahre später hält dort im Olympia-Jahr die S-Bahn. (Foto: Andreas Knipping/oh)

Am 1. Mai begehen der Modelleisenbahnclub und das Feldbahnmuseum in Fürstenfeldbruck die Eröffnung der Bahnlinie von München über Bruck nach Kaufering vor 150 Jahren.

Von Manfred Amann und Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Am 1. Mai vor 150 Jahren fuhr zum ersten Mal ein Zug auf der neuen Strecke zwischen Pasing und Buchloe. Damals wurde auch der Bahnhof Fürstenfeldbruck eröffnet und an den Haltestationen war Überlieferungen zufolge einiges los. Die Stadt Fürstenfeldbruck und die an der Bahn liegenden Gemeinden nehmen das Jubiläum nicht zum Anlass, an die Geschichte der Eisenbahn im Landkreis mit Vorträgen oder Feiern zu erinnern. Lediglich die Stadt Puchheim hat angekündigt, über die Eröffnung der Bahnlinie und ihres Bahnhofs im kommenden Jahr in noch nicht genau geplanter Form zu informieren. Die Haltestelle Puchheim war 1874 eröffnet worden. So bleibt es dem Feldbahnmuseum in Fürstenfeldbruck überlassen, am Montag, 1. Mai, das Jubiläumsjahr zu würdigen. In der Anlage des Vereins am Bahnhof Fürstenfeldbruck werden von zehn bis 17 Uhr zusätzlich zum üblichen Programm Bilder ausgestellt, die an den Bau erinnern. Zudem feiert der Modelleisenbahnclub das Bahnhofsjubiläum mit einer Sonderbriefmarke, die am 1. Mai verkauft wird. "Auch der Feldbahnbetrieb steht im Zeichen des Bahnhofsbaus in Bruck, das damals namentlich noch vom ehemaligen Kloster Fürstenfeld getrennt war und erst 1908 zu einer Ortsbezeichnung verschmolzen wurde."

Einen kleinen Einblick in die Eisenbahngeschichte bot unlängst der Ortsarchivar von Türkenfeld, Dieter Heß, im Rahmen einer Vereinsversammlung. Ob in Grafrath die Anregung von Archivarin Christel Hiltmann aufgegriffen wird, wie vor zehn Jahren anlässlich des 140. Jubiläums, eine kleine Ausstellung zusammenzustellen, ist noch offen. Denkbar wäre laut Kulturreferentin Sybilla Rathmann auch eine Ausstellung von archäologischen Funden, die beim Bau der Eisenbahnlinie ausgegraben wurden.

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Als am 1. Mai 1873 in Pasing, das damals noch kein Stadtteil von München war, zum ersten Mal der Zug in Richtung Buchloe dampfte, war dies ein großes Ereignis. Ein solches Schauspiel hatte bis dahin dort noch niemand erlebt. Mit großer Aufregung und Spannung verfolgte eine Vielzahl Neugieriger die Fahrt mit diesem neuen und Schreck einflößenden Ungetüm. Die Planung des neuen 60 Kilometer langen Abschnitts über Bruck, Geltendorf und Kaufering, der mit der Anschlussstrecke Buchloe-Memmingen der "Allgäu-Bahn" zugerechnet wird, hatte 1860 begonnen. Da der politische Druck immer stärker geworden war, der vor allem zur Förderung des Handelsverkehrs und zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit ein engmaschigeres Eisenbahnnetz in Bayern forderte, unterzeichnete König Ludwig II. am 29. April 1869 das Gesetz zum Bau von 22 neuen Hauptbahnen. Eine davon war die "Memminger Linie" über Bruck, für die eine Bausumme von 13 Millionen Gulden veranschlagt wurde. Eine Alternativplanung sah eine Linienführung von Pasing über Stegen am Ammersee und Landsberg am Lech nach Buchloe vor. Diese wurde jedoch verworfen, weil für die Durchquerung des Ampermooses und für den notwendigen Bau von Hochwasserschutzmaßnahmen deutlich höhere Kosten entstanden wären.

Eine steinerne Eisenbahnbrücke wird zwischen 1870 und 1872 über die Amper in Fürstenfeldbruck gebaut. Die Brücke steht bis 1984, ehe sie durch eine neue ersetzt wird. (Foto: Günther Reger)

Aufwändig war der Gleisbau bei Bruck, weil der Engelsberg 36 Meter tief angeschnitten werden und über die Amper eine zwölf Meter hohe Brücke errichtet werden musste. 1984 wurde diese Brücke gesprengt und durch eine neue entsetzt, über die auch heute noch der Fernzugverkehr in die Schweiz unterwegs ist.

Mit der Bahn kam die wirtschaftliche Entwicklung in der gesamten Region in Schwung und dort, wo ursprünglich nur Haltepunkte waren, entwickelten sich bald Siedlungen mit großen Bahnhöfen. So entstand zum Beispiel am Haltepunkt nördlich des Dorfes Puchheim der Ortsteil Puchheim-Bahnhof, der heute als Stadt mit rund 22.500 Einwohnern neben Fürstenfeldbruck zu den bedeutendsten Kommunen im westlichen Speckgürtel der Landeshauptstadt gehört. Andreas Knipping aus Eichenau kennt sich mit der Geschichte der Bahnlinie und ihrer Bedeutung sehr gut aus. Als Bub erlebte er noch die Dampfzüge, die durch die Orte ratterten, und einen fotografierte er auch. "Noch 1962 fuhr auf unserer Strecke jeder Schnell-, Personen- und Güterzug mit Dampf. 1967 war das schon allerletzte Ausnahme", berichtet. Wenig später seien in München gar keine Dampfloks mehr beheimatet gewesen und der Dampfbetrieb in ganz Oberbayern auf einen kleinen Bestand beim Betriebswerk Mühldorf reduziert worden. Dennoch wurden bis 1972 Güterzüge nach München und anderen Strecken mit Dampfloks bespannt. Heute sind sie manchmal noch im Einsatz für die "Nikolausfahrten" mit Museumszügen.

Ein Stück weiter, entstand, beginnend um 1900, der Allinger Ortsteil Eichenau, der am 1. April 1957 zu einer selbständigen Gemeinde wurde und heute rund 11.500 Einwohner zählt. Der Haltepunkt in der Eichenau war zunächst Roggenstein, wo auf dem gleichnamigen Staatsgut bis etwa 1920 ein Militär-Fohlenhof betrieben wurde. Der Halt bekam eine gewisse Bedeutung für Ausflüge in die Eichenau und die Besiedelung. Später entstand die Station Eichenau, die über zwei Außenbahnsteige verfügt

Tourismus wird gefördert

"Mit der Bahn wurde das Ampertal aus dem Dornröschenschlaf geweckt", sagt Christel Hiltmann mit Blick auf die positiven Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung und den bald nach der Eröffnung der Bahnlinie einsetzenden Tourismus.

Zunächst fuhren überwiegend nur gut betuchte Münchner zur Sommerfrische in die Region. Später, vom letzten Quartal des 19. Jahrhunderts an, waren vor allem der an der Amper liegenden Markt Bruck und die Gegend um den neu geschaffenen Haltepunkt Grafrath begehrte Ausflugsziele. Während Bruck zu einem begehrten Ausflugsort für Badegäste und Wintersportler, vor allem für Rodler wurde, lockte Grafrath zunächst Wallfahrer zum heiligen Rasso an, der unweit des Haltepunktes in der Klosterkirche verehrt wurde. Der Grafrather Rasso-Forscher Ernst Meßmer geht davon aus, dass der Haltepunkt sogar extra wegen der Wallfahrt eingerichtet wurde und daher auch den Namen Grafrath bekam, unter dessen Namen sich die vormals eigenständigen Kommunen Wildenroth und Unteralting Anfang der 1970er Jahre zu einer Gemeinde vereinigten. Zur Mitte des 20. Jahrhunderts zogen auch der Grafrather Märchenwald, die Westernstadt "Hot-Gun-City" und der Forstwirtschaftliche Versuchsgarten Besucherströme an.

Als "Mooskuh" wird das Dampfschiff tituliert, das auf der Amper von Grafrath nach Stegen am Ammersee fährt. Das laute Tuten hört man heute nicht mehr, an der Anlegestelle steht das Gasthaus "Dampfschiff". (Foto: Johannes Simon)

Nachdem 1880 die Dampf-Schifffahrt eröffnet worden war, wurde Grafrath auch zu einem wichtigen Ausgangspunkt für Fahrten zum Ammersee. Um 1880 begann die Dampfschiff-Ära auf der Amper. Als Erstes wurde der Schaufelraddampfer eingesetzt, der auf den Namen der letzten bayerischen Königin Marie Therese getauft wurde. Der Volksmund gab dem Schiff den Namen "Mooskuh", da sich der tiefe, dem Muhen einer Kuh gleichende Ton der Dampfpfeife anhörte wie der Ruf einer Rohrdommel, die ebenfalls so genannt wurde. Unweit des Haltepunktes, der um 1900 zu einem Bahnhof ausgebaut wurde, entstand am Ufer an der Einstiegsstelle die Gaststätte "Dampfschiff" mit Freisitz, die heute noch in Betrieb ist. Nachdem 1903 die Linie Pasing -Herrsching eröffnet worden war und die Ausflügler direkt zum Ammersee und zu den Schiffen gelangten, nahm der Andrang in Grafrath rapide ab. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Schiffsverkehr auf der Amper endgültig eingestellt.

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