Eine Kandidatin auf Tour:Vom Mars bis zur Hölle

Katrin Staffler besucht mit wechselnder prominenter Begleitung wichtige Unternehmen und erfährt viel über Raumfahrttechnik und Müllverbrennung

Von Gerhard Eisenkolb und Ariane Lindenbach, Gröbenzell/Olching

Von der Katholischen Landvolkshochschule Petersberg (Kreis Dachau) bis zu Coca Cola in Fürstenfeldbruck, vom Volksfest in Dachau zu jenem in Maisach: Katrin Stafflers Terminkalender ist so kurz vor der Bundestagswahl prall gefüllt. Derzeit tourt die CSU-Wahlkreisdirektkandidatin aus Türkenfeld, die in Gerda Hasselfeldts Fußstapfen treten will, durch ihren Wahlkreis Fürstenfeldbruck-Dachau, oft mit prominenter Begleitung und auch sehr häufig zu wichtigen Firmen und Unternehmen.

Bei fast jedem Weltraumprojekt, in fast jeder Rakete, die in den Weltraum startet, und in fast jedem Satelliten, der die Erde umrundet, sind als Spezialanfertigung von der Gröbenzeller Firma Phytron entwickelte Hochleistungselektromotoren samt Spezialsteuerung mit an Bord. Und zwar unabhängig davon, ob nun die Regierung von China, Russland, Israel, Indien, den USA oder einem europäischen Staat der Auftraggeber ist. Der Betrieb mit 92 Mitarbeitern peilt für dieses Jahr einen Umsatz von elf bis zwölf Millionen Euro an.

Die Entstehung von Phytron ist durchaus mit Garagenfirmen aus dem Silicon Valley zu vergleichen. Der Vater der geschäftsführenden Gesellschafterin Birgit Hartmann, ein Hochfrequenzingenieur, reparierte nach dem Krieg im Schuppen der Oma in Gröbenzell elektrische Geräte, die nicht mehr funktionierten. Auf Wunsch der amerikanischen Besatzungsmacht entwickelte und baute der versierte Tüftler dann seismologische Geräte für Bodenmessungen. Bis sich der aufstrebende Betrieb, in dem die Frau des Gründers sich um die Produktion und das Kaufmännische kümmerte, auf den Bau von Schrittmotoren spezialisierte. Seither sind Elektromotore, von denen der kleinste einen Durchmesser von 19 Millimetern hat, die Kernkompetenz von Phytron.

Am Montagnachmittag interessiert sich Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) aus dem Bundeswirtschaftsministerium zusammen mit Staffler für den Mittelständler, dessen Elektromotor vor fünf Jahren auf dem Marsrover zum Einsatz kam, um auf dem Planeten den Laserstrahl und dessen Kamera auf die zu untersuchenden Proben zu fokussieren. Solche Geräte müssen im luftleeren Raum und bei hohen Minustemperaturen funktionieren. Produziert werden sie von Mitarbeitern, die Ganzkörperanzüge und einen Mundschutz tragen, in einem staubfreien Reinraum. Auf Funktionstüchtigkeit werden sie bei Temperaturen von bis zu minus 263 Grad in flüssigem Stickstoff getestet.

Olching: CSU-Tour Ilse Aigner in der GFA

Stets mit einer prominenten Parteifreundin an der Seite: Katrin Staffler besucht mit Wirtschaftsministerin Ilse Aigner die Müllverbrennungsanlage in Geiselbullach.

(Foto: Johannes Simon)

Einige der Produktionsmaschinen, beispielsweise zum Wickeln der Motoren, haben die Ingenieure in Gröbenzell selbst entwickelt und gebaut. Bestimmte Motoren wickeln aber immer noch Frauen mit viel Fingerspitzengefühl von Hand. Schließlich lebt Phytron von der Präzision und Zuverlässigkeit seiner Produkte. Deshalb kann es sich der Mittelständler leisten, alle Produkte in Handarbeit zu montieren und hochwertige Materialien wie Titan zu verarbeiten. Die "Weltraumgeschichten sind das Sahnehäubchen", das die meisten Gewinne bringe, berichtet Geschäftsführerin Hartmann.

Staatssekretärin Bähr erinnert daran, dass das Berliner Verkehrsministerium federführend auch für den Satellitenbereich und die Erdbeobachtung zuständig ist, und will wissen, ob die Gröbenzeller Firma auch Anträge für Fördermittel schreibe. Laut Hartmann wurde das erst einmal probiert. Sie verweist darauf, dass ihre Produkte nur ein winziger Bestandteil in von anderen entwickelten und gebauten Geräten sind. Ihre Firma sei kundengesteuert und eigentlich nur ein Zulieferer.

Für Bähr steht schon jetzt fest, dass Katrin Staffler nach der Wahl im Bundestag sitzen wird. Sie rät Birgit Hartmann sich in einigen Wochen bei Problemen an die Nachfolgerin von Gerda Hasselfeldt zu wenden. Ob diese helfen kann, bleibt offen. Birgit Hartmann spricht zwei Probleme an. Das ist neben dem Fachkräftemangel die Schwierigkeit, für ihre Spezialprodukte passende Vertriebspartner im Ausland zu finden. Schließlich ist fast jedes Gerät eine Sonderanfertigung. Für Katrin Staffler ist der Wahlkampf, wie sie sagt, eine Zeit des Lernens.

Lehrreich ist für CSU-Kandidatin am darauffolgenden Mittag auch der Besuch bei der GfA, dem gemeinsamen kommunalen Unternehmen für Abfallwirtschaft der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau. Souverän begrüßt sie in dem kleinen Seminarraum der GfA die insgesamt 24 Anwesenden. Der wichtigste Gast ist freilich Ilse Aigner, die bayerische Ministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie.

Mit der Frau Staatsministerin setzt Staffler ihre "Tour durch den Wahlkreis" fort. Wie die Bundestagskandidatin ihren Gästen von der CSU - darunter etwas verspätet Landratsstellvertreterin Martina Drechsler sowie CSU-Kreisrat und Abfallreferent Dieter Rubenbauer - erklärt, geht es nach der GfA ins angrenzende Gewerbegebiet von Bergkirchen, ins Gada. Nach dem Besuch einer Verleihfirma für Event- und Cateringequipment steht als Letztes die Glockenbrot Bäckerei mit Führung und einem Imbiss auf dem Programm . Da die Bäckerei die Wärme der GfA nutze, "schließt sich da der Kreis", übergibt Staffler an GfA-Geschäftsführer Thomas König.

Gröbenzell: Staatssekretärin Dorothee Bär besucht Firma Phytron

Katrin Staffler mit Staatssekretärin Dorothee Bär bei der Firma Phytron in Gröbenzell.

(Foto: Johannes Simon)

Man beschäftige sich bereits seit mehr als 30 Jahren mit der Abfall- und Energiewirtschaft, beginnt König. Von Beginn an produziere die Anlage Strom, seit rund zwei Jahrzehnten klimaneutrale Wärme. Der Vorstand lässt einige Darstellungen an die Wand projizieren, die die Funktionsweise der Müllverbrennungsanlage, der Strom- und Wärmegewinnung sowie deren Verteilung veranschaulichen sollen. Den Gesichtern nach zu urteilen bleibt manches, was König so selbstverständlich präsentiert etwas unverstanden.

Doch das, worauf es ankommt, kann König vermitteln. Nämlich dass die GfA mit der Erzeugung von Strom und Wärme dazu beiträgt, fossile Energien einzusparen. Das belegen die Zahlen für das ans Fernwärmenetz angeschlossene Schwaigfeld in Olching. Ganz zu schweigen von den Zahlen für Gada, das Bergkirchner Gewerbegebiet, oder auch für Bergkirchen selbst, das inzwischen ebenfalls fast flächendeckend von der Fernwärme der GfA profitiert.

Die Glockenbäckerei im Gada, die die Gruppe später noch besuchen werde, nennt König ein Beispiel, spare durch die Nutzung der Fernwärme jedes Jahr 1,5 Millionen Kilogramm CO2 ein. Und auch beim Ausstoß ist König auf "seine" Anlage stolz. "Bei der aktuellen Dieseldebatte muss ich immer schmunzeln", sagt der Vorstand und berichtet, dass die GfA vor zehn Jahren ihre Abgasreinigung umgebaut habe. Die Emissionen der ganzen GfA seien seither deutlich sauberer als die eines einzelnen Autos.

Für eine kurze Führung über das Gelände reicht die Zeit noch. Jeder Besucher muss sich einen der roten Sicherheitshelme aus dem Regal nehmen und aufsetzen. Als König die Gruppe in zwei Hälften teilen will, ist die mit Aigner und Staffler zunächst deutlich größer. Ein paar begütigende Worte von König genügen aber, einige verlassen die Aigner-Staffler-Gruppe und bald sind beide fast gleich groß.

König führt nun das gute Dutzend zunächst dorthin, wo der Abfall gesammelt und dann verbrannt wird. Über ein turmartiges Treppenhaus geht es nach oben. Als König nach der zweiten Biegung in den Aufzug steigen will, regen Aigner und Staffler an, man könne doch zu Fuß die vier Stockwerke hinaufgehen. "Wer Aufzug fahren will, wir treffen uns im vierten Stock", ruft König den anderen zu, die noch tiefer im Treppenhaus stehen. Natürlich gehen alle zu Fuß. Auf zwei Mitarbeiter trifft die Gruppe, an beide stellt Aigner interessierte Fragen. Staffler unterdessen übernimmt am Ende der Führung wieder das Kommando und erläutert erneut, diesmal en Detail, den weiteren Verlauf ihrer "Tour durch den Wahlkreis".

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