Eine besondere Rundreise durch den Landkreis:Eine neue Welt entdecken

Die Schatzkarte der Agenda 21 zeigt, wo es im Landkreis nachhaltig zugeht - ein Ausflugsführer zu Natur, Energiewende und Ressourcenschonung

Von Ingrid Hügenell

Die Energiewende kann man im Landkreis aus der Nähe betrachten. Wo sie zu finden ist, zeigt die Schatzkarte der Agenda 21, eine Faltkarte mit 32 Zielen, zu denen nicht nur Windräder und Solaranlagen zählen, sondern auch Orte, an denen man Tiere und Pflanzen kennenlernen, Lebensmittel aus der Region kaufen oder Menschen dabei unterstützen kann, sich anderswo auf der Welt ein Auskommen zu schaffen. Sie bieten sich für den Urlaub zuhause als etwas andere Ausflugsziele an. Die 32 Orte zeigen auch, wie Haupt- und Ehrenamtliche zwischen Kottgeisering und Olching, Germering und Egenhofen am Ziel einer nachhaltigen Entwicklung arbeiten und was sie schon erreicht haben. Es gibt kurze Beschreibungen zu den einzelnen Punkten und man erfährt auch, wie man per Rad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln dort hingelangt. Entlang der Straßen und Radwege fallen in und um Orte wie Adelshofen, Mammendorf und Emmering blühende Streifen und Verkehrsinseln auf. Sie sind im Zuge des Projekts "Brucker Land blüht auf" von der Solidargemeinschaft Unser Land und dem Brucker Forum mithilfe des Naturgartenplaners Reinhard Witt angelegt worden. Ein näherer Blick lohnt sich und zeigt die Vielfalt von Pflanzen, Wildbienen, Käfern und anderen Tieren.

Wind, Sonne, Wasser

Wenn man nah am Windrad steht und den Kopf in den Nacken legt, staunt man über die immense Höhe des Bauwerks. Ein Sirren dringt aus dem Sockel, die Rotorblätter drehen sich mit einem leisen, wiederkehrenden Wump, ansonsten ist es ruhig, man hört Vögel singen. Das Windrad steht auf einer großen Plattform südlich von Mammendorf. Von dort geht der Blick weit übers Land, über die Kirchtürme von Sankt Nikolaus und Sankt Jakob in Mammendorf und zum zweiten Windrad in Malching. Die Anlagen sind baugleich und je 186 Meter hoch, laut der Agenda-Karte können sie etwa 4000 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen. Auf dem Weg zum Mammendorfer Rotor passiert man den Freizeitpark Mammendorf, dessen Wärme- und Strombedarf von Warmwasserkollektoren, also Sonnenenergie, und einer Biogasanlage gedeckt wird. Sonnenstrom wird im Landkreis seit bald 20 Jahren erzeugt.

Bei Waltenhofen (Gemeinde Egenhofen) wurde bereits 2004 eine der ersten Freiflächenanlagen Bayerns errichtet. Der Solarpark mit 6000 Quadratmetern Sonnenpaneelen liegt auf einem Südhang, man kann am Eingang halten. Viele Informationen gibt es dort nicht, aber man erfährt doch, dass die Solarpaneele maximal 400 Kilowatt erzeugen können, ausreichend für 125 Haushalte. Schilder und ein deutliches Brummen warnen vor der lebensgefährlichen Hochspannung. In einen der Masten hat dennoch ein Vogel seinen Horst gebaut. In Schöngeising kann man Bayern zweitältestes Wasserkraftwerk besuchen, das seit mehr als 120 Jahren Strom erzeugt. Zahlreiche Kommunen setzen auf Hackschnitzelheizwerke und Blockheizkraftwerke, auch sie sind aufgeführt.

Wiesen, Moore, Wald

Etwas Zeit, ein Fernglas und am besten ein Vogelbestimmungsbuch sollte mitbringen, wer den Naturbeobachtungsturm in Kottgeisering besucht. Von dem Holz-Bauwerk, das einem Vogelkopf nachempfunden ist, schweift der Blick über das Ampermoos und blütenreiche Wiesen, wie man sie nur noch selten sieht. Vom Vogelturm führt ein schmaler Pfad zu einer großen Weide. Unter dem mächtigen Baum kann man sich einen kurzen Moment wie im Urwald fühlen. In den Baum zwitschern, singen und keckern Vögel. Ein Drittel des Stamms ist vor einiger Zeit abgebrochen, liegt aber noch da. Das modernde Holz ist eine wunderbare Kinderstube für Käfer und ein Büffet für Vögel, die ihre Jungen mit den Larven füttern. Im Sommer kann man Kiebitz, Bekassine und Schwarzkehlchen sehen oder hören, im Winter Kornweihen, seltene Greifvögel. Vom Turm aus führt ein gut zehn Kilometer langer Rundweg durch das Moor. Er ist weitgehend eben und kinderwagentauglich.

Eine besondere Rundreise durch den Landkreis: Die Windkraftanlagen in Mammendorf und Malching wirken aus der Nähe gewaltig.

Die Windkraftanlagen in Mammendorf und Malching wirken aus der Nähe gewaltig.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Etwas in die Jahre gekommen sind die Schilder des Gehölzpfads am Germeringer See, ihnen würde eine Putzaktion gut tun. Sie erklären heimische Bäume und weisen auf ihre Besonderheiten hin. Wo sonst würde man erfahren, dass die Hainbuche das schwerste Holz hat und sich deshalb besonders gut für Hackklötze eignet? Oder dass die Weide als Sinnbild gilt für Werden und Vergehen. In der Nähe des Sees liegt eine Orchideenwiese, die im Frühjahr wunderbar blüht. Die Biotope an der Maisach, das Fußbergmoos mit seinen Heckrindern, der Walderlebnispfad Rothschwaig und die Amperauen sind ebenso lohenden Ziele wie der artenreiche Halbtrockenrasen am Bahndamm zwischen Buchenau und Schöngeising und der Forstliche Versuchsgarten in Grafrath.

Bienen, Bäume, Bauernmarkt

Unter der Rubrik "Schätze rund um die Ernährung" schickt die Karte die Ausflügler zum Kreislehrgarten nach Adelshofen ebenso wie zum Bauernmarkt nach Fürstenfeldbruck und in die Essbare Stadt Puchheim. Im Kreislehrgarten kann man entdecken wie viele Apfelsorten es gibt jenseits der immer gleichen, die im Supermarkt angeboten werden. Sie tragen Namen wie Pingo, Piflora oder Rewena. Die Bäume stehen auf einer großen Streuobstwiese mit einigen anderen Obstbäumen wie der großen grünen Reneklode (eine Pflaumenart) und einer Reihe von Johannisbeerbüschen. Ein Gemüsegarten, ein Teich und ein Weidentunnel tragen zur idyllischen Anmutung bei. Wer wissen möchte, wie man einen Bauerngarten anlegt, findet dort Inspiration. Eine neue Streuobstwiese ist im Olchinger Stadtteil Neu-Esting angelegt worden - ein dörfliches Idyll am Amperweg, wenige hundert Meter vom S-Bahnhof entfernt. Dort stehen, wie im Kreislehrgarten, Bienenkästen. Die Insektenhotels an beiden Orten sind eher Beispiele dafür, wie man es nicht machen sollte und entsprechend wenig besiedelt. Einige große Teile von Baumstämmen liegen in der Wiese, sie bieten als Totholz Wildbienen und Käfern bessere Lebensbedingungen. Für große und kleine menschliche Besucher gibt es Tische und Bänke für eine Rast oder ein gemütliches Picknick.

Zweimal pro Woche findet im Kloster Fürstenfeld der Bauernmarkt statt, dienstags und samstags. Nicht alles stammt aus ökologischer Erzeugung, aber alles aus der (teils weiteren) Region: Gemüse, Obst, Getreide, Honig, Milchprodukte, Käse, Eier, Fisch, Fleisch, Geflügel - es gibt kaum ein Lebensmittel, das man dort nicht in hoher Qualität findet.

Faire Welt

Zu den Agenda-21-Zielen zählt auch ein faires Miteinander regional und weltweit. Das bedeutet für die Erzeuger unter anderem ein sicheres Einkommen und keine Kinderarbeit. Der genossenschaftlich organisierte Weltoffen-Laden Germering verfolgt dieses Ziel ebenso wie die Weltläden in Fürstenfeldbruck, Gröbenzell und Mammendorf. In dem Geschäft an der Germeringer Otto-Wagner-Straße 4-6 finden sich die üblichen Lebensmittel aus fairem Handel: Kaffee, Tee, Schokolade, getrocknete Südfrüchte und Ähnliches. Daneben gibt es ein breites und schönes Angebot an Leder- und Stofftaschen aus fairem Handel, Kunsthandwerk, Geschenkpapier und Glückwunschkarten sowie Schmuck aus Ländern wie Indien, Mexiko, Kenia und Kambodscha. Der Germeringer Laden und das Brucker Fenster, Hauptstraße 5 in Fürstenfeldbruck, haben Montag bis Freitag ganztags geöffnet, samstags am Vormittag. Die anderen Verkaufsstellen haben eingeschränkte Öffnungszeiten.

Tauschen und Reparieren

Es sind nicht direkt Ausflugsziele, die man unter dem Begriff "Schutz unserer Ressourcen" auf der Schatzkarte findet, sondern eher Orte, wo man kleine Schätze entdecken, alte Schätze herrichten lassen oder bei Tauschgeschäften Schätze erwerben kann - auch nicht materielle. Die Wertstoffbörse in Fürstenfeldbruck, das Gebrauchtwarenzentrum Puchheim, Repair-Cafés sind dort aufgeführt, und auch die Lets-Tauschringe in Fürstenfeldbruck, Puchheim, Olching und Gröbenzell. Lets steht für "Local Exchange Trading System". Dinge und Dienstleistungen werden in den Tauschringen mit einer Zeitwährung verrechnet. Im Gebrauchtwarenzentrum findet man nicht nur günstige Second-Hand-Möbel, Textilien und Haushaltsgeräte. Es werden dort auch Arbeitslose beschäftigt, um sie wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Repair-Cafés gibt es mittlerweile in Fürstenfeldbruck, Germering und Puchheim einmal im Monat sowie in Gröbenzell zweimal pro Jahr. Die Ressourcen schont auch, wer für sein Fest, wenn man denn wieder eines feiern kann, einen Geschirrverleih nutzt.

Mit Rad, Bus und Bahn

Von Südwesten nach Nordosten führt der Ammer-Amper-Radweg durch den Landkreis, ein 200 Kilometer langer Radfernweg. Weitere acht Routen verbinden Amper und Lech, Amper und Glonn oder erschließen das Fünf-Seen-Land. Dazu kommen Radrouten des Landkreises - viele Kilometer, auf denen man klimafreundlich unterwegs sein kann. Das nahTour-Band eignet sich auch für Wanderer. Die Karte zeigt zudem, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den einzelnen Punkten gelangt, soweit das möglich ist. Erklärt wird überdies, wie man mit dem MVV-Ruftaxi ohne eigenes Auto mobil sein kann.

Die Schatzkarte der Agenda 21 findet man unter anderem im Foyer des Landratsamtes, in den Rathäusern oder auf Anfrage im Agenda 21-Büro, E-Mail: agenda21@lra-ffb.de

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