Süddeutsche Zeitung

Eichenau:Zug um Zug

In Eichenau läuft aktuell die Meisterschaft des Schachkreises

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Die Energie der massiven Konzentration, die in der Eichenauer Friesenhalle wirkt, ist physisch spürbar. Es herrscht Stille im Raum, wenn die Denksportler bei ihren Meisterschaften des Schachkreises-Zugspitze an ihren Tischen sitzen und die Friesenhalle vollkommen ausfüllen. Etwa 180 Schachsportler sind in Eichenau bei den viertägigen Einzelmeisterschaften dabei. Erst im Vorraum der Friesenhalle darf wieder geredet werden. Dort analysieren die Akteure noch einmal ihre Partien, um aus falschen Zügen zu lernen. Es dominieren besonders in der Meisterklasse 1 (M1) die älteren Spieler um die 50 Jahre. Der Nachwuchs lässt etwas zu wünschen übrig.

Vorne auf dem Podium ist Erik Deues vom Schachclub Germering in der M1 auch nach mehreren Stunden noch nicht erlöst. Gerade ist nach vier Stunden Spielzeit die Zeitkontrolle erfolgt. Seine Partie gegen seinen Germeringer Clubkollegen Lorenz Gauchel ist die letzte auf der Bühne, die noch nicht beendet ist. "Die Stellung ist kompliziert", zieht Deues ein nicht sehr eindeutiges Zwischenfazit. Meint dann aber, dass wohl eine Niederlage in der dritten von sieben Runden, die bis Sonntag gespielt werden, drohen könnte: "Ich stehe wohl auf Verlust." Deues, 53, spielt seit 38 Jahren Schach im SC Germering-Unterpfaffenhofen. Der Verein steht mit 110 Mitgliedern ganz gut da. Auch der Anteil von 40 Kindern und Jugendlichen kann sich sehen lassen. Jeden Samstagmorgen werden sie von fünf erfahrenen Trainern und Spielern angeleitet. Doch bei den Meisterschaften ist kein junger Überflieger aus Germering dabei.

"Das Training vor Ort ist durch nichts zu ersetzen", sagt Klaus Grießbach, der Kreisspielleiter, der auch die Eichenauer Meisterschaften leitet. Grießbach überzeugt: "Das Spielen am Computer reicht nicht, das bringt gar nichts." Doch vor Ort sind viele Vereine überfordert. Ihnen fehlt es an Übungsleitern und Trainern, die sich um die jungen Schachspieler kümmern können. So ist auch der Schachclub Eichenau wieder einmal nur ein hervorragender Gastgeber der Zugspitz-Meisterschaften, die schon ein halbes Dutzend Mal von Helmut Griebenow in der Friesenhalle organisiert wurden. Gewinnen werden die zwei Eichenauer Akteure Naim Dubova und Jochen Alefs in der M1 wohl nichts. Der Eichenauer Schachclub hat nur 25 Mitglieder und nicht die allerbesten Voraussetzungen. "Gute junge Spieler werden uns schon mal abgeworben", erzählt der langjährige Vereinsvorsitzende Griebenow. "Es fehlt uns auch an Geld."

Turnierleiter Grießbach ist mit dem Meldeergebnis für das Turnier sehr zufrieden. "Auch das Niveau in der M1 stimmt", sagt er, obwohl schon mal mehr Spieler mit Ranglistenpunkten über 2100 dabei gewesen sind. Favorit auf den Meistertitel der 24 Spieler in der M1 sind die ehemaligen Titelträger Sebastian Finsterwalder (Gautinger SC) und Albert Kaunzinger, der ehemalige Oberligamatador vom SC Gröbenzell. Hinter ihnen lauert auch Andree Schlosser vom TuS Fürstenfeldbruck. Der einzige Nachwuchsspieler, der den Arrivierten in der M1 etwas Druck machen könnte, ist Jannik Danninger (TV Tegernsee). Das erst 13-jährige Talent hat in der M1 "einen Freiplatz als Jugendförderung bekommen", so Turnierchef Grießbach. Inzwischen kommt auch Erik Deues etwas gekickt von der Bühne herunter. Seine Befürchtung hat sich bewahrheitet, er hat die Partie gegen Gauchel verloren.

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SZ vom 05.01.2019
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