Eichenau:Zu viel gewollt

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Verletzungsbedingt fällt Mattias Hoffmann für die nächsten Wettkämpfe des ESV wohl aus. (Foto: Günther Reger)

Matthias Hoffmann vom Eichenauer SV verletzt sich beim Gewichtheben. Und sein Team unterliegt gegen Neuaubing

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Der Eichenauer Gewichtheber Matthias Hoffmann hat im ersten von drei Versuchen in der Disziplin Stoßen 120 Kilo bewältigt und im nächsten Versuch 130 Kilo auflegen lassen. Die 50 Besucher in der Eichenauer Friesenhalle ermuntern Hoffmann durch rhythmisches Klatschen. Doch dann passiert es: Der Heber des Eichenauer SV kann im Bayernliga-Wettkampf gegen den ESV Neuaubing die Hantel nicht oben halten, weil das Knie am hinteren Bein seinen Dienst versagt. So fällt ihm die Hantel auf den rechten Fuß. Auf der Bühne wird Hoffmann einige Minuten lang behandelt und danach ins Krankenhaus gefahren. Diagnose: Zwei Zehen gebrochen. Ob sich hinter dem geschwollenen und schmerzenden Knie eine Bänderverletzung verbirgt, steht noch nicht fest.

Matthias Hoffmann war kurzfristig für den kranken Maximilian Lohmeier eingesprungen. "Er ist unser Stoßjoker", meinte Ehefrau Jeanne Hoffmann zuvor noch scherzhaft. Jeanne Hoffmann selsbt übernahm den Job der Hallensprecherin. Der Schwergewichtler unter den Gewichthebern ist mittlerweile 40 Jahre alt und trainiert nur noch sporadisch. Trotzdem hat er natürlich den Ehrgeiz, wenigstens etwas an seine besten Zeiten, als er 150 Kilo und mehr im Stoßen bewältigte, anzuknüpfen. Doch mit 130 Kilo hatte er sich wohl zu viel zugemutet. Jeanne Hoffmann, 38, weiß die Sportart genau einzuschätzen, gehörte sie doch einst zum ESV-Team, das in der 2. Bundesliga eine gute Rolle spielte. Gewichtheber sind hart im Nehmen, weiß auch die Ehefrau, dass solche Unfälle selten passieren: Trotzdem schaute sie zunächst genauso entsetzt wie die Besucher im Saal. Die anderen beiden Heber der Eichenauer traten zu ihren letzten Versuchen nicht mehr an.

Das hätte auch wenig Zweck gehabt, war der Wettkampf gegen Neuaubing auch schon zuvor deutlich verloren gewesen. Am Ende siegten die Münchner Heber mit 359:285 Relativpunkten. Schuld daran hatten auf keinem Fall die beiden Frauen im Sechserteam des Eichenauer SV. Emily Heiß fiel durch ihre schlanke Figur auf. "Ja, ich habe auch schon mal geturnt", sagte die Realschülerin. Die erst 15-jährige Puchheimerin wiegt nur exakt 47,8 Kilo, brachte aber mit 48 Kilo im Stoßen mehr als ihr Körpergewicht zur Hochstrecke. In der Disziplin Stoßen kann das Gewicht noch kurz auf dem Brustbein abgelegt werden, um es dann ohne Nachdrücken noch oben auszustoßen. Bei der ersten Disziplin, dem Reißen, wird das Gewicht mit gestreckten Armen in einem Zug nach oben gerissen. "Ich hatte auch noch andere Sportarten ausprobiert", erzählte Emily Heiß. Gewichtheben habe ihr dann am meisten gefallen. "Das macht auch nicht jeder, das ist mal etwas anderes", erwähnte Emily Heiß ein weiteres gewichtiges Argument. Für den Wettkampf gegen Neuaubing hatte sie zuvor 38 Kilo im Reißen und 50 Kilo im Stoßen angepeilt. Dass es 36 und 48 Kilo wurden machte ihr nichts aus. Zumal ihre unter den Zuschauern anwesende Mutter es "super" fand, was ihre Tochter macht. Zumal Emily Heiß mit dieser Leistung und mit 54 Punkten den drittbesten Wert für die ESV-Formation beisteuerte. Mutter Alexandra Heiß beglückt: "Ich merke, dass es ihr Spaß macht." "Beim nächsten Mal schaffe ich 38/50", versicherte ihre Tochter noch vor dem Abschied.

Beste Punktesammlerin für Eichenau war Katja Seitle. Sie brachte 70 und 89 Kilo zur Hochstrecke und markierte 83 Punkte für ihr Team. Seitle ist inzwischen 40 Jahre alt und hat schon kaum glaubliche 30 Gewichtheberjahre hinter sich. "Dieser Sport liegt in der Familie", meinte die Bankkauffrau, "Papa, Onkel und Opa waren auch Gewichtheber." Sie ist schon als kleines Kind immer dabei gewesen und hat dann mit zehn Jahren selbst angefangen, Gewichte zu stemmen. Sie liebt es "zum richtigen Zeitpunkt die richtige Körperbewegung" auszuführen. Damit ist über die Komplexität dieser Sportart schon alles gesagt. "Kraft, Schnelligkeit, den Zug optimal erwischen und auf den Punkt konzentriert sein", beschreibt Seitle die entscheidenden Merkmale ihrer Sportart. Dafür reist sie seit 20 Jahren vom schwäbischen Burgau hundert Kilometer zu ihren Wettkämpfen nach Eichenau an. So weit fährt Lukas Müller nicht. Das ESV-Gewichthebertalent wohnt vor Ort. Der 17-jährige Internationale Deutsche Jugendmeister in der 77-Kilo-Kategorie hatte sich 110 Kilo im Reißen und 130 Kilo im Stoßen vorgenommen. Sein Trainer Konstantin Konstantinov hatte sogar auf 135 Kilo im Stoßen gehofft und von einer "Wette" gesprochen. Doch Müller blieb bei 108 und 125 Kilo hängen, wobei er wegen der Verletzung des Teamkollegen Hoffmann auf den dritten Versuch verzichtet hatte.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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