Umweltproblem:Plastikflut im Feld

Umweltproblem: Alles voller Plastikmüll, und direkt dahinter liegt der Eichenauer Wertstoffhof. Georg Huber bleibt mit dem Problem ziemlich allein gelassen.

Alles voller Plastikmüll, und direkt dahinter liegt der Eichenauer Wertstoffhof. Georg Huber bleibt mit dem Problem ziemlich allein gelassen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Georg Huber stößt auf seinem Grünland ständig auf Kunststoffreste. Der Kreisobmann des Bauernverbands mutmaßt, dass vor allem der angrenzende Wertstoffhof der Verursacher ist. Doch weder die Gemeinde Eichenau noch der Abfallwirtschaftsbetrieb fühlen sich zuständig

Von Ingrid Hügenell, Puchheim

Plastik, überall Plastik. Das Feld in Eichenau macht Georg Huber wenig Freude. Der Kreisobmann des Bauernverbands hat es in Grünland umgewandelt. Auf dem Gras fallen die größeren und kleineren Müllteile Mitte April sehr auf. Jedes Mal, wenn Huber mit einer Maschine darüber fährt, werden die Stücke kleiner, arbeitet er sie weiter in den Boden ein. Seit Jahren geht das schon so, findet er Müll auf diesem Feld. Der Puchheimer Ackerbauer hat sich schon an die Stadt und an die Gemeinde Eichenau gewendet. Doch die Kommunen sagen, sie könnten wenig tun gegen die Plastikflut auf dem Feld. Das liegt auch daran, dass niemand so genau weiß, woher der Müll stammt.

Das Problem mit Plastik im Boden ist mutmaßlich riesig, aber noch kaum bekannt und wenig untersucht. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass in den Böden sogar mehr Plastik ist als in den Ozeanen. Darauf deuten Veröffentlichungen in der Schweiz hin. In Deutschland forscht unter anderem das Thünen-Institut des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu dem Thema. Es geht darum, herauszufinden, wie das Plastik in die Böden gerät und was es dort anrichtet.

Auch Mikroplastik, also Teilchen, die kleiner sind als fünf Millimeter, finden sich im Boden. Laut dem Naturschutzbund (Nabu) gehören der Abrieb von Straßen und Autoreifen zu den wichtigsten Quellen. Eine Quelle ist auch die Landwirtschaft selbst. Folien, die beim Anbau zum Einsatz kommen, zum Beispiel auf Spargelfeldern, können zerrissen und verweht werden. Manche Menschen werfen ihren Müll einfach in die Landschaft. Manche tun das aus dem fahrenden Auto heraus, oder wenn sie eine Pause machen. Das Problem, hat einen eigenen Namen: "Littering", nach dem englischen Wort für Abfall. Huber hält das für eine wichtige Quelle, denn er findet besonders häufig Müll auf den Feldern, die an Straßen liegen, vor allem an der B 2. Lastwagenfahrer leerten ihre Aschbecher am Straßenrand aus oder entsorgten den Müll aus ihren Kabinen, sagt er.

Der Nabu nennt auch "Freisetzungen bei der Abfallentsorgung" - Müll fliegt beim Transport aus Entsorgungsfahrzeugen oder wird aus Wertstoffhöfen verweht. Hubers Eichenauer Fläche liegt direkt neben dem dortigen Wertstoffhof. Barbara Steinmetz, Werkleiterin des Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises, sagt auf Anfrage, sie könne sich nicht vorstellen, dass aus dem Wertstoffhof Abfall verweht werde. "Das wird in Säcken gesammelt und zugebunden." Kunststoffverpackungen würden in einer Halle gesammelt und gelagert.

Monika Dufner, Umweltreferentin der Stadt Puchheim glaubt hingegen schon, dass das Plastik aus dem Wertstoffhof komme. Sie hat sich Hubers Feld angeschaut. "Das sind so große Mengen und es sieht so aus, als wäre es herüber geweht worden", sagt sie. Huber ärgert sich, dass Steinmetz sich die Sache nicht selbst anschaut, sondern auf die Aussagen des Wertstoffhof-Leiters vertraut. Auf der Wiese liegen Plastikfetzen, aber auch Altpapier und sogar ganze Orangennetze samt der Kunststoffbanderole.

Welche Folgen Plastik auf die Bodenlebewesen hat, ob etwa Regenwürmer Mikroplastik fressen und wenn ja, ob sie daran sterben oder sie wieder ausscheiden, weiß im Moment noch keiner so genau. Erste Untersuchungen zeigen, dass manche Lebewesen durchaus sensibel reagieren. Das könnte sich negativ auf die Bodenfruchtbarkeit auswirken. Huber weiß sicher, dass mit Plastik verunreinigtes Gras oder Heu als Futter weder für Pferde oder Kühe noch für seine Rothirsche taugt. "Ich mag mir gar nicht vorstellen, was das in einem Wiederkäuerpansen anrichtet", sagt er.

Huber möchte erreiche, dass Eichenauer Bauhofmitarbeiter den Müll auf seinen Flächen aufsammeln. Mit der Gemeinde hat er deshalb schon telefoniert - vergeblich. Keiner fühle sich zuständig. Wenn er das Plastik weghaben möchte, müsste er es selbst aufzusammeln. "Aber ich kann doch nicht dauernd mit dem Müllsack über den Acker laufen", sagt er. Bei den "Rama dama"-Aktionen, bei denen in den Städten und Gemeinden im Frühling Müll aufgesammelt wird, bleiben landwirtschaftliche Flächen außen vor. Huber wird das Zeug wohl liegen lassen. Er überlege schon, wem er die Heuballen, die er wegen der Plastikverschmutzung als Futter nicht verwenden kann, in Rechnung stellen werde.

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