Eichenau:Verdunklungsgefahr für die Kunst

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Mit knapper Mehrheit entscheidet sich der Eichenauer Gemeinderat gegen das Verbergen einer Wandmalerei in der Josef-Dering-Grundschule. Das Werk aus den Siebzigerjahren empfindet die Rektorin als angsteinflößend

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Der 2012 verstorbene Künstler Erhard Paskuda hätte sich sicherlich gefreut, wenn er noch mitbekommen hätte, dass sein Keramik-Kunstwerk in der Aula der Josef-Dering-Grundschule so eine leidenschaftliche Diskussion im Eichenauer Gemeinderat auslöst. Der Gemeinderat hatte sogar eine "Kommission Kunst am Bau" eingesetzt, die in zwei Treffen darüber beraten hatte, ob die große Wandkeramik verdeckt wird oder nicht. Hintergrund ist die Ansicht der Schulleiterin der Grundschule, Sandra Doriat, dass das Kunstwerk die Grundschüler erschrecke und ihnen Angst einflöße.

Schrecken oder Zierde: Die Keramik mit Alltagsszenen und -symbolen von Erhard Paskuda in der Josef-Dering-Grundschule. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Doriat will das Kunstwerk erhalten, es aber dauerhaft verdeckt wissen. Die Kommission sprach sich ebenfalls für den Erhalt des Kunstwerkes aus, entschied sich aber für einen Kompromiss: Eine verschiebbare Wandverkleidung sollte das Kunstwerk verdecken, aber auch bei Bedarf sichtbar werden lassen. Doch dieser Kompromiss fiel im Gemeinderat durch.

Die bemalte Wandkeramik von Erhard Paskuda schmückt die Westseite der Aula seit den Siebzigerjahren und hat schon etliche Schülergenerationen erlebt. Das Gemälde ist eher dunkel gehalten, das war der Stil des Künstlers. Doch Vögel, Blumen, eine Mutter mit Kind, eine Bäuerin, eine Kuh und im Hintergrund eine Kirche mit Turm vermitteln nicht unbedingt die Bedrohlichkeit, die Schulleiterin Doriat wahrnimmt. Bürgermeister Peter Münster (FDP), der auch den Erhalt der Paskuda-Keramik betonte, unterstützte den Verkleidungsvorschlag, "zur psychischen Entlastung der Kinder".

Die Keramik verschwindet zwar nun nicht hinter einer Wand, ist aber dennoch zum großen Teil verdeckt worden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das brachte CSU-Gemeinderat Sepp Spieß ziemlich auf die Palme. "Ich will das Kunstwerk sehen", sagte er nachdrücklich und ritt eine verbale Attacke gegen die Schulleiterin: "Sie will die Keramik am liebsten mit dem Meißel raushauen. Aber sie geht auch in drei Jahren in Pension." Auch sein CSU-Kollege Michael Wölfl bezweifelte, dass die Verhüllung des Kunstwerkes das beste Mittel der Wahl ist. "Man muss es den Kindern erklären", forderte er und war überzeugt: "Es ist vielleicht nicht schön, aber es verursacht keine psychischen Schäden." Wölfl wie Spieß sicher: "Es ist ein Spleen der Rektorin, die es mit allen Mitteln weghaben will." Auch Wölfl hielt die Kosten der Verkleidung für völlig unangemessen. Auf etwa 10 000 Euro schätzte das Bauamt die Sach- und Montagekosten.

"Sie können nichts an die Wand hängen", meinte Martin Eberl (SPD) und sprach sich für den Abdeckungsvorschlag aus. "Das geht auch mit Stellwänden", tönte es ihm gleich mehrfach aus dem Saal entgegen. Momentan sei das Kunstwerk auch mit Stellwänden zugestellt, teilte Bürgermeister Münster mit. Marion Behr (Die Grünen) sprang der nicht anwesenden Schulleiterin bei und hob den "pädagogischen Hintergrund" hervor. "Die Schiebewand soll den Raum beruhigen", bekräftigte Behr. Ihre Parteikollegin Rieke Schiele beschwerte sich darüber, dass "das Gemälde so hochgepuscht wird". Michael Wölfl legte noch einmal nach und zeigte sich überzeugt, dass die Wände niemals wieder weggeschoben werden. "Das ist Augenwischerei, das Kunstwerk wird für immer verdeckt." Andreas Wendling (Freie Wähler) beantragte dann das Ende Debatte und damit die Abstimmung. Diese brachte schließlich ein 12:9 für den Erhalt des Status Quo und damit die Ablehnung der Verhüllungsvariante des Paskuda-Kunstwerkes in der Schulaula. Für die Abdeckung votierten Teile der SPD, die Grünen und der Bürgermeister. Schulrektorin Doriat war für eine Stellungnahme für die SZ nicht erreichbar.

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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