Eichenau:Traumjob mit kleinem Haken

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Michaela Bittner ist Altenpflegerin aus Überzeugung - nur die Bürokratie bereitet ihr Kummer

Von Gerhard Eisenkolb, Eichenau

Michaela Bittner kann nicht verstehen, warum Altenpfleger so wenig Ansehen genießen, dass kaum noch jemand diesen Beruf ergreift. "Es ist ein schöner Beruf", sagt sie. Zudem ein vielseitiger, der Feingefühl, Offenheit und eine soziale Einstellung erfordert. Man müsse auf Menschen zugehen können und dürfe keine Berührungsängste haben. Für die 52-Jährige gibt es nichts Besseres, als sich um Menschen zu kümmern. Daher hält sie ihre Arbeit als Altenpflegerin nicht nur für wichtig. Für sie ist es der Traumjob schlechthin.

Ein Traumjob, den sie mit Herzblut ausübt, wie sie beteuert. Auch nach schweren Arbeitstagen oder Nachtschichten, wenn sie ausgelaugt das Evangelische Pflegezentrum Eichenau verlässt, geht sie glücklich und zufrieden nach Hause. Das kommt von dem Gefühl, betagten Menschen etwas Gutes getan zu haben. Man bekomme so viel zurück, unter anderem Dankbarkeit.

Die Freude an ihrem Beruf, der ihr Selbstwertgefühl stärkt, entdeckte die Fürstenfeldbruckerin schon im Alter von 15 Jahren. Damals wohnte sie bei ihren Großeltern und versorgte mit ihrer Mutter die pflegebedürftige Oma. Bittner begann, sich für den Beruf zu interessieren. Sie absolvierte deshalb nach der Schule zuerst ein Freiwilliges Soziales Jahr und dann noch ein Praktikum in einem Seniorenheim. Danach stand für die junge Frau fest: "Ich will Altenpflegerin werden" - obwohl diese Entscheidung für die damals 18-Jährige mit einem hohen Aufwand verbunden war. Immerhin kostete die Ausbildung 8000 Mark. Sie musste einen Kredit aufnehmen.

Inzwischen leitet Michaela Bittner eine Station im Eichenauer Pflegezentrum. Wenn sie über die Menschen, die sie betreut, spricht, dringt Empathie und Begeisterung durch. Und es fallen immer wieder Worte wie Menschlichkeit, Zuwendung und persönliche Gespräche, für die die Zeit knapp ist. Dabei klingt viel Wertschätzung, aber auch Anerkennung für das mit, was die Senioren auf ihrer Station in ihrem früheren Leben für andere und die Gesellschaft geleistet haben.

Die Stationsleiterin hat eine Erklärung dafür, warum es vielen gar so schwer fällt, ältere Menschen oder eigene betagte Angehörige zu versorgen, und warum der Beruf Altenpflege nicht sonderlich angesehen ist. Dies habe mit der Fehleinschätzung zu tun, alte Leute seien für Pflegende vor allem eines: eine Belastung. Zudem wirke es, wie sie meint, auf viele abschreckend, Ältere in der letzten Phase ihres Lebens zu begleiten. Viele wollten nichts mit dem Tod zu tun haben. Von selbst werde sich das nicht ändern, ist Bittner überzeugt. Dazu bedürfe es einer Imagekampagne, einer besseren Bezahlung, und man brauche mehr Personal. Die fehlenden Kräfte aus dem Ausland anzuwerben, sei auf Dauer keine Lösung.

Für besonders wichtig hält sie auch einen wertschätzenden Umgang mit den Hilfs- und Pflegekräften in den Heimen. Eben so, wie sie es an ihrem Arbeitsplatz bei der Inneren Mission erfährt, wo nicht nur aufs Geld geschaut werde, sondern wo Menschlichkeit und ein gutes Miteinander noch eine große Rolle spielen, was selten geworden sei. "Wir werden hier auch gepflegt", beteuert sie anerkennend. Die Pflegerin beschreibt sich als Mensch, der schon als Kind immer gerne geholfen und gesehen hat, wo sie mit anpacken kann. Viele ihrer Freunde könnten ihren Job nicht machen, räumt Bittner ein. Um dann zu ergänzen: "Sie bewundern mich."

Eines mag die Fürstenfeldbruckerin freilich überhaupt nicht. Das ist der lästige "Bürokram", der immens und deutlich spürbar zugenommen habe. Auch wenn alles dokumentiert werden muss, was von der Zeit für die Senioren abgeht, will sie sich durch solche Unannehmlichkeiten die Freude an ihrer Arbeit nicht nehmen lassen. Ebenso wichtig wie ihr Beruf, sind für die 52-Jährige ihr Freund und ihre Hobbys. Sie findet Entspannung beim Kochen, Radfahren, Schwimmen oder beim Lesen eines guten Buches.

© SZ vom 08.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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