Eichenau:Transgourmet zieht ins Aldi-Lager

Hessischer Lebensmittellogistiker erwirbt das 80 000 Quadratmeter große Grundstück im Eichenauer Gewerbegebiet. Mehrere Versuche, im Großraum München bauen zu können, waren zuvor fehlgeschlagen

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Wenn Aldi im April kommenden Jahres sein Logistikzentrum in Eichenau aufgibt, wird es nicht lange leer stehen. Neuer Besitzer des Grundstücks mit 80 000 Quadratmetern Fläche ist die Firma Transgourmet GmbH aus Riedstadt in Hessen. Sie will vom 1. September 2017 an ihre Kunden aus Hotellerie, Gastronomie, Betriebskantinen und sozialen Einrichtungen von dort unter anderem mit frischen Lebensmitteln beliefern. Mit dem Verkauf des Grundstücks vor wenigen Wochen sind auch vorerst alle Pläne der Gemeinde vom Tisch, zusammen mit dem vorherigen Grundeigentümer über eine Neuaufteilung des riesigen Grundstücks im Gewerbegebiet Süd für Eichenauer Firmen zu sprechen.

Nach dem Schock auf die heuer im April angekündigte Betriebsschließung von Aldi folgt für die Gemeinde nun die Enttäuschung, auf unabsehbare Zeit im Gewerbegebiet Süd nichts neu gestalten zu können. Ein bereits vereinbartes Gespräch im Oktober zwischen Eichenaus neuem Bürgermeister Peter Münster (FDP) und dem Eigentümer war, wie Münster bestätigte, kurzfristig abgesagt worden. Verkäufer ist laut immobilien-zeitung.de eine Objektgesellschaft der luxemburgischen GIG-Gruppe des Münchner Unternehmers Matthias Happ. Dieser hatte vor zwei Jahren ein Paket mit 69 Immobilien von Aldi Süd vom US-Investor Blackrock erworben. Der Kaufpreis damals laut Immobilien-Zeitung: rund 140 Millionen Euro.

Die Suche nach einem geeigneten Grundstück für ein eigenes Auslieferungslager im Großraum München hat für Transgourmet in Eichenau nun ein Ende gefunden. Eichenau wird nach Angaben von Transgourmet die beiden Logistikzentren des Konzerns in Schweitenkirchen (Kreis Pfaffenhofen) und Chieming (Kreis Traunstein) ersetzen. Nachdem der Logistiker im Gewerbegebiet Neufahrn bei Freising nicht unterkommen konnte, hatte es einen Versuch im vergangenen Jahr gegeben, in der Gemeinde Aschheim (Landkreis München) eine Halle zu bauen. Dort scheiterte das Unternehmen aber am dortigen Gemeinderat. Dem schien die Höhe der zu erwartenden Gewerbesteuer zu gering.

ALDI Eichenau

Ende April 2017 will Aldi in Eichenau seinen Standort räumen. Dann zieht dort Transgourmet ein.

(Foto: Günther Reger)

Von Aschheim orientierte sich das Unternehmen nach Freising, wo es beabsichtigte, in dem neuen Gewerbegebiet "Clemensänger" eine 60 000 Quadratmeter großes Grundstück zu erwerben und eine Halle zu bauen. Die Ausmaße von 225 Metern Länge, 90 Metern Breite und 16 Metern Höhe aber riefen recht bald die Freisinger Grünen auf den Plan. Es kam, wie es bei solchen Großprojekten kommen musste. Es bildete sich die Bürgerinitiative "Transgour-Nee", die, unterstützt vom dortigen Bund Naturschutz, mit ihrem Bürgerbegehren im Frühsommer dieses Jahres erfolgreich war. Für die Ansiedlung hatten sich Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher sowie CSU und SPD eingesetzt.

Der Stadtrat von Freising setzte für den 9. Oktober einen Bürgerentscheid über die weitere Planung des Clemensängers an, doch nur wenige Tage davor verkündete Transgourmet seinen Rückzug aus Freising. Der Transgourmet-Verwaltungsrat begründete dies mit der fehlenden Planungssicherheit.

Zu dieser Zeit wusste der Lebensmittellogistiker bereits, dass ihm in Eichenau das Grundstück mit der passenden Infrastruktur zur Verfügung steht. In Freising durften die Bürger dennoch entscheiden, ob die Stadt den Clemensänger als Industriegebiet nutzen darf, und eine Mehrheit bestätigte die städtische Planung.

Transgourmet, das in diesem Jahr eine neue Esskultur mit hochwertigen Lebensmitteln bewirbt und dafür unter anderem Fernsehköchin Sarah Wiener gewonnen hat, war früher als Rewe-Foodservice bekannt und beliefert ausschließlich Großverbraucher. Heute gehört das Unternehmen mit 3500 Mitarbeitern und den deutschen Vertriebsmarken Transgourmet, Selgros und Transgourmet Cash&Carry zur schweizer Coop-Gruppe. Im Firmenprofil wird das Angebot so beschrieben: "Als Vollversorger bieten wir ein umfassendes Sortiment mit Lebensmitteln, Ge- und Verbrauchsgütern und Großküchenausstattung aus einer Hand." Der Jahresumsatz wird mit 1,3 Milliarden Euro angegeben.

Transgourmet im Clemensänger

Transgourmet konnte eine Lager in Freising nicht verwirklichen.

(Foto: privat)

Werden die Planungen, die für Freising galten, auch im neuen Logistikzentrum Eichenau umgesetzt, so sollen bis zu 250 Mitarbeiter im Rund-um-die-Uhr-Betrieb die Aufträge abarbeiten. Bürgermeister Peter Münster haben Vertreter von Transgourmet in der vergangenen Woche gesagt, es seien 250 Mitarbeiter in der ersten Phase. In Freising waren 50 eigene Lastwagen zur Auslieferung vorgesehen, Münster spricht davon, dass es 20 weniger seien als bei Aldi. Hinzu kommt der Anlieferverkehr auch sonntags sowie die An- und Abfahrten der Beschäftigten.

Platz stünde in Eichenau für das Lagern des Trockensortiments, des Obst- und Gemüselagers, für die Kühlräume für frische und tiefgekühlte Produkte sowie für die Verwaltung ausreichend zur Verfügung. Wie viele Arbeitsplätze noch hinzukommen könnten, darüber ist bisher nichts bekannt. Transgourmet wirbt allerdings auf dem Aldi-Betriebsgelände schon auf Plakaten mit Arbeitsplätzen für Lkw-Fahrer. Wenn Aldi Eichenau aufgelöst ist, werden andere Aldi-Logistikzentren in Geisenfeld (Landkreis Pfaffenhofen), Kleinaitingen (Landkreis Augsburg) und Ebersberg jene Filialen beliefern, die von Eichenau aus bedient wurden. Ebersberg werden zum Beispiel elf der zuletzt 37 Filialen zugeschlagen.

Eichenauer Kommunalpolitiker aller Fraktionen hatten große Hoffnungen darauf gesetzt, auf dem frei werdenden Grundstück zusammen mit dem Eigentümer, dem Münchner Unternehmer Matthias Happ, kleinteiliger planen zu können. Das ist nun vorbei. "Ich hätte mir gewünscht," sagte der Bürgermeister am Donnerstag der SZ, "dass wir eine gemeinsame Entwicklung voranbringen." Denn nach wie vor suchen auch Eichenauer Firmen Möglichkeiten, entweder innerhalb des Ortes umzuziehen, zu expandieren oder sogar von einem Standort außerhalb Eichenaus wieder in den Ort zurückzukehren. Der Gewebereferent des Gemeinderats, Peter Zeiler (CSU), sieht deshalb mit großer Sorge, dass dem Gemeinderat diese Planungsmöglichkeiten nun genommen sind. "Es gibt Anfragen von Eichenauer Gewerbetreibenden, es gibt einen mittelfristigen Bedarf", sagte Zeiler. Münster kündigte an, dass sich der Gemeinderat bald in einer Klausur mit der Ortsentwicklung befassen werde. Schon in der Gemeinderatssitzung am Dienstag kommender Woche werde über das Gewerbegebiet Nord gesprochen.

Über diese knapp 40 000 Quadratmeter große Fläche haben sich die Fraktionen in den vergangenen Monaten ihre Gedanken gemacht. CSU-Fraktionsvorsitzender Dirk Flechsig und Baureferent Josef Spiess könnten sich vorstellen, das Gebiet deutlich zu vergrößern. Die CSU hat sich demnach auch schon Gedanken über eine neue Erschließung des Gebiets gemacht und will vorschlagen, dort auch eine Tankstelle zuzulassen.

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