Eichenau:Intensive Kantilenen der Erzählerin

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Konzert von Julia Rebekka Adler und Christian Brembeck überzeugt mit Schumanns Märchenbildern

Von Klaus Mohr, Eichenau

Alle Jahre wieder, und doch jedes Jahr etwas anders: So könnte man das Eichenauer Silvesterkonzert im Kardinal-Döpfner-Saal des Pfarrzentrums beschreiben. "Alle Jahre wieder" lädt Christian Brembeck einen Instrumentalisten ein, mit dem er im Duo spielt. "Etwas anders" war es insofern, als die Bratschistin Julia Rebecca Adler an dieser Stelle erstmals zu hören war. Auch hatte Christian Brembeck aufgrund der Programmzusammenstellung statt des Hammerflügels der vergangenen Jahre den modernen Konzertflügel gewählt. Das Konzert ist damit ein Sinnbild für den Jahreswechsel: Jeder möchte Gutes aus dem alten Jahr mitnehmen und hofft zugleich auf neue Impulse für das kommende Jahr.

Für eine große Zahl an Besuchern gehört dieses Konzert zu den festen Gewohnheiten an Silvester. Auf dem Programm standen Duowerke, die als Entstehungszeit etwa die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts abdecken und damit eine Periode, die von der Klassik hinein in die Romantik führt. Der Höhepunkt des Abends war zugleich sein zuletzt entstandenes Werk: Robert Schumanns vier "Märchenbilder" op. 113 für Viola und Klavier haben möglicherweise einen Bezug zu konkreten Gedichten. Im Kern geht es jedoch darum, einen poetisch-erzählenden Tonfall statt in Worte in Musik zu übertragen. Als "Märchenerzählerin" fungierte zumeist die Viola, deren wunderbar weicher und warmer Klang die Zuhörer von Stück zu Stück mehr in ihren Bann zog. Während es sich bei der ersten Pièce ("Nicht schnell") um eine eher epische Geschichte handelte, die in elegischer Ruhe die Zeit fast zum Stillstand brachte, beherrschte ein leidenschaftlicher Zugriff das nächste Stück ("Lebhaft"). Verve und Kraft, die der Violaton ausstrahlte, resultierten aus der Führung des Bogens und nicht aus dem Druck auf die Saiten, sodass sich der Klang frei entfalten konnte.

Christian Brembeck passte sich der Bratschistin ausgezeichnet an und stützte ihre Interpretation. Im mit "rasch" überschriebenen dritten Stück schien es, als ob dem Hörer eine verwunschene Hexe ihre Zaubersprüche mitteilte, bevor die Oberhexe in der singenden Oberstimme ein Machtwort sprach. Die Viola-Melodie hatte im letzten Stück Ausdruck aus der Tiefe und viel Intensität. Immer wieder fanden sich hier beide Instrumente in gegenseitiger Umklammerung. Franz Schuberts "Arpeggione"-Sonate in a-Moll D 821 wurde zwar nicht für die Viola komponiert, doch klang es hier auf stupende Weise fast so. Die Bratschistin meisterte alle Schwierigkeiten mühelos und fand im Pianisten einen ganz flexiblen und klanglich hoch differenzierenden Kammermusikpartner.

Zu Beginn des Konzerts stand Johann Nepomuk Hummels Sonate in Es-Dur op. 5 Nr. 3 auf dem Programm. In diesem fantastischen Werk suchte Hummel einen Weg, klassische Ausgewogenheit mit hohem virtuosem Anspruch vor allem im Klavierpart in Einklang zu bringen. Die Bratschistin, die im Kopfsatz (Allegro moderato) die Themenvorstellung des Klaviers beantwortete, brachte sogleich eine veredelte Variante ins Spiel. Es gehörte zu den absoluten Stärken von Julia Rebekka Adler, Kantilenen ganz ruhig und bis zum letzten Ton durchgehört auszumusizieren. Christian Brembeck überzeugte an den Stellen in hohem Maß, an denen er als sorgsamer Begleiter in zweiter Reihe stand. Je virtuoser eine Passage angelegt war, mit desto größerer Anstrengung stürzte er sich hinein. Da blieben bei aller Begeisterung nicht nur Töne weg, auch der Pedalgebrauch litt und legte eine Art romantisierende Haube auf die filigran ziselierten Spielfiguren. Nach großem Beifall gab es noch einen effektvollen Tango als Zugabe.

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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