Süddeutsche Zeitung

Eichenau/Fürstenfeldbruck:Hausordnungen für See und Meer

Statt eines rigiden Sicherheitskonzepts entscheidet sich der Eichenauer Gemeinderat für Maßnahmen, die den Menschen den Spaß am Aufenthalt in der Natur nicht verderben. Auch Bruck passt seine Regeln an

Von Erich C. Setzwein und Stefan Salger, Eichenau/Fürstenfeldbruck

Ein heißer Tag, an dem ein Bad im kleinen Baggersee erfrischen soll - und dann passiert ein Unfall. Wie schlimm auch immer die Folgen sind, irgendjemand wird als Schuldiger gesucht. In diese Rollen will sich die Gemeinde eigentlich nicht begeben und hat deshalb ein Sicherheitskonzept für den kleinen Badesee am südlichen Ortsrand aufstellen lassen. Hintergrund war ein Urteil des Bundesgerichtshofes von 2017, wonach die Betreiber von Naturbädern sowohl zivilrechtlich, vor allem aber auch strafrechtlich in die Haftung genommen werden können. Daraufhin hatten Fürstenfeldbruck und Germering als Erstes die Badeinseln aus ihren Seen genommen, sich aber dann juristisch beraten lassen. Auch in Eichenau wurde über die Sicherheit am See diskutiert. Doch das Ergebnis des nun vorgelegten Konzepts des Sicherheits- und Detektivbüros Wensauer SDW GmbH aus Emmering konnte weder die am See eingesetzte Wasserwacht noch die Gemeinderäte überzeugen. Die Folgen wären ihrer Meinung nach zu gravierend für die Nutzung des Sees gewesen.

"Soll ich lachen oder soll ich weinen?", spottete Peter Zeiler über das Ansinnen, dem Badesee alles zu nehmen, was den Besuchern dort Spaß macht. Der CSU-Gemeinderat erinnerte an die Eigenverantwortung des Einzelnen und bedauerte, dass wegen eines einzigen Unfalls die Existenz des Weihers in Frage gestellt worden sei. "Das halten wir jetzt einfach aus", äußerte er seine Ablehnung.

Dass man es sich nicht so einfach machen kann, versuchte Bürgermeister Peter Münster (FDP) dem Kollegium zu erläutern und berichtete vom Unfall einer Person auf einem Bürgersteig: "Wir müssen uns mit Schadenersatzansprüchen auseinandersetzen", sagte Münster. "Die Verkehrssicherungspflicht steigt, das Risiko ist höher, als wir es uns eingestehen wollen." Nicht der See sei das Problem, sondern der Steg.

Das stellte Andreas Zerbes (SPD) in Abrede und argumentierte gegen die These, dass jeder Gemeinderat haftbar gemacht werden könne. Er habe das Konzept gelesen "und über die Formulierungen herzlich gelacht". Zerbes schloss für sich aus zuzustimmen, damit der Badesteg eingezäunt und die Insel entfernt wird. Der See, so Zerbes, sei "freie Natur" und der Zugang zu ihr sei in der bayerischen Verfassung geregelt. Er schlug zum einen vor, jenen Anwalt einzubinden, der schon die Stadt Fürstenfeldbruck beraten hat - die danach die Badeinseln wieder eingesetzt hatte -, zum anderen forderte Zerbes ein neues Sicherheitskonzept, die Abschaffung der geltenden Satzung und eine Hausordnung für das kleine Erholungsgebiet.

Die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen gaben Zerbes recht. So wies Claus Guttenthaler (FW) auf die "üblichen Gefahren" hin, die nun einmal in Kauf genommen werden müssten, und Hannelore Münster (FDP) unterstrich, dass Unfälle vermieden werden sollten. In der CSU-Fraktion setzten sich Wolfgang Fiebig und Josef Spiess dafür ein, dass man "den Leuten nicht alles kaputtmachen" solle und vor allem junge Leute ihren Spaß haben dürften, "einfach in den See zu springen".

Nach der auf acht Punkte ausgedehnten Beschlussvorlage wurde einstimmig beschlossen, die jetzt noch geltende Freibadsatzung aufzuheben. Weder die Idee eines neuen Naherholungskonzeptes für den Freizeitbereich mit See fand eine Mehrheit noch die Aufstellung eines neuen Sicherheitskonzeptes. Dafür aber wurde einstimmig vereinbart, eine Hausordnung für den See und die umgebenden Anlagen zu erstellen. Der Badesteg soll erhalten bleiben, wie er ist, und am See sollen weitere Rettungsringe aufgestellt werden. Dass die Badeinsel im See bleiben kann, wurde einstimmig befürwortet. Wie sich die Hausordnung dort durchsetzen lässt und wie oft die Wasserwacht am See präsent ist, das wurde noch nicht besprochen.

Auch ein Meer bedarf der Hausordnung: Der Fürstenfeldbrucker Sozialausschuss hat jüngst ein entsprechendes Regelwerk nebst Sicherheitskonzept fürs Erholungsgebiet Pucher Meer erlassen, das die bisherige Satzung ersetzt. Die Politiker justierten den Entwurf zuvor noch etwas nach. So soll Standup Paddeling (SUP) erlaubt sein, fürs Wassern der Boards soll es eine Stelle nahe der Wasserwacht geben. Das Befahren des Sees mit Schlauchbooten soll ebenfalls erlaubt sein, auch die Mitglieder des Bezirksfischereivereins dürfen ihn weiterhin mit ihren Booten befahren. Der Passus, das Betreten des Geländes zwischen ein und sechs Uhr zu untersagen, soll gestrichen werden.

Die wichtigsten Regelungen fürs Erholungsgebiet mit dem öffentlichen Badeplatz: die Benutzung des Geländes, insbesondere das Baden und im Winter das Betreten der Eisflächen, erfolgen auf eigene Gefahr. Kindern unter sieben Jahren ist der Besuch nur in Begleitung aufsichtsberechtigter Personen über 16 Jahren gestattet. Und der Aufenthalt ist nur in Bekleidung gestattet - außer in ausgewiesenen FKK-Bereichen.

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SZ vom 18.03.2021
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