Diskussion:Dunkle Aura in der Aula

Eichenau: Josef-Dering-Schule / Umstrittenes Wandbild

Weil es noch keine Lösung gibt, behilft sich die Schulleitung damit, das Gemälde von Erhard Paskuda mit Stellwänden und Plakaten zu verdecken. Zwar sind die Farben des Bildes dunkel und gedeckt, richtig bedrohlich wirken die Motive wie Blumen, Bäume und Schlüssel allerdings nicht.

(Foto: Johannes Simon)

Die Leiterin der Josef-Dering-Schule will ein Gemälde Erhard Paskudas abdecken lassen. Kulturreferentin und Künstler kritisieren den Plan

Von Florian J. Haamann, Eichenau

Dass Kunst nicht in jedem Betrachter dieselben Assoziationen und Gefühle hervorruft, ist nichts Neues. Die Frage allerdings, wie man mit dieser Erkenntnis umgeht, ist immer wieder aufs Neue spannend, wie eine aktuelle Diskussion in Eichenau zeigt. Die Aula der Josef-Dering-Schule wird seit etwa 50 Jahren von einem Wandgemälde des Künstlers Erhard Paskuda geschmückt. Der Schulleiterin Sandra Doriat allerdings ist es wegen seiner düsteren Farben seit Jahren quasi ein Dorn im Auge. Deshalb möchte sie es am liebsten hinter einer Rigipsplatte verstecken. "Die Farben sind so gedeckt, das Bild hat nichts Freundliches, es ist für Grundschüler einfach nicht altersgerecht", sagt Doriat.

Das spatexpressionistische Gemälde, das über die komplette Wand reicht und nur von einer Tür unterbrochen wird, ist tatsächlich in dunklen Farben gehalten. Allerdings sind die gezeigten Motive nicht bedrohlich. Es finden sich Vögel, Blumen, ein Eichenzweig. Dazu eine Mutter mit Kind, eine Bäuerin, eine Kuh, im Hintergrund eine Kirche mit Turm. Die Darstellungen sind nicht hyperealistisch, sondern leicht abstrahiert und stilisiert. Der Künstler Erhard Paskuda wurde 1922 in Oberschlesien geboren, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München und war bis zu seinem Tod 2012 renommiertes Mitglied der Münchner Kunstszene. Seine Werke waren unter anderem im Haus der Kunst zu sehen.

Schulleiterin Sandra Doriat betont, dass sie sein Werk in keinem Fall entfernen lassen will und dass sie auch nicht grundsätzlich etwas gegen Kunst am Bau hat. Sie verweist auf die zahlreichen anderen Werke in der Schule. Im Treppenhaus hinter der Aula etwa sind zwei wandfüllende Bilder des Schul-Namensgebers Josef Dering zu finden. Eines zeigt Sonne, Wolken und einen Regenbogen, das zweite einen großen Schmetterling, der sich sogar im Schullogo wiederfindet. Das Dering-Werk im Treppenhaus haben die Schüler mit bunten Schmetterlingen, die wie an der Wand entlang fliegen, ergänzt und erweitert. So ähnlich stellt sich Doriat auch die mögliche Gestaltung der von ihr gewünschten Wand vor dem Paskuda-Gemälde in der Aula vor.

Dafür allerdings benötigt die Schule die Genehmigung der Gemeinde. Bürgermeister Peter Münster (FDP) erklärt, dass er mit einer Wand leben könnte, wenn das Kunstwerk dahinter erhalten bleibt. Der Gemeinderat allerdings sieht das anders und hat im November entschieden, dass eine Kommission "Kunst am Bau" eingerichtet werden soll, die unter anderem über dieses Thema entscheidet. Getagt hat die Kommission bisher noch nicht. Allerdings, sagt Münster, seien in dieser Woche die Einladungen für eine erste Sitzung verschickt worden, der Termin soll Ende Februar oder Anfang März stattfinden. In der Kommission soll ein Vertreter aus jeder Fraktion sitzen, dazu die betroffenen Referenten.

Für die Kultur in Eichenau ist Celine Lauer (CSU) als Referentin zuständig. Sie hat zu dem Thema eine ander Meinung als der Bürgermeister. "Ich sehe das Problem nicht ganz. Ich bin selbst auf die Schule gegangen, und das Kunstwerk war nie umstritten. Für mich ist es ausgeschlossen, das Kunstwerk zu entfernen oder eine Wand davor zu stellen, für deren Befestigung das Gemälde angebohrt werden müsste." Zumal es eines der ältesten Kunstwerke der noch relativ jungen Gemeinde Eichenau sei. "Das darf nicht aus einem Zeitgeist heraus entfernt werden." Schon unter ihrer Vorgängerin Marille Musolff sei die Dunkelheit der Aula als Ganzes ein Thema gewesen. Damals habe man die Holzvertäfelung an den Wänden geweißelt und zusätzlich eine bessere Beleuchtung installiert.

Solange die Situation weiter ungeklärt ist, behilft sich die Schulleitung mit kleinen Tricks. Vor dem Paskuda-Gemälde stehen mehrere Stellwände die über Aktivitäten der Schule, beispielsweise eine Theateraufführung, informieren. Eine andere Wand zeigt Klassenfotos. Auch eine "Schlamper-Garderobe", wie es auf einem auf das Gemälde geklebten Plakat heißt, ist dort eingerichtet: Auf einem kleinen Regal liegen Mützen, Handschuhe, Schals.

Ein Vorgehen, dem Christine Helmerich, die ehemalige Vorsitzende der Brucker Künstlervereinigung, nur wenig abgewinnen kann. "Als Künstlerin halte ich es für respektlos, wenn da lauter Zeug hingestellt und das Bild beklebt wird und man es quasi als Aushängewand nutzt. Egal, ob es noch dem Zeitgeist entspricht oder nicht. Das Werk ist ein Original und man sollte respektvoll damit umgehen". Helmerich schlägt deshalb vor, dass das Bild frei sichtbar bleibt. Viel besser als es zu verstecken, wäre ihrer Meinung, wenn die Lehrer mit den Schülern darüber sprechen und eine Infotafel über das Bild und den Künstler Paskuda informiert.

Ähnlich sieht das auch der wohl bekannteste Eichenauer Künstler, Roland Helmer. Er hat sein Atelier direkt neben der Schule und selbst eine Decke und das Treppenhaus in einem der drei Schulgebäude gestaltet. "Ich bin der Meinung, wenn man mit dem Werk nicht zufrieden ist, dann muss man es mit den Schülern zum Thema machen. Und generell finde ich, dass wir in einer dunkeln Welt leben und man die Kinder nicht davor verschonen kann, indem man ein Bild versteckt", sagt Helmer, "zumal es ja völlig subjektiv ist, was man beim Anblick empfindet. Und wenn ein Kind davor Angst haben sollte, sollte man vielleicht besser herausfinden, woher diese Angst kommt und sich damit auseinandersetzen."

Ganz neu ist die Idee einer inhaltlichen Auseinandersetzung übrigens nicht, wie sich Kulturreferentin Celine Lauer erinnert. Als sie in der Schule war, habe der Kunstlehrer mit ihnen über das Werk gesprochen, es genau angeschaut, die Motive erklärt. "Und wir haben gelernt, warum wir uns auch vor Kunst mit dunklen Farben nicht fürchten brauchen".

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