Egenhofen:Sternstunde des Dialekts

Mundartlesung

Otto Göttler (rechts) liest im Egenhofener Café Mühlgang, Gisela und Siegfried Bradl musizieren.

(Foto: Günther Reger)

Hans Göttler und Siegfried Bradl widmen sich in der Furthmühle altbairischer Mundart

Von Manfred Amann, Egenhofen

Im Café Mühlgang der Furthmühle hat Familie Aumüller gerade alle Hände voll zu tun, als sich am Sonntagabend Hans Göttler mit einem Wäschekorb voll mit Büchern, CDs und Manuskripten durch die Tür schiebt. "I' bin heid da Schmaddsa" (der Vortragende), gibt er sich mit lauter, kräftiger Stimme zu erkennen und bahnt sich den Weg zum Zweiten Vorstand Siegfried Bradl vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte, der zum sechsten Mal zum Altbairischen Mundarttag in die historische Getreidemühle bei Egenhofen eingeladen hat. Bradl, der mit seiner Frau Gisela den Abend als "Haberer-Zwoag'sang" begleitet, stellt Göttler als Münchner Turmschreiber vor, der aus Simbach am Inn stammt und an der Universität in Passau unter anderem Deutsch-Didaktik lehrt. Außerdem nennt er den Mundartdichter einen Fachmann für altbairische Literatur, der schon viele Ehrungen gesammelt hat und zum Beispiel auch als "Minister des Inneren" beim "Verein zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste" barisches Kulturgut verbreitet. Dazu hält Göttler als Bestätigung eine Vereinstasse hoch und kokettiert etwas mit seiner Herkunft aus dem Rottal, wo er als "Weißbräu-, Gastwirts- und Kracherlmacherbua" aufgewachsen sei. Göttler lobt das passende Mühlenambiente und Bradl findet das Café Mühlgang ideal, weil es inmitten dreier Landkreise mit leichten Dialektunterschieden liegt. Dann folgt die musikalische Begrüßung mit "Griaß eich God, alle miteinanda".

"Etwa 3300 Mitglieder unterstützen den Förderverein mittlerweile", sagt Bradl, der sich freut, dass allmählich auch in Kindergärten und Schulen wieder Dialekt gesprochen werden darf. "Unser Verein will auf jeden Fall, die Vielfalt der Dialekte bewahren", erklärt Bradl. Und Göttler, der auch "kleiner Bruder von Gerhard Polt" genannt wird, hebt die Bedeutung des heimatlichen Liedgutes und der Literatur für die "Identitätsbildung" hervor. "Wödaschwüln" ist das erste Gedicht überschrieben, das Göttler als dialektsprachlich bedeutsames und eindrucksvolles Gedicht vorstellt. Veröffentlicht hat es die Mundartdichterin Emmerenz Meier um 1900. Mit einem Kleiderbügel als Stirnjoch mimt Göttler den Ochsen, mit dem der Knecht im Gedicht das Feld bestellt und sich in Rage steigert. "Mi würgt der Wind, mi druckt der Tag, Hü Ochsl hü", ruft der Knecht vor Eifersucht, bis er mit Worten "A Messer und fünf Stich gibt Bluat. Wüah, meine Öchsl, wüah! Zua bis aufs Heft und ummadraht, verfluachter Lump, wia wohl dös taat! Wüah, meine Öchsl, wüah!" seinen brutalen Mordgedanken freien Lauf lässt. "Wödaschwüln" beschreibe in etwa die Schwüle, die vor einem Gewitter aufkommt, erklärt der 65-Jährige, der auch schon mit dem bayerischen Poetentaler ausgezeichnet wurde.

Zu den in Vergessenheit geratenen Mundartdichtern zählt Göttler auch Max Peinkofer aus Tittling im Bayerwald, dessen Werke er ebenso wie die von Emmerenz Meier neu aufgelegt hat. "Aspuin, Federn schleiß'n, Supp'n kocha, Seckel stricka, Ruam asteißn", dieses und vieles mehr sind bei Peinkofer die Aufgaben einer "klona Dirn". Viele der Arbeiten gebe es gar nicht mehr, so dass die Worte "verlor'n gangad'n wenn ma's ned dainnern dat", erklärt der Deutschlehrer. Wert, wiederbelebt zu werden, sind auch die Erinnerungen und Geschichten vom Ponzauer Wigg aus Niederbayern, von dem er über die Hunds-Resl vorträgt, oder von Robert Bernhard Ebertseder, dessen Titel "Mit der Boggalbahn durchs Rottal" eine "Fundgrube bairischen Dialekts" ist. Wichtig ist Göttler vor allem, Kinder mit dem Dialekt vertraut zu machen. Daher hat er Vertrautes wie Max und Moritz in "Max und Moritz in Weißblau" und die Geschichte vom Struwelpeter in "Da Struuwebäda auf Boarisch" übersetzt. Eine Kostprobe davon mit vielen "Assoziationen zum richtigen Leben" rundet den Dialektabend ab.

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