Gericht:2500 Euro Geldstrafe für Postkarten-Verkauf

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck verurteilt einen 67-Jährigen wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

2500 Euro Geldstrafe muss ein Mann aus dem südlichen Landkreis bezahlen, weil er im Internet wiederholt Hakenkreuze gezeigt hatte. Der 68-Jährige hatte Briefmarken und Postkarten mit dem in Deutschland verbotenen Symbol im Netz zum Kauf angeboten. Deshalb sprach ihn ein Richter am Amtsgericht Fürstenfeldbruck wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig. Glimpflich endete das Verfahren gegen die mitangeklagte Ehefrau: Die 53-jährige wurde freigesprochen, weil ihr keine Beteiligung nachgewiesen werden konnte.

"Ich habe früher Briefmarken gesammelt", sagt der Angeklagte. Dabei sei er auch an Postkarten aus dem Dritten Reich gelangt. Weil er das Hobby nicht mehr betreibe, habe er die Sammlung nun aufgelöst und verkaufe sie bei Ebay, erklärt der 67-Jährige. Er versichert, dass seine Frau damit nichts zu tun hat. Hinweise auf eine Tatbeteiligung der 54-Jährigen hatte auch die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck nicht entdeckt, wie ein Beamter im Gerichtssaal sagt. Der Verteidiger des Angeklagten verweist auf ein Urteil des Landgerichts Koblenz, bei dem im Internet Münzen mit Hakenkreuz verkauft worden waren. Der Prozess endete mit einem Freispruch, unterstreicht der Rechtsanwalt. Und ergänzt, dass bei der Hausdurchsuchung des Ehepaars "nichts ansatzweise Einschlägiges" gefunden wurde. Wie der Staatsanwalt erwidert, glaubt er auch nicht an eine rechten Gesinnung der Angeklagten. "Es geht mir ums Hochladen." Schließlich habe der Gesetzgeber die Veröffentlichung verfassungsfeindlicher Symbole unter Strafe gestellt. Für die Ehefrau pocht die Verteidigerin darauf, dass ihre Mandantin mit den Verkäufen nichts zu tun hatte.

"Für mich sieht es so aus, als würden sie Nazisachen aufkaufen und wieder verkaufen", erklärt hingegen der Mann, der das Ehepaar nicht nur wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angezeigt hat, sondern auch wegen Beleidigung, Betrug und dem Handeln von Kinderpornografie. Der 33-jährige Zeuge ist aus Hamburg angereist. Er hat den Ebay-Zugang des Angeklagten, der von beiden Ehepartnern genutzt wird, ein halbes Jahr beobachtet. Nun übergibt er Richter Martin Ramsauer Ausdrucke vom Bewertungsprofil dieses Ebay-Accounts sowie eine Liste der verkauften Artikel. "Die Nazi-Artikel wurden immer nur drei Tage reingestellt", sagt er. Das deute darauf hin, dass dem Verkäufer die Strafbarkeit bewusst sei, unterstreicht der 33-jährige, der offenbar selbst sehr aktiv ist auf Ebay. Wie sich herausstellt, hat er dort aktuell mehr als 2000 Angebote inseriert. Davon verkaufe er aber nur sehr wenig, wiegelt er ab.

Der Zeuge erklärt auf die Frage, woher er die Angeklagten kenne, dass diese sich für eines seiner Angebote interessiert hätten. Seine Antworten werden nun etwas knapp. Die weitere Befragung ergibt, dass ein Geschäft nicht zustande gekommen war und die Kommunikation mit dem potenziellen Käufer - nämlich den Angeklagten - gegen Ende etwas entgleist war. Wirklich strafrechtlich relevante Beleidigungen hat es aber höchstens eine kleine gegeben, ist das Fazit der Rechtsanwältin nach der Lektüre des Dialogs. Und auch die als Kinderpornografie bezeichnete Fotografie oder Postkarte zeigt ein paar leicht bekleidet in der Natur herumtanzende Mädchen im Teenageralter.

Für den Moment konzentriert sich der Staatsanwalt auf die Tatsachen, nämlich das Hochladen verbotener Symbole. "In dem Moment, wo man es veröffentlicht, ist es strafbar", erläutert er. Und beantragt eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 Euro, also 2100 Euro. Die Verteidiger plädieren auf Freispruch. Doch für den Richter steht fest, "dass es nicht so war, dass ein Sammler hier seine Sammlung auflöst". Der 67-Jährige habe "eine erhebliche Menge vorrätig gehabt", resümiert er. Die 79 Feldpost- und 49 Luftpostmarken, die bei der Durchsuchung gefunden wurden, bleiben im Besitz der Justiz.

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