Dorothee von Bary im Gespräch:"Viele Leute haben ihre Zeit gespendet"

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Mit der Fürstenfeldbrucker SZ spricht Dorothee von Bary, Vorsitzende der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck, über große Hilfsbereitschaft, verhinderte Jubiläumsfeiern und Dank, den es noch abzustatten gilt

Interview von Ariane Lindenbach

Dorothee von Bary und die Bürgerstiftung können das Jubiläum erst im November feiern. (Foto: Johannes Simon)

Wie groß die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist, haben zahllose Menschen vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr gezeigt. Auch Dorothee von Bary von der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck hat das gespürt, zum Beispiel weil viele Menschen ganz uneigennützig ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt oder Geld gespendet haben. In einem normalen Jahr hätte die 1999 gegründete Stiftung dieses Engagement sicherlich mit einer großen Feier gewürdigt - zumal es in diesem Jahr auch noch zwei runde Geburtstage zu feiern gäbe. Und um diese Jahreszeit hätten noch am 21. September der "Welttag der Dankbarkeit" und am 1. Oktober der europäische "Tag der Stiftungen" Anlass für Feierlichkeiten geboten. Aber wegen der Pandemie ist alles anders.

SZ: Frau von Bary, 2020 hätte mit zwei Jubiläen von Projekten, der Brucker Tafel und dem Nahtourband, ein großes Jahr für die Bürgerstiftung sein sollen . Doch dann kam die Corona-Pandemie. Wie hat das Ihre Pläne beeinflusst?

Dorothee von Bary: Sie kennen das Sprichwort von Wilhelm Busch: "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt?" Wir haben bisher weder den 20. Geburtstag der Brucker Tafel noch 20 Jahre Nahtourband gefeiert. Die lange Nacht der Demokratie fällt aus, die Deutsch-Freizeit mussten wir absagen. Auch wir haben uns monatelang nur per Video gesehen und Sitzungen abgehalten. Inzwischen machen wir die Stiftungsratssitzungen und andere Treffen mit mehr als zehn Personen in der Halle der Kiener-Stiftung in Fürstenfeldbruck.

Planen Sie für den entfallenen Geburtstag der Tafel im Mai Ersatz?

Ja, er ist nur verschoben. Das 20-jährige Jubiläum der Brucker Tafel wird im November nachgeholt, es gibt eine Veranstaltung, Corona-konform im Lichtspielhaus, damit wir uns bei den Menschen bedanken können, die ehrenamtlich mitarbeiten und sich schon über viele Jahre engagieren. Sie machen wirklich eine tolle Arbeit!

Wie viele Menschen engagieren sich ungefähr bei der Brucker Tafel?

Etwa 45.

Hatten Sie für das Nahtourband auch schon etwas in Planung?

Für das Nahtourband war noch nichts geplant. Das Jubiläum verschieben wir ins kommende Frühjahr. Beim Nahtourband passiert übrigens gerade richtig viel. Es wird in das Radwegekonzept des Landkreises integriert, die Routen werden zu Rundkursen erweitert und digitalisiert. Im westlichen Landkreis gibt es außerdem eine neue Strecke.

Gab es dann für die Bürgerstiftung überhaupt die Gelegenheit, im Mai zum Tafelgeburtstag, den vielen Ehrenamtlichen zu danken?

Nein, das haben wir bisher nicht gemacht, sondern verschoben, bis man wieder ein bisschen feiern kann. Wir haben jetzt eine gute Idee, aber die kann ich hier nicht über die Zeitung verraten, es soll ja eine Überraschung für unsere Helferinnen und Helfer werden.

Um noch bei Corona zu bleiben: Die Bürgerstiftung hat ja sehr schnell eine Corona-Hilfe ins Leben gerufen, um Hilfsbedürftige, etwa Risikopatienten oder ältere Menschen, und Menschen, die helfen wollen, zusammenzubringen. Was haben Sie da erlebt?

Die Corona-Pandemie hat gerade am Anfang eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst, das war teilweise sehr berührend. Viele Leute haben ihre Zeit gespendet, gerade auch junge Leute. Das hat mich sehr gefreut. Auch finanziell gab es eine unglaubliche Hilfsbereitschaft.

20 Jahre Brucker Tafel. (Foto: Günther Reger)

Erzählen Sie doch ein, zwei Beispiele.

Ein Spediteur hat uns angeboten die Lebensmitteltüten auszufahren, weil er sich in Fürstenfeldbruck gut auskennt. Bei vielen war der eigentliche Job, zum Beispiel Lehrer oder Babyschwimmkurse geben, nicht möglich, also haben sie die Tafeln unterstützt und Tüten gepackt.

Sie hatten sich auch mit der Corona-Nachbarschaftshilfe Fürstenfeldbruck zusammengetan. Was genau haben Sie getan?

Wir haben Informationen und auch Ehrenamtliche ausgetauscht, wir haben uns immer wieder beraten und gegenseitig geholfen.

Da ist es auch sehr passend, dass der europäische "Tag der Stiftungen" am 1. Oktober in diesem Jahr unter dem Motto "Wir zusammen" steht.

Ja, das passt wirklich sehr gut. Das ist auch ein generelles Motto von uns, wahrscheinlich von allen Bürgerstiftungen.

Viele Ihrer rund 240 Ehrenamtlichen sind selbst älter und gehören zur Risikogruppe. Wie gehen Sie damit um?

Wir haben auf die Ängste der Ehrenamtlichen sehr schnell reagiert und alle Tafeln im März geschlossen. Im Frühjahr war die Situation ja viel ungewisser, weil man noch so wenig wusste. Gleichzeitig sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so engagiert und nehmen so Anteil am Schicksal der Tafelkunden, dass es ihnen wichtig war, die Versorgung aufrecht zu erhalten. Deshalb haben wir die Schließung mit gepackten Taschen und Gutscheinen überbrückt. Seit Pfingsten haben die Tafeln wieder offen - mit Hygienekonzepten, das läuft ganz gut. Aber auch wir machen uns jetzt schon Gedanken, wie wir reagieren, wenn die Zahlen weiter nach oben gehen.

Gibt es noch weitere Einschränkungen für die Bürgerstiftung?

Es sind alle Projekte bis auf das Nahtourband zum Erliegen gekommen: Vorlesen, Deutschfreizeit, einfach alles. Wir haben dafür sehr viele Seniorenkonzerte organisiert, bestimmt 25, 30 Konzerte im Freien vor Seniorenheimen. Sie haben eine sehr gute Resonanz gehabt. Aktuell denken wir darüber nach, wie wir das im Winter fortsetzen könnten. Wir haben Beschäftigungsmöglichkeiten für Senioren abgefragt in der Zeit der strengen Beschränkungen und Besuchsverbote. Über unsere Seniorenhilfe Sonnenstrahl konnten wir Hochbeete finanzieren, Zeitungsabos zum Vorlesen - die Senioren durften Wünsche äußern, was sie gerne machen wollten. Wir unterstützen gerade auch einen virtuellen Museumsrundgang am Jexhof. Wenn man plötzlich andere Dinge macht, öffnet das nebenbei auch den Blick und ist ganz spannend.

Wegen des Virus konnten Sie auch nicht, wie sonst zum 1. Oktober, eine Veranstaltung organisieren.

Wir wollten an der bayernweiten langen Nacht der Demokratie teilnehmen und hatten dafür schon eine Menge Ideen und Projektpartner gefunden.

Andererseits bietet die momentane Ausnahmesituation der Bürgerstiftung vermutlich auch die Möglichkeit, ihre Stärken zu zeigen, nämlich Menschen zu helfen.

Unser Ziel ist es stets, auf gesellschaftliche Bedürfnisse schnell und flexibel zu reagieren. Das ist uns dieses Jahr bislang recht gut gelungen. Wir sind unendlich dankbar, dass uns so viele Menschen im Landkreis dabei unterstützen.

© SZ vom 01.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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