Diskussion um Zuwanderung:Bürgermeister widersprechen CSU

Rathauschefs aus dem Landkreis bestreiten Zusammenhang zwischen Armutszuwanderung und Finanzproblemen der Kommunen. Dafür gibt es keine Belege

Von Gerhard Eisenkolb

Bürgermeister von Landkreiskommunen sehen die von der CSU angestoßene Debatte über den Missbrauch von Sozialleistungen durch Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien kritisch. Sie können einen Zusammenhang zwischen Armutszuwanderung und Finanzproblemen nicht belegen. "Es ist etwas komisch, wenn wir Arbeitskräfte aus Spanien anwerben und Bulgaren und Rumänen nicht wollen", sagt Johann Thurner (FW), Rathauschef in Mammendorf und Kreisvorsitzender des Gemeindetags. Die aktuelle Kampagne der CSU führt Thurner auf die seit Januar geltende Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren zurück.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hatte in einem SZ-Interview ihren Vorstoß damit begründet, sie wolle nur dazu beitragen, ein an sie von den Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden herangetragenes Problem zu lösen. Laut Hasselfeldt deckt sich ihr in Kreuth beschlossenes Papier zudem mit der Koalitionsvereinbarung. Thurner bezweifelt jedoch, dass es sich bei der Warnung vor der Einwanderung in das Sozialsystem wirklich um ein akutes kommunales Thema handelt.

Wenn man mit einem vereinten Europa zurechtkommen wolle, müsse man die Freizügigkeit der Menschen hinnehmen, stellt der Mammendorfer fest: "Wir können nicht die europäische Einheit fordern und bei jeder Schwierigkeit Barrieren aufbauen." Ausdrücklich erinnert Thurner an die Initiative von Unternehmen, Kommunalpolitikern und Wirschaftsförderern aus dem Landkreis, die damit begonnen haben, spanische Fachkräfte in der Partnerstadt von Fürstenfeldbruck anzuwerben.

Deshalb gehe die CSU-Debatte am Thema vorbei. Er habe nicht gehört, dass das irgendwo ein Problem sei, beteuert Thurner. Zudem verlasse niemand ohne triftigen Grund seine Heimat.

Ähnlich argumentiert auch der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD). Obwohl in Puchheim relativ viele Ausländer leben, sieht Seidl in dem anhaltenden Zuzug keine Bedrohung der Sozialsysteme. Zudem sehe er keinen Grund, sich wegen möglicher finanzieller Belastungen der Kommunen Sorgen zu machen. Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt habe sich deshalb mit ihrem Vorstoß und der zugespitzten Formulierung "Wer betrügt, der fliegt" zu weit aus dem Fenster gelehnt und Ministerpräsident Horst Seehofer habe das billigend in Kauf genommen.

"Man muss wissen, welche Wirkung solche Sätze haben, wenn sie im Zuge der Erweiterung der Freizügigkeit in der EU fallen", gibt der Sozialdemokrat zu bedenken. Zudem habe es immer Menschen gegeben, die Sozialleistungen in Anspruch nähmen, die ihnen nicht zustehen würden. Das sei kein ausländerspezifisches Problem.

"Ich kann das ganz schwer einschätzen", sagt der Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU). Zum Einen fehlten ihm Zahlen zu den tatsächlichen Kosten des Sozialtransfers an Zuwanderer aus Osteuropa, zum Anderen werde eine Stadt wie Fürstenfeldbruck mit diesem Problem überhaupt nicht konfrontiert. Sollten im Landkreis Leistungen beantragt werden, sei hierfür das Landratsamt zuständig.

Sorgen bereitet Kellerer der Druck auf die Stadt, weitere Asylbewerber im Fliegerhorst unterzubringen. Mit der Anerkennung jedes in Fürstenfeldbruck lebenden Asylbewerbers gehe nämlich die Zuständigkeit für dessen Unterbringung vom Landratsamt auf die Stadtverwaltung über. Langfristig könne das den Haushalt durchaus belasten.

Gelassen verfolgt Andreas Magg, Oberhaupt der Stadt Olching, die Diskussion über die mit Armutszuwanderern möglicherweise verbundenen Soziallasten. Es sei ihm nicht bekannt, dass das in irgendeiner Form Olching belaste, sagt er. Wenn das überhaupt ein Thema sei, dann wäre der Landkreis betroffen. Er könne sich jedoch vorstellen, dass Großstädte wie München die Folgen der Armutszuwanderung zu spüren bekomme.

"Als Oberbürgermeister sehe ich diese Zuspitzung dieser Problematik nicht", sagt auch der Germeringer Rathauschef Andreas Haas. Den einzigen Ansatzpunkt sieht er bei der Vergabe von Berechtigungsscheinen für Sozialwohnungen. Hier kamen 2013 in etwa ebenso viele Deutsche wie Ausländer zum Zug.

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