Süddeutsche Zeitung

Die Grünen:Die Langjährige

Lesezeit: 2 min

Beate Walter-Rosenheimer gehört schon seit neun Jahren dem Bundestag an

Von Heike A. Batzer, München

Beate Walter-Rosenheimer hat kein Auto mehr. Sie ist wieder von Germering nach München gezogen, und in der Großstadt kommt man gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurecht. Nur jetzt, für den Wahlkampf, hat sie sich ein Leihauto genommen, einen kleinen Fiat 500. Mit dem ist sie zu den kleinen Dörfern in ihrem Wahlkreis unterwegs. Mit Bus und Bahn komme man "sonst nicht mit der Zeit hin", sagt sie: "Mit dem Auto ist man halt immer noch viel schneller." Und sie weiß auch: "Es gibt Gegenden, da braucht man ein Auto."

Auch als Grüne sagt sie das. Walter-Rosenheimer sieht die Dinge pragmatisch. Sie vertritt die Ansichten der Grünen, aber sie sieht auch die zwei Seiten einer Medaille. Und sie weiß, dass die richtige Lösung nicht immer einfach ist. Früher, als ihre fünf Kinder klein waren, da habe sie einen großen VW-Bus gefahren, erzählt sie. Damals wohnte sie noch in Germering. Und so sind oft für verschiedene Lebensphasen verschiedene Modelle passend.

Die fünf Kinder der 56 Jahre alten Bundestagsabgeordneten sind mittlerweile zwischen 30 und 23 Jahren alt und längst selbständig. Beate Walter-Rosenheimer muss nun nicht mehr das Leben einer ganzen Familie organisieren. Das musste sie noch, als sie vor neun Jahren als Nachrückerin in den Bundestag einzog. "Damals ging alles ziemlich schnell", erinnert sie sich. Ihre Kinder hätten ihr damals gleich signalisiert, dass sie die neue Aufgabe in Angriff nehmen könne. Als dann auch ihre inzwischen verstorbene Mutter ankündigte, sie bei der Kinderbetreuung zu unterstützen, und ihr dazu riet, das Mandat anzunehmen, sagte sie zu.

Es begann ein Pendelleben zwischen Germering und Berlin. Mit dem Zug fährt sie zu den Sitzungswochen, die Wochenende gehörten lange den Kindern. Ihr gefällt der ständige Wechsel des Lebensmittelpunkts und ihr gefällt es in der großen Politik. "Es ist toll, dass man Dinge bewegen kann", sagt sie. "Ich empfinde es als totales Privileg, an dieser Stelle arbeiten zu dürfen." Mit Mitarbeitern, eigenen Büros, Diäten. Beate Walter-Rosenheimer kennt auch die ehrenamtliche Seite der Parteiarbeit. Vor 19 Jahren trat sie den Grünen bei. Sie war viele Jahre Kreissprecherin in Fürstenfeldbruck und auch Kreisrätin.

Die Anliegen von Kindern und eine gerechte Gesellschaft sind ihr besonders wichtig. "Ich mag Ungerechtigkeiten nicht", bekennt sie. Die Sorgen und Nöte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen seien in der Pandemie völlig unberücksichtigt geblieben, kritisierte sie im März in einer Rede im Bundestag. Die Grünen fordern, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Immerhin sei es gelungen, eine Arbeitsgruppe aus Experten zu gründen, die sich mit den Problemen von Buben und Mädchen beschäftigen, die einen psychisch kranken Elternteil haben. "Es freut mich sehr, dass wir das so ins Rollen gebracht haben", sagt sie. Auch weil sie als gelernte Psychologin ein Gespür für solche Probleme hat.

Und sie habe gelernt in ihren neun Jahren im Bundestag, wie gut Demokratie doch funktioniere: "Jeder Einsatz dafür lohnt sich." Für die anstehende Wahl steht Beate Walter-Rosenheimer nur auf Platz 19 der bayerischen Landesliste der Grünen. Die aktuellen Umfragewerte würden für ihren Wiedereinzug reichen. Sie würde gerne weiter machen, sagt Walter-Rosenheimer, auch wenn sie nicht an ihrem Posten "klebt", wie sie sagt. Jetzt gilt ihr Einsatz freilich erst einmal dem Wahlkampf. Auch an den Haustüren. Das Klingeln bei den Menschen mag sie eigentlich nicht so gerne, aber die meisten reagierten dann doch sehr angetan, wenn sie bemerkten, dass die Abgeordneten persönlich vorstellig würden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5399132
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.09.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.