Deutscher Bauerntag in Fürstenfeldbruck:Milchshake von McDonalds

Beim Deutschen Bauerntag wählen die Mitglieder den neuen Präsidenten Joachim Rukwied und verabschieden die "Fürstenfeldbrucker Erklärung". Doch nicht alle Landwirte glauben an eine Trendwende.

Erich C. Setzwein und Stefan Salger

Es sind die riesigen grünen Traktoren und der Mähdrescher, die die Passanten vor dem Veranstaltungsforum Fürstenfeld faszinieren. Die Allgäuer Firma Fendt hat ihre martialisch anmutenden Maschinen vor dem Eingang geparkt, sie bilden einen Korridor zum Deutschen Bauerntag. Für die Passanten heißt es schon am ersten Eingang freundlich, aber bestimmt: "Kein Durchgang", die knapp 600 Delegierten dürfen hinein und sich im dampfig-heißen Stadtsaal Reden und Vorträge anhören und einen neuen Präsidenten wählen. Es ist der zweite Tag des Bauerntags, am Morgen und in den Pausen nehmen die Teilnehmer Milchshakes und Softeis an einem Werbestand von McDonalds zur sich. Alle scheinen die Bauernparty auf der Tenne am Vorabend gut überstanden zu haben, doch nicht alle stimmen am Vormittag für den Präsidentschaftsbewerber Joachim Rukwied.

Das Wahlergebnis ist Ansporn für mich, mit ganzer Kraft für den Berufsstand und die Landwirtschaft in Deutschland zu arbeiten", gibt sich Rukwied auf der mittäglichen Pressekonferenz ganz diplomatisch und überhaupt nicht verschnupft über das Ergebnis. Immerhin war er einziger Kandidat, da hätte er deutlich mehr als die 95 Prozent bekommen können, die er bekam. Der Nachfolger des 15 Jahre amtierenden Gerd Sonnleitner stammt aus Baden-Württemberg und kann ziemlich energisch werden. Zum Beispiel, wenn die Sprache auf den Einsatz von Gentechnik kommt. "Nein", sagt er vehement, die Verbraucher wollten keine gentechnisch veränderten Produkte, also würden sie auch nicht angebaut. Dass Rinder und Schweine auch im Landkreis mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert werden, dazu nimmt er nicht Stellung.

Zum Einsatz der Gentechnik, die Rukwied als "Thema für Medien und Politik" abtut, äußert sich auch die "Fürstenfeldbrucker Erklärung" nicht, die am Dienstag am Mittwoch in Arbeitskreisen von den Bauern diskutiert wird. Darin geht es um die EU-Agrarpolitik für die kommenden Jahre, die für verfehlt gehalten wird, es geht um die Energiewende, in gefordert wird, Fotovoltaikanlagen nur noch auf Dächern zuzulassen, sowie um die Eindämmung des Flächenverbrauchs und den Tierschutz. Alles in allem eine Absichtserklärung mit dem Titel "Grünes Wachstum - Die richtige Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit".

Doch nicht für alle Landwirte sind das die richtigen Zielvorstellungen. Johann Schamberger zum Beispiel, der Kreisvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, hat seine Zweifel, dass Sonnleitners Nachfolger an der Spitze des Deutschen Bauernverbands, die große Trendwende bringt. Während die alte und neue Spitze des Bauernverbands am Mittwochabend von Ministerpräsident Horst Seehofer im Kaisersaal der Residenz in München empfangen wurde, nahm der Moorenweiser Landwirt an einer Kundgebung auf dem benachbarten Münchner Odeonsplatz teil, bei der der 104 000 bayerischen Bauernhöfe "gedacht" wurde, die in der Amtszeit des am Mittwoch verabschiedeten Präsidenten Sonnleitner "als Bauernopfer für Strukturwandel und Industrialisierung der Landwirtschaft dargebracht" worden seien. Schamberger spricht von einer "traditionellen Verfilzung von Politik, Bauernverband und Industrie" der Sonnleitner während seiner Amtszeit Vorschub geleistet habe. Er hat auch Zweifel daran, dass der Bauernverband wirkungsvolle Rezepte gegen den Flächenfraß finden wird. Auch Kreisbäuerin Gabi Waldleitner hatte bei der Eröffnung am Dienstag ausdrücklich den Wunsch geäußert, der in dem flächenmäßig relativ kleinen Landkreis Fürstenfeldbruck deutlich voranschreitende Verlust an landwirtschaftlichen Flächen möge zur Sprache kommen.

Noch größere Sorge bereitet Schamberger der Verfall des Milchpreises. So scheint die Schallmauer von 30 Cent pro Liter bereits wieder unterschritten zu sein, wie Schamberger berichtet. Damit habe er auch erwartungsgemäß eine Wette gewonnen, die BBV-Kreisobmann Johann Drexl zwar hätte annehmen wollen, die der BBV aber letztlich ignoriert habe. "Ich habe gewettet, dass es der BBV nicht schafft, die Talfahrt des Milchpreises bis zum Bauerntag zu stoppen. Hätte ich verloren, dann hätte ich 500 Euro an ein gemeinnütziges Hilfswerk gezahlt. Weil der an der Kieler Rohstoffbörse festgelegte Rohstoffmilchpreis von knapp 28 auf knapp 24 Cent pro Kilogramm abgerutscht ist, fühlt sich Schamberger nun als Gewinner - auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, wenn er verloren hätte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: