Süddeutsche Zeitung

Deutsche Meisterschaft:Die besten Zauberer Deutschlands

Bei der Preisverleihung im Fürstenfeldbrucker Veranstaltungsforum erlebt das Publikum magische Momente - und fast ausschließlich männliche Sieger.

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Kurz vor Schluss dann doch noch die Überraschung: Eine Frau! Die Preise in acht von neun Kategorien der deutschen Zaubermeisterschaft sind da bereits vergeben, alle an Männer. Nun also zum Abschluss die Auszeichnungen in der Kategorie "Allgemeine Magie". Drei dritte Preise gibt es hier, dafür keinen zweiten, aber nochmal drei erste, verkündet Moderatorin Caroline Voit. Und einer dieser ersten Preise geht an die Tänzerin und Illusionsmagierin Jaana Felicitas. Schnellen Schrittes stürmt sie von ihrem Platz im Publikum auf die Bühne des vollbesetzten Fürstenfeldbrucker Stadtsaals und nimmt Trophäe und Urkunde entgegen. Kurz darauf darf sie sich gleich noch einmal freuen, als verkündet wird, wer denn nun den Grand Prix für sich entschieden hat und damit der oder die Deutsche Zaubermeister oder -meisterin ist. Auch hier gibt es wieder zwei Gewinner. Jaana Felicitas und Lukas Brandl haben in den neun Kategorien insgesamt die meisten Punkte geholt und sind damit die Gesamtsieger.

Knapp 40 Zauberer hatten sich über die Vorrunden für die Finalwettbewerbe qualifiziert, die, begleitet von einem umfassenden Publikumsprogramm, in den vergangenen Tagen in Fürstenfeld stattgefunden haben. Neben Jaana Felicitas mit dem Zauberclown Manuela nur eine Solokünstlerin, dazu eine Frau im Duo "Michael & Claudia Late" und eine in "Carsten Fenner und Sabrina", letztere haben immerhin einen der beiden ersten Plätze in der Kategorie "Großillusion" gewonnen.

Frauen gab es also wenige auf der Bühne, dafür aber einige Peniswitze: Comedy-Zauberer Detlef Winterberg stapelt seine glitzernden Boxen mit schelmischem Grinsen auf Hüfthöhe zu einem Turm, Mentalmagier Luke Jermay klebt seinen beiden Publikumsassistenten Klebebandstreifen in den Schritt, der jüngere bekommt den kurzen, der ältere den langen. Und der nun abgelöste deutsche Zaubermeister von 2017, Patrick Lehnen, droht seinem Assistenten, der eine widerspenstige Lampe mimt, ihm mit der Schere das, naja, "Kabel" durchzuschneiden.

Ansonsten fühlt man sich an diesem Abend ein bisschen wie auf einem Klassentreffen in Hogwarts. Moderatorin Caroline Voit, die seit frühester Kindheit selbst gezaubert hat und aus der bekannten Magierfamilie Voit stammt, zeigt immer wieder Fotos aus längst vergangenen Tagen, von Weltzauberkongressen in den Neunzigerjahren, von großen Zauberertreffen in London. Dennoch finden sich im Publikum neben vielen, vielen Zauberern samt Anhang auch einige Muggel, also Nichtmagier. Voit schwelgt in Erinnerungen, erzählt von ihrer ersten Begegnung mit dem großen David Copperfield, der auf einem Kongress aufgetaucht sei, in Badelatschen, als sie gerade am Stand der Familie eine neue Befreiungsillusion vorgeführt hat. "Er hat danach zu mir gesagt: The dancing was very good".

Freilich gibt es an diesem Abend auch ziemlich eindrucksvolle Magie zu sehen, allerdings nicht von den Preisträgern, sondern von anderen herausragenden Vertretern ihrer Disziplinen. Als erster Act tritt Patrick Lehnen auf und zeigt eine berührende Choreografie mit einer Schreibtischlampe, die zum Leben erwacht. In seiner Performance geht es weniger um die Tricks, größtenteils Hervorzaubern und Verschwindenlassen von Gegenständen, als vielmehr um das perfekte Timing mit den Abläufen der per Computer programmierten Lampe und die Geschichte, die erzählt wird. Lehnen, der am Schreibtisch sitzt, entdeckt, dass sein Stift ein Zauberstab ist, die Lampe erwacht, die beiden beschnuppern sich. Solange, bis die Lampe frech wird und ständig das Radioprogramm ändert, der Zauberer schneidet das Stromkabel durch, die Lampe erlischt. In einem Trick macht er das durchgeschnittene Kabel wieder heil, aber die Lampe bleibt stumm. Lehnen verfällt in Trauer und plötzlich ist die Lampe wieder da, zaubert ein Taschentuch hervor, reicht es ihm, beide umarmen sich, das weiße Licht der Lampe wird rot. Im Anschluss wiederholt er die Nummer in Kurzform mit dem bereits erwähnten menschlichen Assistenten in der Rolle der Lampe.

Für besonderes großes Staunen sorgt der Auftritt des Mentalmagiers Luke Jermay. Mit zugeklebten und mit Mullbinden verbundenen Augen bittet er das Publikum, sich auf eine persönliche Frage zu konzentrieren. Sein Versprechen: Er kann einzelne Fragen spüren und erraten, mit seinem nun geschärften "sixth sense", der Intuition. "I can feel a masculine energy. A cancer, born in the first week of the month. The fifth day". Ein Mann, Sternzeichen Krebs, geboren am fünften Tag des Monats also. Sollte das auf eine Person zutreffen, möge sie bitte stehenbleiben. Und tatsächlich, das Publikum nimmt wieder Platz, nur ein Mann bleibt stehen, die Verblüffung ist riesig. Der Auserwähle beteuert auf Nachfrage, dass er kein Schauspieler oder sonst in die Nummer Eingeweihter ist, dann beginnt Jermay. Auf beeindruckende Art nähert er sich der Frage an, errät, dass es eine Schwester mit dem Namen Beatrix gibt, dass der Mann in einem Schloss lebt und überlegt umzuziehen, Los Angeles und Düsseldorf sind die Möglichkeit. Ja, die Frage sei gewesen, wo er hinziehen wird, bestätigt der Teilnehmer. Jermay wiederholt die Nummer dann mit einem zweiten Mann und noch weiteren drei Besuchern, unter deren Sitzen vor der Show goldene Aufkleber angebracht worden sind, wieder liegt er in allen Fällen richtig. Ungläubig und sprachlos bleibt der Rest des Publikums zurück.

Ganz traditionell geht es bei Juno zu, der die Besucher mit klassischen Tricks, ganz ohne große Effekte, in seinen Bann zieht. Ein Faden, den er aus seiner Tasche zieht und der plötzlich aus seinem Ohr kommt und komplett da rausgezogen wird, eine brennende Zigarette, die er sich ins linke Ohr steckt und brennend wieder aus dem rechten holt, zahlreiche kleine Bälle, die aus seiner leeren Hand auftauchen, Karten die verschwinden, es ist alles dabei, was man sich unter "klassischer" Zauberei so vorstellt. Dazu ein charmanter Magier, der ganz ohne Worte auskommt. Ein rundum zauberhafter Auftritt.

Eine besondere Ehre erwartet dann dem gerade einmal 15 Jahre alten Nachwuchszauberer Magic Maxl zuteil, der bereits mehrere Meisterschaften gewonnen hat und in Las Vegas auftreten durfte. Er wird nach einem kurzen Auftritt zum "Magier des Jahres 2021" gekürt. In seiner Show stellt er seine original bayerische Brotzeitbox vor, in breitem Dialekt erzählt er, was da so alles reingehört, während er spielerisch seinen Trick durchzieht. In einem quadratischen Rahmen hat er mehrere geometrische Elemente untergebracht, jedes steht für eine Brotzeitzutat, also Radi, Leberkas, Breze, die genau den Platz füllen. Dann, bei Biergartenbesuch mit der Familie, fällt auf, dass ja noch Salz und süßer Senf fehlen. Geschickt ordnet er die Elemente so an, dass auch die beiden Fehlenden noch unterkommen und alles trotzdem ein Quadrat bleibt. Großes Staunen, als er, trotz der beiden zusätzlichen Elemente, problemlos wieder den weißen Rahmen um das nun ja eigentlich größere Quadrat, legt. Die Juryvertreter und Moderatorin Voit sind sich sicher, dass man von Maxl noch einiges hören wird, bezweifeln will man diese Aussage nicht.

Emotional wird es dann beim Auftritt von Luke Dimon, Deutscher Zaubermeister von 2014. Er sitzt am Bühnenrand und singt eine Ballade, während er die Aufmerksamkeit seiner Kollegin Natalia überlässt, die eine atemberaubende und eindrucksvolle Performance an zwei von der Decke hängenden Bändern vollführt. Die beiden haben sich, verrät Voit im Anschluss, bei einem Job auf einer Kreuzfahrt kennengelernt. Natalia stammt aus der Ukraine und Dimon hat sie und ihre Familie nach Ausbruch des Krieges nach Deutschland geholt. Es ist ihr erster Auftritt seitdem. Vom Publikum gibt es für diese auf andere Art zauberhafte Geschichte Standing Ovation.

Sieger Deutsche Zaubermeisterschaft: Kategorie Close-up: 3. Nicht vergeben, 2. Henri Hainz, 1. Alfonso Rituerto; Kategorie Kartenkunst: 3. Nicht vergeben, 2. Ari Fiedler, 2. Tjark Schlösser, 1. Nicht vergeben; Kategorie Mentalmagie: 3. Mellow, 2. Max Schneider, 1. Nicht vergeben; Kategorie Comedy: 3. Die Tablehopper, 2. Mellow, 1. Siegfried und Joy; Kategorie Parlor Magic: 3. Nicht vergeben, 2. Tobias Rudolph, 1. Mellow; Kategorie Zauberkunst für Kinder: 3. Julian Button, 2. Sascha Hoffmann, 1. Nicht vergeben; Kategorie Großillusion: 3. Nicht vergeben; 2. André Blake, 1. Carsten Fenner und Sabrina, 1. Collin; Kategorie Manipulation: 3. Nicht vergeben, 2. Frederik Schwedler, 1. Nikolai Strübel; Kategorie Allgemeine Magie: 3. Stefan Siebert, 3. Codie Stone, 3. Arcato, 2. Nicht vergeben, 1. Collin, 1. Lukas Brandl, 1. Jaana Felicitas; Grand Prix: 1. Jaana Felicitas, 1. Lukas Brandl; Magier des Jahres: Magic Maxl

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