Süddeutsche Zeitung

Lesenswert:Literatur für die Seele

In ihrer Buchkolume empfehlen Helen Hoff und Katrin Schmidt zwei Titel, die einen guten Start ins Jahr versprechen.

Kolumne von Helen Hoff und Katrin Schmidt

Schaut man aus dem Fenster, liegt unser Landkreis unter einer Decke aus Schnee. Alles ist ein bisschen stiller und sanfter. Genau dieses Gefühl passt perfekt auf die beiden Bücher, die wir Ihnen als erste in diesem Jahr vorstellen möchten. Zwei Romane, die zeigen, was Sprache für Stimmungen kreieren und Bilder im Kopf erschaffen kann. "Monterosso mon Amour" von Ilja Leonard Pdeijffer ist eine Novelle: Carmen ist mittleren Alters, verheiratet und mit ihrem Mann aufgrund seines Berufs immer viel auf Reisen gewesen. Als dieser aber frühzeitig in den Ruhestand versetzt wird, erinnert sie sich an ihre erste große Liebe. Antonio, den Jungen, den sie als junge Frau am Strand von Monterosso küsste und dem sie versprach, im nächsten Sommer wiederzukommen. Das ist aber nie passiert. Nun beschließt sie, diese Reise nachzuholen. Nicht, um Antonio zu finden, sondern um für sich das damals gegebene Versprechen endlich einzulösen.

Allein schon die Ankunft in Monterosso ist besonders. Der sonst so volle Touristenort ist leergefegt. Diese Ruhe und Stille überträgt sich auch auf den Leser. Es geht nicht (nur) um die erste Liebe (wobei dieses Buch auch die eigenen Erinnerungen daran wieder wach werden lässt), sondern auch um eine Frau, die mitten in ihrem Leben denkt, etwas verpasst zu haben. Und so wird aus der Reise nach Italien eine Reise zu sich selbst. Für Katrin Schmidt eine wunderschöne Romanentdeckung zum Jahresbeginn.

"Der Wal" von Cheon Myeong-kwan ist eine Geschichte über zwei koreanische Frauen, die verschiedener nicht sein könnten: Kumbok und ihre Tochter Ch'unhui. Die Mutter schafft es - mit Hilfe einer sehr außergewöhnlichen Eigenschaft - zur erfolgreichen Geschäftsfrau aufzusteigen. Was ist aber das Besondere an diesem Buch? Es ist die wunderbare, fast magische Art, wie die Leben dieser Frauen und vieler anderer Personen in der Zeit des 20. Jahrhunderts, erzählt wird.

Eine unglaubliche Kombination aus Realität und märchenhaften Elementen. Ein sprechender Elefant, ein übernatürlich starker Mann, ein kinobegeisterter Hafengangster - das sind nur einige der ungewöhnlichen Charaktere. Faszinierende Figuren tauchen auf, verschwinden und kommen plötzlich wieder. "Ich hatte nach einiger Zeit das Gefühl, mich in einem Märchen zu befinden, das ab und zu Abstecher in die Wirklichkeit macht", beschreibt Helen Hoff. Spannend, wortgewaltig, humorvoll, fantastisch - lassen Sie sich von einem der aktuell ungewöhnlichsten Bücher gefangen nehmen!

Helen Hoff und Katrin Schmidt sind die Inhaberinnen der Buchhandlung Lesezeichen in Germering. Regelmäßig stellen sie im Wechsel mit Nicola Bräunling von der Buchhandlung Bräunling in Puchheim ihre aktuellen Lieblingsbücher vor.

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