Der Händler:Die Werkstatt als Lebenselixier

Trinkl Fahrräder

Herrichten, verkaufen, beraten, reparieren: Fahrräder sind der Berufsalltag des Maisachers Hanns Trinkl.

(Foto: Günther Reger)

Hanns Trinkl steht mit auch mit 80 Jahren noch täglich in seinem Fahrradladen

Von Christian Hufnagel, Maisach

Als sein Vater Ende der Sechzigerjahre das Geschäftshaus baute, hat er bei der Situierung der Werkstatt sicherlich nicht ans Alter gedacht. Vom Esszimmer aus muss Hanns Trinkl eine enge Wendeltreppe hinunter, und ein wenig Mühe kosten ihm die Stufen schon. Mehrmals am Tag steigt er hinunter und wieder hinauf, wenn er oben im Laden gebraucht wird, im Büro Bestellungen aufgibt oder ihn mittags seine Frau Monica zum Essen ruft. Aber der Erbauer hat wenigstens daran gedacht, dass man nicht auch noch die Zweiräder schultern und steil hinab- wie hinaufschleppen muss, führt doch eine Werkstatttür hinaus in den Gang des Untergeschosses, wo eine wenigstens flache Treppe nach oben geht. Allein das tägliche Treppensteigen dürfte den Maisacher fitt halten, was ein wenig das Geheimnis für seine Vitalität erklärt, schließlich steht er in einem Alter noch voll im Berufsleben, in dem andere sich längst zur Ruhe gesetzt haben: Trinkl ist gerade 80 Jahre alt geworden und führt zusammen mit seiner Ehefrau die Fahrradhandlung in der Hauptstraße 17. Es ist ein alteingesessenes Geschäft in der dritten Generation.

1894 hatte der Großvater an einem anderen Standort in der Brucker Straße eine Schuhmacherei eröffnet. Um 1920 seien dann Fahrräder dazu gekommen: "Das Geschäft mit den Schuhen war im Sommer zu schwach, weil alle barfuß gegangen sind", erzählt Trinkl aus der Familiengeschichte. Er selbst hat zunächst auch eine Schusterlehre absolviert, allerdings hat dieses Handwerk ihm "keinen Spaß gemacht". Trotzdem führte er das Geschäft zweigleisig weiter, nachdem er es Anfang der 1970er Jahre vom Vater übernommen hatte. Immerhin 20 Jahre lang reparierte und verkaufte er auch Schuhe, aber 1990 machte er mit diesem Erwerbszweig Schluss, an den heute nur noch eine alte Werkbank erinnert, an der Schuhe eben mit neuen Sohlen und Absätzen versehen worden sind. Sie steht angestaubt in der Ecke, während die restliche Werkstatt davon zeugt, dass hier täglich gearbeitet wird, so fein säuberlich sind all die notwendigen Werkzeuge in den Regalen griffbereit drapiert - vom Kettennietdrücker über den Zahnkranzabzieher bis zu den Gabel- und Inbusschlüsseln.

Allein die Bezeichnungen der Werkzeuge mag jene "Vielfalt" verraten, die der 80-Jährige mit seinem Beruf verbindet und die den Ausschlag gab, mit dem Fahrradverkauf den Lebensunterhalt zu verdienen: "Die Arbeit ist vielseitiger, bei der Schuhmacherei war es immer das Gleiche."

Und auch der Gegenstand seiner Mühen ist ein Fortbewegungsmittel geworden, das es heute in äußerst vielfältiger Form gibt. Früher hätte es nur das einfache Herren- und Damenfahrrad gegeben, rekapituliert Trinkl die Entwicklung: In den 1970er Jahren kamen Klapp- und Rennrad hinzu. Ende der 1980er Jahre sei dann der geschäftliche Aufschwung erfolgt, als das Mountainbike auf den Markt kam. Es folgten Citybikes und Trekkingräder, die heute am meisten bei ihm gekauft werden, und schließlich nun die Pedelecs. In welcher Form auch immer - in einer Zeit des steigenden Umweltbewusstseins ist das Fahrrad seinen Erfahrungen nach ein immer beliebteres Mittel zur Fortbewegung geworden. Und: "Immer mehr Leute sitzen den ganzen Tag im Büro und wollen etwas für ihre Gesundheit tun."

Auch Trinkl und seine Frau erledigen alle Besorgungen im Ort mit dem Rad. Im Sommer kann es auch sein, dass die Beiden in der Mittagspause zum Baden radeln. Immer in Bewegung bleiben, um einen vollen Arbeitstag zu bewältigen, scheint seine Maxime. Um 6.45 Uhr steht der Fahrradhändler täglich auf, ist von acht Uhr an in Laden oder Werkstatt. Nur eines schaffe er nicht mehr, wie er einräumt: Nach Ladenschluss noch abends in der Werkstatt Räder herrichten oder reparieren: "Das pack ich nicht mehr." Und sollte der 80-Jährige einmal nicht mehr können, würde seine um 22 Jahre jüngere Ehefrau die Fahrradhandlung Trinkl weiterführen: "Das macht mir Spaß und ist mein Leben." Nichts anderes trifft auch auf ihren Mann zu.

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