Süddeutsche Zeitung

Der Ferienreporter:Schwieriges Geschäft

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Zu Besuch in einem Brucker Antiquitätenladen

Von Verena Niepel, Fürstenfeldbruck

Weil der Sommer weiterhin auf sich warten lässt, verfolgen die Suslows in ihrem Antiquitätengeschäft einfach die Olympischen Spiele in Rio. Doch während die Athleten dort bislang nur wenige Medaillen gewinnen konnten, bekam Larissa Suslow vor kurzem gleich mehrere Sportpokale auf einmal angeboten. Die hätten allerdings nicht zu den anderen Antiquitäten in ihrem Laden in der Schöngeisinger Straße gepasst: Neben altem Schmuck, Porzellan und Besteck verkauft Suslow mit ihrem Mann in einer Ladenerweiterung auch andere wertvolle Gegenstände wie Gemälde und Möbel.

Seit 1982 kümmern sich die beiden jetzt schon um Antiquitäten und Goldankäufe in Fürstenfeldbruck. "Alle haben ihre Geschäfte aufgegeben, aber wir haben erweitert", witzelt die Ladeninhaberin. Den zusätzlichen Raum konnte sie nur beziehen, weil das Angebot so günstig war. Kleine Geschäfte könnten sich heute wegen hoher Mieten, der Konkurrenz von Ketten und großen Verkaufsplattformen im Internet kaum noch halten.

Die langjährige Erfahrung des Ehepaars kann allerdings nicht so einfach ersetzt werden. Larissa Suslow arbeitet bereits seit mehr als 40 Jahren im Antiquitätengeschäft und ihr Mann Alexander fing bereits als 21-Jähriger an zu handeln. "Ich habe mir eine Werkstatt gekauft und meine Freunde haben sich einen BMW gekauft", erzählt er grinsend. Bevor das Paar sich einen Laden einrichtete, hatten es einen Stand auf der Münchner Auer Dult. Doch mit den Jahren wurde der Betrieb dort für das Rentnerpaar zu anstrengend.

Neben dem Ladenbetrieb hat sich Larissa vor 15 Jahren auf Anraten eines Bekannten auch bei Ebay einen Shop eingerichtet, den sie die "antike Susi" nennt. Seitdem ist ihr Kundenkreis viel größer und internationaler geworden, selbst aus Russland werden die Antiquitäten angefragt. Im Laden hingegen wurden die Kunden über die Jahre immer weniger, manchmal sind es nur drei am Tag. Als plötzlich eine Kundin den Laden betritt, eilt Alexander Suslow nach vorne an die Theke. Die Frau sucht kleine goldene Ringe, doch Schmuckelemente führt das Ehepaar nicht und so muss Suslow die Frau in ein Kaufhaus verweisen.

Ende des Jahres wollen die Suslows nun den Laden spätestens schließen. Es lohne sich einfach nicht mehr, da die Kundschaft fehlt. Trotzdem macht es Larissa Suslow immer noch Spaß. Denn für ihre Tätigkeit brauche es viel Fingerspitzengefühl. Erst letzte Woche sei eine Dame ganz enttäuscht darüber gewesen, dass ihre Landschaftsgemälde aus den Vierziger Jahren für wertlos erklärt wurden. Auch wenn die Antiquitätenhändlerin den Nachlass einer Wohnung prüft, nimmt sie nur selten etwas mit, denn mit der Zeit hat sie gelernt, auf den ersten Blick zu erkennen, was wertvoll ist.

Traurig schildert das Ehepaar, wie sich inzwischen immer mehr ältere Menschen von ihren Sachen trennen, um über die Runden zu kommen. Von Waschmaschinen bis zu Plastik-Madonnen haben die Suslows alles schon erlebt. Aber alt bedeutet nicht gleich antik. "Die Sechzigerjahre sind für uns uninteressant", betont Larissa Suslow. Auch sei etwas nicht gleich deshalb antik, weil es jemand von den Ur-Ur-Urgroßeltern geerbt hat.

In manchen Fällen, wie bei asiatischer Kunst, könne ein Urteil dann auch nur von Kunsthistorikern oder Spezialisten gefällt werden. So war Alexander Suslow ratlos, als er einmal versuchte, einen Buddha einzuschätzen. Eines der Lieblingsstücke von Larissa Suslow stammt hingegen aus Fürstenfeldbruck. Ein Gemälde mit einer Schafherde des Brucker Malers Johann D. Holz. Ihr Prunkstück, eine Vitrine mit Leder bezogen und geschliffenen Gläsern, würde sie sich am liebsten selbst in die Wohnung stellen, doch leider fehlt dafür der Platz.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2016
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