TürkenfeldMan beginnt zu schwitzen, der Körper zittert und der Blutdruck steigt. Viele sind vor Prüfungssituationen aufgeregt. Schlägt das übliche Lampenfieber in krankhafte Angst um, sollten Betroffene etwas tun. "Prüfungsangst ist keine Krankheit und vor allem keine Erscheinung, die für immer bleibt" - mit dieser guten Nachricht motiviert Sabine Thalmayr junge Leser zu Beginn ihres Buches "Keine Angst vor Prüfungsangst". Doch wie kann man die lästige Angst, die bis zum Blackout führt, überwinden?
Im Normalfall würde sich die Aufregung zu Beginn der Prüfung, wenn die Konzentration einsetzt, legen. "Normales Lampenfieber endet dann, wenn ich mir im Kopf negative Szenarien zurechtlege, die dazu führen, dass ich mich in der Prüfung an das Gelernte nicht erinnern kann", erklärt die Heilpraktikerin und Hypnotherapeutin. Mit diesen Angstblockaden reagiere der Körper auf eine Situation, die der Mensch als bedrohlich wahrnimmt. "Das Ziel ist, aus der Prüfungssituation eine Wohlfühlsituation zu kreieren", erklärt die in Türkenfeld lebende Autorin. Zum Beispiel, indem man sich vor der Prüfung ein Lied anhört, das man mit einem Lernerfolg und guter Laune verknüpft. Kleineren Kindern helfe auch ein Glücksbringer.
Der Ratgeber ist einer Mischung aus Selbsttests, Fallbeispielen, Lerntipps und theoretischen Hinführungen. Zwar sei das Buch in erster Linie für Schüler und Studenten geschrieben, mit Tipps für den Umgang mit Kindern steht es auch besorgten Eltern zur Seite. Diese können sogar selbst einiges fürs nächste Vorstellungsgespräch oder eine wichtige Präsentation lernen. Einziger Haken: die stark metaphorische und verblümte Sprache. Die mag für Kinder anschaulich wirken, Studenten und Erwachsene dürften sich aber mit Formulierungen wie: "Straße des Erfolgs" und "stürmisches Fahrwasser einer Prüfungssituation" schwer tun.
Die Angst entsteht im Kopf, erklärt Thalmayr. Viele Schüler und Studenten würden an sich zweifeln und sich einreden, schlecht zu sein. Diese negativen Bilder verschwinden, wenn man sie in positive umformuliert, erklärt die Autorin. Das soll unter anderem durch meditative Entspannungsübungen funktionieren. Davon lassen sich die meisten als Podcast aus dem Internet herunterladen. Natürlich lassen die Übungen die Ängste nicht von einem auf den anderen Tag verschwinden, gibt Thalmayr zu. Wichtig sei, die Situation nicht als ausweglos auffassen.
Dass Prüfungsangst kein vereinzeltes, sondern ein ernst zunehmendes Problem ist, zeigen Zahlen. Ganze 40 Prozent der Studenten sollen an übertriebenem Lampenfieber leiden. Das liege auch daran, dass sich die Gesellschaft verändert habe, meint Thalmayr. Sie verlange immer mehr Leistung. Das beginnt im Kindergarten mit einer Fremdsprache und setzt sich in der Schule fort. Kinder würden aufs Gymnasium geschickt, obwohl sie sich gerade noch mit Nachhilfe und Vieren halten könnten. Ein permanenter Leistungsdruck, der sich nicht mehr nur aufs Arbeitsleben beschränkt, führt dazu, dass Schüler sich mehr und mehr unter Druck setzen.
Persönlichkeitstypen, die besonders oft unter Prüfungsangst leiden, seien nicht diejenigen, die immer nur das Notwendigste machen. Vielmehr sind es die Fleißigen. "Diejenigen, die eine hohe Eigenverantwortlichkeit mitbringen", erklärt Thalmayr. Sie übten einen hohen Druck auf sich selbst aus und wollen perfekt sein. Die Autorin spricht aus Erfahrung. In ihrer Praxis in Fürstenfeldbruck arbeitet sie seit zwei Jahren mit Kindern und Erwachsenen, die an Selbstwertproblemen und Angstzuständen leiden. Statt lange über Theorien und Zahlen zu schwadronieren, gelingt es Thalmayr für Kinder zu schreiben. Diese sollten sich besonders durch Fallbeispiele angesprochen fühlen - also Situationen, in die sie sich hineinversetzen können und durch die sie sich verstanden fühlen. Nur ein Mal wurde die Therapeutin in ihrer Schulzeit mit Prüfungsangst konfrontiert. Während einer mündlichen Prüfung in Volkswirtschaft fiel ihr plötzlich nichts mehr ein.
"Keine Angst vor Prüfungsangst - Wie man dem Angsthasen Beine macht" von Sabine Thalmayr ist im cbx-Verlag erschienen. Das Buch kostet 14,95 Euro