PolitikDemokratiekrise in Deutschland: Herausforderungen und Lösungen

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Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch mahnt auf Einladung des Historischen Vereins im Churfürstensaal zum Erhalt der Demokratie.
Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch mahnt auf Einladung des Historischen Vereins im Churfürstensaal zum Erhalt der Demokratie. (Foto: Jana Islinger)

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch erklärt in Fürstenfeldbruck, wie die Demokratie unter Druck geraten ist. Sie mahnt politische Lösungen an und erklärt, was die deutsche Demokratie besonders macht.

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Die Demokratie zeigt Verfallserscheinungen, befindet sich in der Krise, und manche Kritiker finden sogar, sie sei als Regierungsform überholt. Derartige Äußerungen und Mahnungen ernst zu nehmen und Angriffe von innen und außen abzuwehren, ist aktuell eine zentrale Herausforderung. Eine generelle Lösung, wie dagegen vorgegangen werden kann, habe sie auch nicht, sagt Ursula Münch . Die Professorin für Politikwissenschaft, seit 2011 Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, ruft dazu auf, sich den „Anfeindungen, egal von links oder von rechts, auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen“ zu stellen.

In ihrem Vortrag im Churfürstensaal des ehemaligen Klosters Fürstenfeld zum Thema „Demokratie unter Druck, Herausforderung und Schutz des demokratischen Verfassungsstaates in Zeiten von Krisen, digitaler Zuspitzung und Manipulation“, zeigte die Politexpertin den knapp 120 Besuchern auf, wie die aktuellen Krisen und bewusst verfälschende Agitationen zum Beispiel der AfD an der freiheitlich demokratischen Grundordnung rütteln, mit dem Ziel, schleichend ein autoritäres System zu etablieren.

„Wer hätte gedacht, dass so eine Umwandlung in Amerika unter Trump mit seiner Geldmannschaft möglich ist“, sagte Münch. Auch in europäischen Ländern, wie zum Beispiel in Ungarn, seien solche Prozesse im Gange. Zum Vortrag geladen hatte der Historische Verein für die Stadt und den Landkreis Fürstenfeldbruck (HVF), der sich laut dem Vorsitzenden Andreas Knipping „im Bewusstsein der historischen Verantwortung“ auch mit der politischen Aktualität und ihrer Entwicklung befassen wolle. Mit-Veranstalter waren die Polizeihochschule, die Brucker Bürgerstiftung, das Bündnis für Demokratie des Landkreises und der Verein Lebensraum Haspelmoor. Ursula Münch erinnerte eingangs an die belegte Aussage von Winston Churchill, der Großbritannien als Premierminister durch den Zweiten Weltkrieg geführt hatte, dass „die Demokratie die schlechteste aller Regierungsformen“ sei, „abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind“.

Laut Münch ist die deutsche Demokratie etwas Besonderes. Die Väter der Verfassung hätten die Unantastbarkeit der Würde des Menschen bewusst in Artikel 1 des Grundgesetzes platziert und darin zudem verankert, dass sich auch das Volk zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt bekennt. In Betonung dieser Besonderheit sollte populistischen und systemgefährdenden Agitationen begegnet werden. Ursachen dafür, dass sich Menschen Parteien wie der AfD, der BSW, den Linken, zuwenden, seien unter anderem Enttäuschung, Vertrauensverlust, Unzufriedenheit und Existenzangst. „Hier setzen die Demokratiegegner an, bauschen auf, schreien es heraus und locken mit Versprechungen, alles besser zu machen als die da oben“, mahnte sie. Mit Lügen, Fakes und mit aufwiegelnden Argumenten werde bewusst Hass erzeugt und Radikalisierung erreicht. Über Social Media würden gezielt Unwahrheiten verbreitet und Unsicherheiten geschürt. Um solche Angriffsflächen wie Rentenunsicherheit, Altersarmut oder Inflationsangst zu beseitigen, die Professorin nennt sie „Andockpunkte für Extreme“, sollte die Politik dafür vorrangig Lösungen suchen.

Das Wurzelgeflecht zwischen Bürger und Staat wird schwächer

Die Demokratieskepsis nutze den meist verdeckt agierenden Krisenprofiteuren, „sie leben davon“. Politik mache Fehler, erklärte Münch. Wenn nicht die richtigen Themen behandelt würden, würden das Gefühl, der Verschwörungsglaube und das Aufstauen von Wut begünstigt. „Das ist ein Einfallstor für Populismus und Extremismus“, warnte die Politikwissenschaftlerin. In den letzten 50 Jahren habe sich vieles verändert, Kirche, Parteien, Verbände und Vereine hätten an Bedeutung verloren. Das „Wurzelgeflecht zwischen Bürgern und Staat“ werde dadurch immer schwächer. Klassische Medien seien weniger relevant für die Menschen, viele hätten Schwierigkeiten, die Seriosität von Aussagen im Internet einzuschätzen: „Das führt zu faktischem Vertrauen in obskure Onlinequellen.

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