Das Wunderbare an Büchern ist die Möglichkeit, verschiedene Leben im Buch (mit) zu (er)leben. Von Menschen zu lesen, die das tun, von dem man selbst manchmal träumt, sich aber nicht trauen würde, es zu tun - oder vielleicht doch? Haben Sie davon auch schon mal geträumt: spontan in einen Bus steigen und das alte Leben zu verlassen? Genau das macht Irene im "Hotel am Fuße des Vulkans" von Joyce Maynard, nachdem ein schwerer Schicksalsschlag ihr Leben auf den Kopf gestellt hat. Sie überlässt es dem Zufall, wohin er sie führt - und das ist das kleine Dorf "El Paradiso" in Mittelamerika. Im Hotel "LLorona" lernt sie Leila kennen, die Inhaberin. Die hat in vielen Jahren einen paradiesischen, traumhaft schönen Garten rund um das Hotel erschaffen. Die Gemeinschaft im Hotel, die Gäste, der Garten, die Menschen im Dorf - all dies ist für Irene so verschieden zu ihrem früheren Leben, dass sie das Gefühl hat, angekommen zu sein. Und sie bleibt. Was machen wir also aus dem, was das Leben uns schenkt oder vor die Füße wirft? Hat alles - positiv wie negativ - einen Sinn? Dieses Buch ist ein märchenhafter Roman. Oder ist es ein Märchen mit viel Realität darin? Auf jeden Fall ist es für mich, Helen Hoff, eines der schönsten Bücher diesen Herbst: es zeigt, wie wichtig die Menschen um uns herum sind und wie wertvoll es ist, sich über die kleinen Dinge im Leben freuen zu können.
Auch Jule, um die es im Roman "Das leise Platzen unserer Träume" von Eva Lohmann geht, steht an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Dabei hat sie doch eigentlich alles. Sie lebt ihren Traum, ein Häuschen auf dem Land, mit dem Mann, den sie liebt - doch das wahre Glück möchte sich trotz allem nicht einstellen. Sie fragt sich, was denn eigentlich wirklich ihr Traum war - und ob er das immer noch ist. Und stellt fest, dass man auch in einer Beziehung sehr einsam sein kann. Sie trifft Hellen, selbstsicher, mitten im Leben stehend, die ihr ähnlicher ist, als sie zunächst denkt. In einem anderen Leben könnten die beiden beste Freundinnen sein - wäre Hellen nicht die Frau, mit der Jules Mann sie betrügt. Was macht eine Beziehung aus - wann sollte man darum kämpfen, wann sollte man sich aus ihr befreien? Und ist es immer eine Beziehung, die einen glücklich macht? Eva Lohmann erzählt ihren Roman aus verschiedenen Perspektiven und ermöglichte mir, Katrin Schmidt, als Leserin meine ganz eigene Sicht der Dinge auf die Situation. Ein Buch wie ein Gespräch mit der besten Freundin, das aufzeigt, dass es nicht immer nur den einen Weg zum Glück gibt und das Leben viel zu bieten hat, wenn man es wagt, neue Wege einzuschlagen.
Helen Hoff und Katrin Schmidt sind die Inhaberinnen der Buchhandlung Lesezeichen in Germering. Regelmäßig stellen sie im Wechsel mit Nicola Bräunling von der Buchhandlung Bräunling in Puchheim ihre aktuellen Lieblingsbücher vor.
