Coronavirus:Der Impfstoff wird knapp

Am Neujahrstag werden im Fürstenfeldbrucker Impfzentrum die ersten Injektionen im Kampf gegen die Corona-Pandemie verabreicht. Doch schon in wenigen Tagen wird es Engpässe geben

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wolfgang Decker hat Erfahrung in medizinischen Dingen. 35 Jahre arbeitete er an der Kreisklinik, war jahrelang ihr Chefarzt, ehe er im Jahr 1999 in Ruhestand ging. Am Neujahrstag 2021 kommt Decker in das Impfzentrum des Landkreises, das an diesem Tag seinen Betrieb aufnimmt, und lässt sich gegen Corona impfen. Decker ist 84 Jahre alt und gehört jener Gruppe älterer Menschen an, die zuerst geimpft werden sollen. Er macht das auch, weil er später mit seiner ärztlichen Expertise mithelfen möchte am Brucker Impfzentrum. Er hoffe, "dass sich möglichst viele impfen lassen wollen". Decker ist einer von insgesamt 160 Frauen und Männern, die zum Auftakt der Impfungen in dem eigens dafür eingerichteten Zentrum im ehemaligen Aldi-Gebäude im Fürstenfeldbrucker Westen einen Termin erhalten haben.

An der Reihe sind in dieser ersten Impfphase Personen über 80 Jahre sowie Personal aus pflegerischen und medizinischen Einrichtungen. Um 13 Uhr geht es am Freitag in Fürstenfeldbruck offiziell los, bis 21 Uhr soll an diesem ersten Tag des Jahres geimpft werden. Eine Viertelstunde vorher sammeln sich einige Impfkandidaten vor dem Eingang. Alle tragen FFP2-Masken. Die Temperaturen liegen nur knapp über null Grad. Auf dem Parkplatz steht ein Notfallzelt des Technischen Hilfswerks (THW), falls sich jemand aufwärmen möchte. Am Neujahrstag ist es allerdings noch nicht in Betrieb. Am Feiertag sei kein Strom zu bekommen gewesen, sagt Olaf Geisler, der Verwaltungsleiter des Impfzentrums.

Coronavirus: Start im Impfzentrum: An der Anmeldung werden die Daten der Impfwilligen erfasst.

Start im Impfzentrum: An der Anmeldung werden die Daten der Impfwilligen erfasst.

(Foto: Günther Reger)

Zwei Sicherheitsdienstmitarbeiter lassen sich die Personalausweise zeigen und haken die Namen auf ihrer Liste ab. Jeder Kandidat, wie man dort die Impfwilligen nennt, hat einen bestimmten Termin am Telefon zugeteilt bekommen. Eine ältere Frau wird von einer BRK-Mitarbeiterin mit dem Rollstuhl nach drinnen gefahren. Dort warten schon einige Impfkandidaten und ihre Angehörigen, die sie begleiten. An jedem der beiden Anmeldungsplätze sitzt hinter einer Plexiglasscheibe jeweils eine Mitarbeiterin aus dem Fürstenfeldbrucker Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), das das Impfzentrum betreibt, und gibt die Anmeldedaten in das Computersystem ein. Dann geht es weiter: Aufklärung über die Impfung und ihre Risiken, der Impfakt und anschließend eine kurze Ruhephase. Mit einem zweiten Impftermin verlassen die Geimpften das Gebäude wieder.

Bis Silvester wurden bereits 800 Personen in Alten- und Pflegeheimen des Landkreises geimpft. Im Lauf des Freitagnachmittags erwartet Matthias Skrzypczak, ärztlicher Leiter des Impfzentrums, die tausendste Impfung. Andreas Magg, der Bürgermeister von Olching, ist in seiner Funktion als BRK-Kreisvorsitzender gekommen, um sich ein Bild zu machen. Er spricht den Leuten vom BRK seine "große Anerkennung" aus für das, "was sie in kurzer Zeit auf die Beine gestellt haben". Der Kreisverband sei bei dieser Aufgabe extrem gefordert, sagt Magg, könne aber auch auf viele Ehrenamtliche zurückgreifen. Und so helfen an diesem Tag im Impfzentrum beispielsweise auch Mitglieder der BRK-Wasserwacht mit. Dieses Engagement müsse von der Politik viel mehr honoriert werden, fordert Magg.

Coronavirus: Die Hinweise hängen an den Türen der Impfkabinen.

Die Hinweise hängen an den Türen der Impfkabinen.

(Foto: Günther Reger)

Einer der Ehrenamtlichen im Rettungsdienst des BRK ist Daniel Pröbstl. Weil er bei dieser Tätigkeit einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, mit dem Corona-Virus in Kontakt zu kommen, zählt der 34-Jährige zu jener Gruppe aus dem Bereich Pflege und Medizin, die ebenfalls als erste dran ist. Es geht darum, "dass nicht nur ich selbst, sondern auch andere geschützt werden", sagt Pröbstl. Denn noch immer kommen weitere Neuinfektionen im Landkreis hinzu, 82 waren es am Freitag gegenüber Mittwoch. Die Gesamtzahl der seit Pandemiebeginn Infizierten beträgt 5862.

Die Impfbereitschaft ist hoch. Doch immer wieder klagen Menschen darüber, dass sie an der Telefon-Hotline nicht durchkommen. Wie Franz-Josef Meyer, 84, aus Emmering, der sich in einer E-Mail an die SZ beschwert, dass die Telefonnummer "von ein paar Tagen immer besetzt" und tags darauf "stundenlang ein Lied über Star Wars" zu hören gewesen sei. Ähnliche Erfahrungen machten Waltraud und Dieter Klein. "Angesichts von 6000 Mitbürgern der obersten Prioritätsgruppe und unzähliger weiterer Impfwilliger war dieses Chaos voraussehbar, wenn nur wenige Leitungen und wenig Personal verfügbar sind", schreiben die beiden 85-und 88-Jährigen.

Coronavirus: Verwaltungsleiter Olaf Geisler (links), ist der erste, der sich impfen lässt.

Verwaltungsleiter Olaf Geisler (links), ist der erste, der sich impfen lässt.

(Foto: Günther Reger)

Im Vorfeld hatte das BRK Besserung angekündigt, doch nun können erst einmal keine weiteren Termine vereinbart werden. Denn der derzeit in Fürstenfeldbruck verfügbare Impfstoff von Biontech/Pfizer reicht nach Skrzypczaks Angaben in Fürstenfeldbruck nur bis 4. Januar. Das ist kommender Montag. Dann werde er möglicherweise erst wieder am Wochenende verfügbar sein. Deshalb könne man momentan keine weiteren Termine vergeben, sagt Skrzypczak der SZ. Jene, die schon einen Termin für den 5. Januar hatten, habe man angerufen und ihre Termine um einen Tag vorverlegt. Skrzypczak weiß: "Das ist unbefriedigend - für alle Beteiligten".

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