Süddeutsche Zeitung

Corona-Lockerungen:Cineasten müssen sich gedulden

Obwohl in den Kinos schon Filme gezeigt werden dürften, wollen die Betreiber in und um Fürstenfeld­bruck noch einige Wochen warten. Aus wirtschaftlichen Gründen und weil neue Filme fehlen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

"Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut." Mit Karl Valentins Worten lässt sich derzeit am besten beschreiben, wie es den Kinobetreibern im Landkreis geht. Eigentlich dürften sie ihre Filmtheater wieder öffnen, weil die Inzidenz dies zuließe, doch weder stehen aktuelle Filme zur Verfügung, noch würde es sich betriebswirtschaftlich rechnen, für einige wenige Kinobesucher aufzusperren. Auch wenn die Betreiber das große Interesse der Besucher nachvollziehen können, so können sie sie derzeit nicht mehr als vertrösten. Einzig das Autokino soll in Kürze für Zerstreuung sorgen.

"Wir haben die Hoffnung, einen gemeinsamen Öffnungstermin zu vereinbaren", sagt Susanne Schubert. Sie leitet das Marketing der Aichacher Rusch-Gruppe, die neben sieben anderen Cineplex-Kinos auch das Theater in Germering betreiben. Es sollten "große Filme an den Start kommen", meint Schubert. Das "Kaiserschmarrndrama" oder die neunte Auflage von "Fast & Furious" wären Blockbuster, die Markus Schmölz sich zur Wiedereröffnung wünschen würde. Schmölz ist der Geschäftsführer des Scala-Kinos im Fürstenfeldbrucker Buchenau-Center, derzeit dort aber ohne Beschäftigung. Er überbrückt die filmlose Zeit und nimmt in der Fichten-Apotheke in Fürstenfeldbruck Proben für die Corona-Schnelltests ab. Er komme aus einem Pflegeberuf, erzählt Schmölz, und habe sich im Theresianum schulen lassen. Jetzt die Kinosäle wieder aufzusperren, davon hält er gar nichts. Es würde sich nicht rechnen, meint er, wenn wegen der Abstands- und Hygieneregeln die Kinos nur etwa zu einem Drittel gefüllt wären und es keinen Verkauf von Popcorn und Getränken geben dürfe. Wenn man jetzt schon Filme spielen wolle, dann müsse man alte zeigen. Neu bekomme man noch nicht, "da sind wir abhängig von den Verleihern".

Klassiker wie "Grease" oder "Blues Brothers" wird Markus Eisele zeigen, aber diese Auswahl hat er mit Bedacht vorgenommen. Jake und Elwood Blues werden im Auftrag des Herrn zum Schluss des Autokino-Programms am 19. Juni auf der Leinwand erscheinen, aber wie im vergangenen Jahr wird es statt eines Vorfilms ein Konzert geben. Darauf freut sich Eisele ebenso, wie auf die Previews, die er im Programm hat. So kann er schon zur Autokino-Eröffnung am Donnerstag "Der Rausch" zeigen, der den Auslands-Oscar gewonnen hat. Bevor er ins Kino kommt, läuft auch Maria Schraders: "Ich bin dein Mensch", mit Maren Eggert und Dan Stevens schon für alle jene, die Filme gerne durch die Windschutzscheibe sehen.

Bis auf Weiteres geschlossen hat auch Petra Löw die Gröben-Lichtspiele in Gröbenzell und die Filmstation in Gilching. Ihre Gäste versorgt sie derweil mit einem Newsletter und lässt sie an der jeweiligen Entwicklung teilhaben. Öffnen dürfe sie, schreibt sie, dann kommt das große "Aber". Löw rechnet nur mit 20 Prozent Auslastung ihrer Kinos, wenn sie die Hygienebestimmungen einhält, die Besucher müssten auch am Platz FFP2-Maske tragen. Sorge bereitet ihr auch die Ausgangssperre um 22 Uhr, die bei der aktuellen Inzidenz wieder ausgesetzt ist. Das Wichtigste aber: "Weiter gibt es nach wie vor keine neuen Filmstarts, denn die Filmverleiher brauchen einen Vorlauf von mindestens vier Wochen, und sie brauchen alle Kinos in Deutschland und nicht nur einen kleinen Teil, was dazu führen würde, dass wir wieder nur alte Filme anbieten könnten." Ein Kino, schreibt Löw, könne man nicht wie ein Parkhaus betreiben.

Eisele und seine Kollegen gehen derzeit von einer Wiedereröffnung am 1. Juli aus. Vielleicht auch schon ein wenig früher, wenn die Inzidenz unter 50 wäre. "Dann bleibt uns immer noch ein wenig Luft nach oben."

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SZ vom 18.05.2021
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