Demonstration:Die schweigende Mehrheit geht auf die Straße

Demonstration: Angemeldet: Etwa 60 Personen kommen in Gröbenzell zu einer Gegendemonstration zusammen.

Angemeldet: Etwa 60 Personen kommen in Gröbenzell zu einer Gegendemonstration zusammen.

(Foto: Ariane Lindenbach)

In Gröbenzell organisiert ein fraktionsübergreifendes Bündnis erstmals eine Kundgebung gegen die unangemeldeten Treffen von Impfkritikern und Verschwörungstheoretikern

Von Peter Bierl und Ariane Lindenbach, Gröbenzell

In mindestens vier Kommunen das Landkreises haben sich am Montagabend Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen zu unangemeldeten Protestmärschen versammelt. Etwa 140 Personen versammelten sich in Germering, zwei Dutzend wurden in Grafrath an der Amperbrücke gesichtet, und in Mammendorf beobachtete die Polizei etwa 14 Personen. In Gröbenzell sind Querdenker und Impfgegner erstmals mit einer Gegenkundgebung konfrontiert worden, die von SPD und Grünen organisiert worden waren. Nach Angaben der Polizei blieb es überall friedlich.

Die Rathausstraße in Gröbenzell markiert an diesem Montagabend eine Grenze. Sie trennt die wachsende Gruppe derer, die sich seit Wochen jeden Montag ohne Anmeldung oder Genehmigung vor dem Rathaus versammeln, um gegen die Corona-Maßnahmen und vor allem eine Impfpflicht zu protestieren, und einem fraktionsübergreifenden Bündnis von den Grünen bis zur CSU und vielen "Normalbürgern", die erstmals mit ihrer Anwesenheit zeigen wollen, dass es sie gibt. Von 17.30 Uhr an, eine halbe Stunde vor den Impfgegnern, versammeln sie sich mit ihren Transparenten und Plakaten auf dem Rathausplatz. Viele Jüngere, teils von den Grünen, stehen am Rande des Platzes. Es sind vereinzelt Eltern mit Kindern da, Junge und Alte, Mitglieder von Agenda-Arbeitskreisen, Seniorenbeirat und VDK. Auf den Transparenten steht beispielsweise: "Wissenschaft ist keine Meinung", oder: "Wir sind 4G - geimpft, genesen, getestet und gegen Radikalisierung". Die Polizei ist mit zwei Wagen gekommen, beobachtet das Geschehen vom Rand und zählt auf beiden Seiten etwa 60 Teilnehmer.

Als sich gegen 18 Uhr auf einer Straßenseite die Gruppe formiert, die seit Wochen gegen eine Impfpflicht protestiert, sammeln sich die Gegendemonstranten am Straßenrand. Gregor von Uckermann (SPD) greift zum Megafon. Der Dritte Bürgermeister bedankt sich für das zahlreiche Kommen als Zeichen für Demokratie und Solidarität. Er appelliert an die Vernunft aller, einander respektvoll und ohne Provokationen zu begegnen. Alle verbinde doch der Wunsch, "dass wir gemeinsam aus dieser Krise herauskommen". Seine Worte gehen in Applaus und Gejohle unter.

"Zeichen für Solidarität und Demokratie"

Im Gespräch erläutert von Uckermann, dass man als "breites, fraktionsübergreifendes Bündnis" den gegen die Corona-Maßnahmen Demonstrierenden etwas entgegen setzen wolle mit der Aktion. Entgegen der ursprünglichen Hoffnung habe sich deren Protest nicht abgeschwächt. Deshalb war es nach Ansicht der Organisatoren Zeit, etwas im Sinne der schweigenden Mehrheit zu unternehmen. "Wir sehen in dieser Bewegung auf der Straße eine kleine Minderheit, die sich nicht an die Regeln hält", und die aber mit ihrem Verhalten - sich etwa ohne Maske und Abstand zu einer Demo zu treffen - maßgeblichen Anteil am Infektionsgeschehen und damit auch den aktuellen Beschränkungen habe. In den Ankündigungen heißt es bei SPD und Grünen gleichermaßen, dass sie "ein Zeichen für Solidarität und Demokratie" setzen wollten und gegen die Spaltung der Gesellschaft.

"Irgendwie muss man sich auch noch unterhalten können, wenn Corona vorbei ist", unterstreicht Walter Voit, Gemeinderat der Grünen. Und CSU-Fraktionschef Anton Kammerl erklärt, man wolle "sich von den Rechten absetzen", die viele unbescholtene Bürger mit berechtigter Kritik an Corona-Maßnahmen vereinnahmen würden. Es gebe auch genug zu kritisieren und nicht jeder Kritiker sei automatisch ein Corona-Leugner oder Querdenker, betont Kammerl.

Ohne Organisator unterwegs

Unterdessen schlendern die Maßnahmen-Kritiker gemessenen Schrittes Richtung Kirchenstraße. Dort werden sie von der Polizei aufgefordert, einen Organisator zu benennen. Da sie das nicht können oder wollen, drehen sie alle um und bewegen sich, flankiert von einigen Polizeibeamten, in die entgegengesetzte Richtung. Hinter dem Rathaus biegen einige Grüppchen in die Poststraße ein, andere gehen die Rathausstraße weiter geradeaus.

In Germering versammelten sich um 18 Uhr rund 140 Personen vor dem Rathaus und zogen nach Angaben der Polizei von dort durch die Untere Bahnhofstraße und die Otto-Wagner-Straße. Gegen 19 Uhr habe sich die Versammlung aufgelöst. In Mammendorf sichtete die Polizei etwa 14 Personen, in Althegnenberg und Grafrath niemanden, allerdings waren nicht die ganze Zeit Beamte vor Ort. Der Grafrather Bürgermeister Markus Kennerknecht (parteifrei) berichtet der SZ, ihm sei von etwa zwei Dutzend Personen an der Amperbrücke berichtet worden. Kennerknecht ist froh, dass der Platz vor dem Rathaus von Botschaften verschont blieb, dort fanden sich in den vergangenen Wochen neben Kerzen auch Flyer sowie Handzettel mit rechtslastigen Inhalten.

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