Contact Tracing:Kraftprobe

Contact Tracing: Lorenz Weigl, 55, ist promovierter Hautarzt und Allergologe und leitet seit 2019 das Gesundheitsamt Fürstenfeldbruck.

Lorenz Weigl, 55, ist promovierter Hautarzt und Allergologe und leitet seit 2019 das Gesundheitsamt Fürstenfeldbruck.

(Foto: Voxbrunner Carmen)

Corona-Infizerte informieren und soziale Kontakte ermitteln: Die Pandemie verlangt Mitarbeitern des Gesundheitsamts und des Contact-Tracing-Teams alles ab - und das schon seit Monaten

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Die anhaltend hohe Zahl von Corona-Infektionen belastet nicht nur die Menschen, die sich mit dem Virus anstecken, sondern auch die Mitarbeiter des Brucker Gesundheitsamts. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befänden sich an der "Grenze der physischen und psychischen Resilienz", also ihrer Widerstandsfähigkeit, sagt Lorenz Weigl, der Leiter des Gesundheitsamts. Das hat viel mit dem Infektionsgeschehen zu tun, viel aber auch mit der zeitlichen Dauer, über die sich die Pandemie bereits hinzieht. Denn seit Mitte März mussten Tausende Einwohner des Landkreises über eine Ansteckung mit dem Coronavirus informiert sowie darüber aufgeklärt werden, dass sie zu einem Infizierten Kontakt hatten.

Die teilweise sehr langen und sehr vielen Telefongespräche mit den Betroffenen - es haben sich bislang etwa zwei Prozent der Landkreisbevölkerung infiziert - führen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamts oder des eigens aufgestellten Contact-Tracing-Teams. Dieses Team besteht momentan aus 66 Helferinnen und Helfern und arbeitet im Auftrag des Gesundheitsamts mit seinen derzeit 55 Mitarbeitern. Zu beiden Teams gehören unter anderen Mitarbeiter von Behörden, Soldaten aus dem Fliegerhorst und Polizisten aus den umliegenden Inspektionen. Ihre Aufgabe ist es, die positiv getesteten Personen anzurufen und über das Testergebnis zu informieren. Zudem fragen die Helfer nach dem Hausarzt und den jüngsten Kontakten. Sie wollen wissen, wie viele Personen mit dem Infizierten zusammenleben und ob er sich in Quarantäne versorgen kann. Von Interesse für die Anrufer vom Gesundheitsamt ist auch, ob der positiv Getestete Symptome einer Erkrankung an Covid-19 verspürt oder nicht. Als ansteckend gelten nach den Informationen von Lorenz Weigl infizierte Personen seit dem zweiten Tag vor der Testung oder vor dem erstmaligen Verspüren von Symptomen, die von einer Ansteckung mit dem Coronavirus herrühren könnten.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des medizinischen oder pflegenden Personals sind eine Ausnahme. Sie werden von den Mitarbeitern des Gesundheitsamts verständigt. In den Gesprächen mit diesem Personenkreis geht es über die anderen Fragen hinaus darum, wann sie das letzte Mal gearbeitet haben und Kontakt zu Alten und Kranken hatten. Wichtig ist dann, welche Schutzkleidung die Betroffenen zu diesem Zeitpunkt getragen haben. Schließlich gilt es, deren Patienten oder Betreute vor einer Ansteckung zu schützen oder möglichst rasch zu testen.

Die Telefonate mit Menschen, die sich angesteckt haben oder Kontaktpersonen sind, machen einen großen Teil der Arbeit im Gesundheitsamt aus. Aber sie sind nicht alles. Sämtliche infektionsrelevanten Informationen aus den Gesprächen müssen in eine Datenbank eingepflegt werden. In dieser sind sie dann für sämtliche berechtigten Mitarbeiter verfügbar, beispielsweise wenn jemand ein zweites Mal angerufen werden muss. Zu Beginn der Pandemie gab es die Datenbank noch nicht. Die Informationen mussten per Hand in Excel-Tabellen hinterlegt werden.

Außerdem bereitet die Einteilung der anrufenden Ermittler viel Arbeit. Mehr als 90 Prozent von ihnen versehen die Tätigkeit in Teilzeit. Das macht das Aufstellen eines Einsatzplanes des Teams kompliziert, erst recht bei einer so "dynamischen Informations- und Weisungslage", wie sie laut Weigl bei der Nachverfolgung der sozialen Kontakte herrscht. Deshalb sind auch viele Absprachen unter den Helfern nötig. Zudem sind Personen und Institutionen, die angerufen werden, über wechselnde Ansprechpartner nicht immer glücklich. So hätten beispielsweise Schulen gerne einen festen Ansprechpartner, von dem sie über positiv getestete Schüler aus ihren Klassen informiert und mit dem sie sich über die Quarantänemaßnahmen besprechen könnten, sagt Weigl.

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