Chronologie:Ammersee an der Rasso-Kirche

Die Ereignisse am Pfingstwochenende

Als die Amper mitten in Bruck ihr Bett verlässt und die Flutwelle sich in die benachbarten Grundstücke schiebt, läuft auch der Keller jenes Gebäudes an der Bullachstraße voll, in dem damals die SZ-Redaktion ihren Sitz hat. Redaktionsleiteiter und die Assistentin versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Doch da vieles aus Papier ist, was seinerzeit aufgehoben wurde, hat das Gerettete nicht mehr wirklich viel Wert. Das Wasser vor Augen, berichten die Mitglieder der rstenfeldbrucker Neuesten Nachrichten zwar nicht über das, was sie im Büro erlebt haben, sondern sind dort, wo sich die großen wie die kleinen Katastrophen abspielen. Eine Zwischenbilanz des Pfingstwochenendes zieht damals Anselm Roth. Hier sein Originaltext:

Am Freitagabend gingen die Verantwortlichen leicht beunruhigt, aber ohne wirkliche Sorgen zu Bett: Mit 158 Zentimetern war die Amper in Fürstenfeldbruck zwar stark angeschwollen, doch von der ersten Hochwassermeldestufe noch ganze zwölf Zentimeter entfernt. Dennoch wird in der Nacht Alarm gegeben.

Am Samstag steht der Pegel um 11. 30 Uhr bei 177. Es trifft die Meldung ein, der Windach-Speicher solle geöffnet werden. Gegen 14 Uhr meldet die Polizei Dießen: Der Windach-Speicher läuft über, er muß geöffnet werden. Überflutete Keller werden aus Althegnenberg, Mammendorf, Fürstenfeldbruck, Eichenau, Puchheim, Grafrath und Gröbenzell gemeldet. Das THW erhält 700 Sandsäcke aus Neustadt an der Aisch. Am Samstag sind gegen Mittag 800 Mann von der Feuerwehr, 40 Helfer vom Roten Kreuz und 50 Mann vom THW im Einsatz. Der Pegel Fürstenfeldbruck steigt unaufhaltsam: Am Abend ist die 190-Marke erreicht (19. 30 Uhr), gegen Mitternacht springt der Pegel über die Zwei-Meter-Grenze.

Chronologie: Der Eichenauer Feuerwehrmann Sepp Spiess sichert, auf dem Amperwehr stehend, einen Kameraden. Gemeinsam befreien sie das Wehr von Treibgut.

Der Eichenauer Feuerwehrmann Sepp Spiess sichert, auf dem Amperwehr stehend, einen Kameraden. Gemeinsam befreien sie das Wehr von Treibgut.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Am frühen Sonntag morgen wird Katastrophenalarm ausgelöst für den Bereich Olching, Fürstenfeldbruck, Schöngeising und Grafrath. Alle Entscheidungen liegen nun beim Einsatzleiter aus dem Landratsamt, Roland Guttendörfer. Alle anfallenden Kosten werden ab jetzt vom Landkreis getragen. Am Sonntag um 7. 15 Uhr steht fest: 53 Feuerwehren des Landkreises sind ständig im Einsatz, bis jetzt ist man 161 Mal ausgerückt. An vier Einsatzschwerpunkten wurden rund 7000 Sandsäcke verbaut. Der Pegel in Grafrath steigt zwar stündlich um vier Zentimeter, doch die Dämme sind stabil. Der bereits vorhandene Damm in Schöngeising ist aber an vielen Stellen durchlässig, Straßen und Keller werden überflutet.

In Fürstenfeldbruck sind die Versuche, das Überfluten der Innenstadt zu verhindern, bislang relativ erfolgreich. In der Münchner Straße laufen die Keller voll, das Schulamt wird überflutet. In Olching wird der Volksfestplatz überschwemmt, in Esting wird eine Nachbarschaftshilfe organisiert, um den Kuhbestand aus einem Bauernhof zu retten. Die Amper steigt weiter: Um 12 Uhr sind 234 Zentimeter erreicht, die Hochwassermeldestufen 2 und 3 wurden in Windeseile überschritten, die Grafrather und viele Hochwasser-Touristen können einen Art visuelle Zeitreise erleben: Der Ammersee reicht bis zur Rasso-Kirche.

Am Montag morgen sind 250 Zentimeter erreicht, Stufe 5, die letzte. Grafrath ist stabil, in Schöngeising werden die Deiche weiter undicht, man versucht zu stabilisieren. In Fürstenfeldbruck ist die Situation in den Häusern entlang der Amper dramatisch, aber stabil. Zur Mittagszeit heißt es: Der Scheitelpunkt ist erreicht. Doch die wirklich besorgniserregenden Meldungen kommen aus Olching. Mit 147 Kubikmeter/Sekunde hat die Amper den Wert des Jahrhunderthochwassers von 1965 erreicht."

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